Kaum bewege ich mich gestern noch im Grenzbereich des Graubereichs der Legalität und weise auf den Trailer von „Avatar“ hin, stolpere ich heute promt über diese Meldung: „40 Prozent der Kinofilme online.“ Sie ist das Ergebnis der „Available for Download“-Studie (AfD-Studie), die seit 2005 jährlich im Rahmen der Kampagne RESPE©T COPYRIGHTS (RC) von der Firma OpSec Security durchgeführt wird. Ziel dieser Initiative ist es, das Ausmaß des Online-Film-Raubkopierens aufzuzeigen. Grundlage dafür bieten alle 465 Kinofilme, die zwischen dem 1. Oktober 2008 und dem 30. September 2009 in den deutschen Lichtspieltheatern gestartet sind. Hierbei wurden nach eigenen Angaben alle relevanten Foren, Portale, Newsserver und Filesharing-Technologien berücksichtigt.
Na gut, dann schauen wir uns das Ausmaß also mal näher an: Erstmals seit Beginn der Zeitrechnug für die AfD (2005) waren weniger als die Hälfte der Filme, die hierzulande im oben genannten Zeitraum über die Leinwand flimmerten, illegal online verfügbar – nämlich nur 40 Prozent (zum Vergleich: Im Jahr 2007 lag der Prozentsatz bei 456 Filmen noch bei 54 Prozent). Also ein Grund zur Freude? Eigentlich schon, zumindest für diejenigen, für die ein halbleeres Glas halbvoll ist.
Die Ergebnisse der Studie
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Zu diesen Menschen zählt sich Jan Oesterlin, Geschäftsführer der Zukunft Kino Marketing GmbH und Initiator der RC-Kampagne, offenbar nicht: „Es sind immer noch 40 Prozent aller Filme illegal im Internet verfügbar und werden weiterhin massenhaft downgeloadet. Das ist nach wie vor ein ernst zu nehmendes Problem, das auch weiterhin die effektiven Maßnahmen der Filmwirtschaft erfordert.“ Der Grund für diese verhaltene Freude wird deutlich, wenn man sich weitere Ergebnisse der Studie annsieht.
Im Gegensatz zum 2. Quartal 2009 hat sich die Zahl der bereits vor Kinostart illegal verfügbaren Filme im 3. Quartal nämlich verschlechtert: sie liegt nun bei 29 Prozent (Filme waren also 1.27 Tage früher verfügbar als noch im vorhergehenden Quartal, wo es 0.98 Tagen waren). Am Eröffnungswochenende liegt die Zahl sogar schon bei 40 Prozent. In diesem Kontext ist es fast schon überflüssig zu erwähnen, dass die „beliebten“ Filme auch bei den Raubkopierern beliebter sind, als die, die es nicht sind. Filme, für die mehr als 100.000 Tickets verkauft wurden, sind fast alle am Eröffnungswochende auch per PC verfügbar. Sind es „nur“ zwischen 50.000 und 100.000 Zuschauer, liegt die Zahl „nur“ bei 67 Prozent. Mit den zahllastigen Ausführungen zu Genre, Produktionsland, Ton- und Bildqualität, die man als Mäusekino-Liebhaber zu erwarten hat, verschone ich euch an dieser Stelle.
Laut Jan Oesterlin zeigen die durch die Studie gewonnenen Ergebnisse, „dass sich die Filmsicherung sowie die Aufklärungs- und Ermittlungsarbeit auszahlen.“ Dies sieht man bei Constantin Film ähnlich; die aktuellen Zahlen sieht man als Resultat einer dreiteiligen Strategie gegen Internetpiraterie, bestehend aus gezielter Aufklärung, Erhöhung der internen Sicherheitsstandards und der Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen. Vor allem bei deutschen Filmen, bei denen das Bildmaterial abgefilmt werden müsse (anders als bei ausländischen Filmen, bei denen das Filmmaterial auch aus dem Ausland stammt), würden die Sicherheitsvorkehrungen besonders erfreuliche Wirkung zeigen. So seien im Betrachtungszeitraum weniger als zehn Prozent der insgesamt 158 deutschen Filme als Raubkopie im Internet aufgetaucht.
Kritik
Was die Auswirkungen der Sicherheitsmaßnahmen auf den deutschen Film betrifft, kann man den Verantwortlichen glauben, muss es aber nicht. Überprüfen kann ich es jedenfalls von hier nicht. Desweiteren wird bei den Ausführungen völlig außer acht gelassen (oder verschwiegen), dass Peer-to-Peer sich offenbar generell auf einem absterbenden Ast befindet und damit natürlich auch dazu beiträgt, dass die Zahl derjenigen, die sich aktiv aber widerrechtlich im Kino um eine Kopie eines Streifens bemühen, stetig sinkt. Vor diesem Hintergrund betrachtet könnte man natürlich auch den Eindruck gewinnen, der Hinweis, die sinkende Zahl der illegal verfügbaren Filme im Netz sei eine direkte Folge der erhöhten Sicherheitsstandards und der Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen, sei eine PR-Maßnahme. Indem man auf die erfolgreiche Jagd auf Internet-Piraten hinweist, schreckt man potenzielle Nachahmer ab. Das ist nicht verwerflich, genauso wenig, wie meine Kritik daran.
Diese Kritik soll aber nicht den falschen Eindruck erwecken, ich würde illegale Kopien befürworten. Ganz im Gegenteil! Und daher meine Frage: Was muss die Filmindustrie tun, um noch besser gegen die Piraterie vorgehen zu können? Oder anders, vielleicht sogar besser gefragt: Was muss sie tun, um die Leute davon abzubringen, illegale Kopien zu erstellen? Da das Thema aktuell und wichtig ist, hätte ich gern eine sachliche Argumentation. Die Aussage „Kino ist zu teuer!“ ist zu wenig. Denn auf welcher Basis wird dieses Urteil gefällt? Brad Pitt besitzt zehn Villen, also verdient er zu viel – und zwar an mir, weil ich als Kinogänger so viel für die Kinokarte bezahle? Ist wohl etwas zu kurz gedacht. Kotzt euch also mal richtig aus – vielleicht liest das ja der eine oder andere Verantwortliche…
(Marek Hoffmann)