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News Corp/Bing-Deal: 'Es geht Microsoft nur um Google-Marktanteile'

bing„Was haben die, was wir nicht haben?“ – immer häufiger dürfte im kalifornischen
Mountain View diese Frage fallen. Google – und vielleicht auch einige von uns – haben beim Marktstart von Bing den Fehler gemacht, die Microsoft-Suchmaschine zu unterschätzen: „Viel zu später Einstieg in das Online-Geschäft, Google ist etabliert, Google ist das Internet. Wie will Microsoft da noch etwas reißen?“ Offenbar lagen wir alle falsch. Bing zog innerhalb kürzester Zeit bei Yahoo! ein, motzte kontinuierlich die eigene Suche auf, schlug als Erstes bei der Integration von Twitter-Suchergebnissen zu und angelte sich zuletzt noch Wolfram-Alpha. Vergangene Tage riss Bing folgerichtig die 10-Prozent-Hürde bei den Marktanteilen. Und jetzt das…

Die Gerüchte brodelten schon seit einer Woche, News Corp und Bing befänden sich in einem heißen Flirt. Rupert Murdoch könnte seinen Traum wahr machen und endlich von Google loskommen. Der Großmeister der Massenmedien verabscheut den Marktführer der Suchmaschine, der Content kapert und mit dem Diebesgut auf frechste Weise das eigene Geschäft aufbessert, dieser elende Geier. Gut, sollte sein News Corp-Imperium von Google abziehen, würde das den Traffic empfindlich beeinträchtigen, doch dafür sind ja auch bald verlagsweit Bezahlinhalte geplant, das passt schon. Und offenbar steht ja Bing dann bereit.

Wie die „Financial Times“ berichtet, hätten die Gespräche zwischen Murdoch und Steve Ballmer bereits erste konkrete Ergebnisse gebracht. Der Deal sähe vor, dass News Corp den Google-Crawler von allen Online-Produkten komplett aussperrt und der Content stattdessen zu Bing wandert. Microsoft würde sich die neue Rolle als Gastgeber auch einiges kosten lassen: Der Plan „wertet die Inhalte erheblich auf, wenn Suchmaschinen sich bereit zeigen, uns dafür zu bezahlen, wenn sie dafür in den Suchergebnissen auftauchen“, wird eine anonyme Quelle aus dem Umfeld der Verhandlungen zitiert. Für das Recht der Indexierung von Webseiten zahlen? Nun, warum nicht, bei Twitter war die Sache nicht anders. Microsoft zahlt ordentlich dafür, um das Echtzeit-Netz abbilden zu dürfen. Sollte die Entlohnung von Inhalten in Mode kommen, dürfte Google ein dickes Problem bekommen. Laut „Financial Times“ wird das Thema „Nachrichten im Netz“ im Hause Google bereits runtergespielt: „Wirtschaftlich spielen News keine große Rolle in der Art, wie wir Umsätze generieren“, sagte kürzlich Matt Brittin, Google-Chef in UK. In Anbetracht der Vielzahl der Dienste, die Google heute rund um die Suche anbietet, dürfte das sogar stimmen. Dennoch wäre ein Aus von Google News eine schmerzhafte Angelegenheit.


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Also, was bedeutet das nun alles? Sind die Verlage damit gerettet? Wird Bing Branchenprimus? Sind alle glücklich? Nein, das ist kaum der Fall. Natürlich müssen wir erst einmal die offiziellen Ergebnis der Verhandlungen abwarten, doch schon jetzt lässt sich sagen, dass es bei dem Deal in erster Linie nur einen Gewinner gibt: wieder einmal Bing. Netzwertig hat vor einigen Tagen eine Vorab-Analyse gewagt, die ich hier in drei Punkten gerne wiedergeben möchte:

1.) Verlagsprodukte spielen bei der Suche allgemein eine untergeordnete Rolle. 95 Prozent aller deutschen Suchabfragen beinhalten keine Einträge von Verlagsseiten auf der ersten Ergebnisseite.

2.) Bing wird stärker, steht bei den Marktanteilen im Vergleich zu Google aber noch immer bei 10 zu 64,4 Prozent. Der Traffic, der die Microsoft-Suchmaschine der News Corp bescheren könnte, liegt um ein Vielfaches unter dem, was Google heute leistet.

