Gestern hat man Abschied nehmen müssen von einem mehr als ambitionierten Projekt des TechCrunch-Masterminds Michael Arrington. Was Arrington in der Tech-Szene sagt, ist so gut wie Gesetz, sein Wort hat Gewicht. Wenn sich so jemand – sicher nicht mit mangelndem Selbstvertrauen und zusätzlich mit einer gehörigen Portion Arroganz ausgestattet – daran macht, seinen persönlichen Traum zum Leben zu erwecken, nur um ihn dann auf der Zielgeraden begraben zu müssen, dann darf man davon ausgehen, dass ein solcher Schlag gewaltig an ihm nagen wird.
Was war passiert? Arrington hat im Sommer 2008 den Wunsch nach einem einfachst zu bedienenden Web-Tablet geäußert. Linuxbasis, 12 Zoll-Display, unter 200 US-Dollar – das waren die Eckdaten, die ihm vorschwebten – die Idee zum CrunchPad war geboren. Zusammen mit dem Startup Fusion Garage machte man sich tatsächlich an die Arbeit – konstruierte, kalkulierte, ging den ganzen steinigen Weg vom ersten Brainstorming über diverse Prototypen bis zu dem Zeitpunkt, an dem das Produkt tatsächlich fertig war und vor etwas mehr als einer Woche beim Real-Time-Crunchup eigentlich präsentiert werden sollte… eigentlich…
Dummerweise hatte man die Rechnung im Hause TechCrunch leider ohne den Wirt Partner Fusion Garage gemacht, der in letzter Sekunde eine nicht unerhebliche Planänderung vornahm: Das Teil sollte erscheinen – aber ohne, dass Michael Arrington involviert gewesen wäre. In der E-Mail las sich das wie folgt:
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Wir erkennen noch immer an, dass Arrington und TechCrunch einigen Wert für die Unternehmensbemühungen haben. Wenn er unseren Bedingungen zustimmt, soll Arrington ruhig die Rolle als Visionär/Evangelist/Marketing-Kopf übernehmen und Fusion Garage bekäme das Recht, Marke und Namen des CrunchPad zu benutzen.
Der CrunchPad-Express ist nicht nur ins Schlingern geraten: Man wollte mit Michael Arrington sogar den Lokführer aus dem Zug werfen. Wo diese Fahrt geendet hätte, kann derzeit niemand abschätzen, aber nach dem überwältigendem Interesse an diesem Gadget glaube ich nicht daran, dass man zum letzten Mal von diesem Projekt gehört hat. Ich möchte zudem einen Gedanken aufgreifen, den John Biggs heute niedergeschrieben hat. Er stellt fest, dass – abgesehen von dem unrühmlichen Ende – die CrunchPad-Story ein Beleg dafür sei, was man heute als Blogger auf die Beine stellen kann. Dass Blogger, welche noch vor wenigen Jahren keine Akkreditierung für Computermessen erhielten, heute ein solches Projekt aus dem Boden stampfen können.
Das sollte man sich vor Augen führen, wenn man mal wieder irgendwelche Blogosphären – egal ob generell oder national – in den Todesschlaf reden möchte. Wir sollten uns des Vorsprungs der US-Blogger-Szene durchaus bewusst sein, aber im Hinterkopf behalten, dass wir nicht so viele Jahre hinterherhinken. Und nein, keine Angst: Mein nächster Artikel wird sicher kein ich-träume-vom-BasicPad-Posting.
(Carsten Drees)