3.) Microsoft wird die Zahlen nicht auf den Tisch legen, doch es ist davon auszugehen, dass der Software-Riese nicht vorhat, die Medienbranche zu retten. Die Entschädigung, die News Corp für die Indizierung der Seiten erhält, wird nicht ausreichen, um das Problem der mangelnden Monetarisierungsmöglichkeiten für Inhalte zu lösen.

Es bleibt also zu hoffen, dass sich Murdoch nach dem Deal nicht ausruhen und stattdessen seine Paid Content-Pläne weiter verfolgen wird. Denn alleine mit der Hilfe von Suchmaschinen ist der Journalismus im 21. Jahrhundert nicht zu retten.

(André Vatter)

Über den Autor

André Vatter

André Vatter ist Journalist, Blogger und Social Median aus Hamburg. Er hat von 2009 bis 2010 über 1.000 Artikel für BASIC thinking geschrieben.

12 Kommentare

  • wenn die verlage anfangen google auszusperren werden sie sicherlich auch anfangen mehr über bing und weniger über google zu berichten, was wiederum dem marktanteil von bing zugute kommt.

  • Ich sehe das pragmatisch, Konkurrenz belebt das Geschäft. Und sei es nur Microsoft, was ja quasi bedeutet, den Teufel mit dem Bellzebub auszutreiben. Aber es wird sicherlich für einen technischen Schwung auf dem brachliegenden Suchmaschinen-Markt und ggf. auch für neue Such-Methoden und Technologien sorgen. Davon profitieren letzlich alle.

  • Das Microsoft mit solch hohem Druck in die Sumaschinen-Sparte drängt, hätte ich vor einem Jahr noch nicht vermutet. Die Kosten, die anfallen, die Top-Nachrichtendienstleister zu „kaufen“, müssen schwindeleregend ausfallen… nichts desto trotz, freue ich mich über das Engargement und die steigende(n) Anzahl/Marktanteile an Google-Alternativen.

  • das ist nun mal eine ganz andere Richtung als ich sie vermutet hätte. Jedoch wie ich finde die falsche. Entweder Bezahlcontent oder Werbung aber nicht quersubventionierung durch Suchseiten… finde ich!

    Obwohl ich ja gerne sehen würde wie Google durch MS besiegt wird und dennoch Murdoch den Bach runter geht 🙂

  • Da bin ich mal gespannt, wie stark google jetzt bei der News Corps ausgesperrt wird. Ganz oder nur der Nachrichtenbereich? Im ersten Falle wäre das für mich die Größte Torheit, die sie machen könnten. Für viele Surfer besteht das Netz nur aus den Dingen, die Google findet. Da könnte man fast schon drauf wetten, wann sie es wieder rückgängig machen.
    Im zweiten Falle sehe ich das dann eher so, dass die Besucher von Google News halt nur noch Nachrichten anderer Quellen lesen und sich automatisch um die News Corp herumrouten. Es wird immer kostenlose Alternativen geben.

    Ich fänd’s auch toll, wenn die Springerpresse den Weg gehen würde, dann müsste ich bei Google News nicht mehr so drauf achten, _nicht_ auf deren Links zu klicken.

  • Ich denke auch, es wird sich ein wenig verschieben dadurch, aber wie schon beim Fußball, Geld allein schießt keine Tore. Da kann Microsoft noch so teuer einkaufen, die Rankings müssen auch einfach stimmen. Denn was bringt es mir, wenn ich dann bei Bing gelistet bin, aber a) keinen Traffic bekommen bzw. b) nicht mal weit vorn mit dabei bin. Am Ende wird vermutlich die Qualität siegen.

  • In Deutschland ist Google nun mal die derzeit unangefochtene Nr.1 für Nutzer, die nach Nachrichten. Verlage müssen jetzt handeln und ihre Marken online aufbauen. Das geht im Moment eigentlich nicht ohne Google. Das sie parallel andere Zukunftsmodelle suchen, ist legitim, löst aber die aktuelle Problematik nicht.