Es gibt nicht viele Gründe, die Facebook-Lichtgestalt Mark Zuckerberg veranlassen, persönlich zu „seinem Volk“ zu sprechen. Sein Volk, das sind nach eigenen Aussagen mittlerweile 350 Millionen User.
Entweder verkündet er einen Meilenstein – eben besagte 350 Millionen seit heute – oder er kündigt gravierende Änderungen beim beliebtesten Social Network der Welt an. In diesem Fall findet beides statt, denn neben der schönen neuen Zahl, die sowieso für die wenigsten von uns überraschend sein dürfte, hat er auch versprochen, dass gewaltig an der Usability-Schraube gedreht wird, was die Privatsphäre-Einstellungen angeht.
Zu oft hat sich Facebook in den letzten Jahren schon die Finger verbrannt mit diversen Änderungen, von denen man dachte, man könnte sie einfach durchführen, ohne die Nutzer in den Prozess mit einzubinden.
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Und ehrlich gesagt: Die Jungs machen das mittlerweile auch wirklich clever! Preschen vor, holen sich – vermutlich einkalkuliert – von einem Teil der User Prügel ab, modifizieren die Änderungen und launchen die geänderte Version. Allein beim letzten Mal – die Neuanordnung des Live- und Neuigkeiten-Feeds – fanden sich Zigtausende in eigens dafür gegründeten Gruppen zusammen, um mal wieder gegen eine Neuerung zu protestieren. Dass dabei in diesen Gruppen verschiedene Generationen von Ich-will-die-alte-Version-Rufern zusammen kamen, die mitunter komplett gegensätzliche Meinungen dazu hatten, welche Version sie denn nun möchten, ist eher eine heitere Fußnote und nicht Thema der aktuellen Entwicklung.
Bei aller Gelassenheit – eine Million Protestler bedeutet ja auch gleichzeitig 349 Millionen Nicht-Protestler – haben die Facebook-Oberen aber auch gelernt, dass es durchaus Sinn macht (oder gar notwendig ist), auf die Facebook-Bevölkerung zu hören und sie in Entscheidungsprozesse einzubinden.
Schon Anfang Juli hatte man daher angekündigt, dass die Privatsphäre-Einstellungen angepasst werden und dass die regionalen Netzwerke dran glauben müssen. Letzteres ist notwendig geworden, weil die anfangs sinnvollen lokalen Netzwerke teilweise auf Millionenhöhe angewachsen waren und es für den einzelnen Nutzer kaum noch möglich war, Kontrolle über seine Privatsphäre zu behalten. Heute also meldet Zuckerberg den Vollzug und teilt mit, dass wir zukünftig die Möglichkeit haben, nach drei Kategorien filtern zu können, wer was von uns sehen/lesen darf:
- Freunde
- Freunde von Freunden
- Alle
Ganz wichtig dabei wird sein, dass man diese Auswahlmöglichkeit bei jedem bereit gestellten Inhalt erhält. Bei jedem Foto, jedem Link, jeder Statusmeldung entscheide ich also, wer darauf zugreifen darf und wer besser nicht:
Wir werden etwas hinzufügen, worum uns viele von euch gebeten haben – die Möglichkeit zu kontrollieren, wer jeden einzelnen Inhalt, den du erstellst oder hochlädst, sehen kann. Darüber hinaus werden wir eurer Bitte nachkommen und die „Privatsphäre-Einstellungen“-Seite vereinfachen, indem wir einige Einstellungen zusammenfassen.
Womit wir beim nächsten entscheidenden Punkt wären: Je komplexer die Einstellungsmöglichkeiten sind, desto größer ist das Risiko, dass man versehentlich eine falsche Konfigurierung wählt. Daher wird man diese Möglichkeiten überschaubarer darstellen, um gewährleisten zu können, dass wirklich jeder Facebook-User seine Inhalte genau mit den Menschen teilt, für die sie gedacht sind. Deshalb die Abkehr von den regionalen Netzwerken – ein längst überfälliger Schritt.
Bei aller Liebe zu Facebook werde ich auch im aktuellen Brief das Gefühl nicht los, als ob eher ein Guru zu seiner Sekte spricht und nicht ein CEO zu seinen Usern, etwas zu viel Pathos – aber vermutlich liegt das so in der Natur von Mark Zuckerberg. Wenn unter dem Strich aber ein Social Network steht, bei dem ich meine Leute finde (was zunehmend mehr der Fall ist), ich Einfluss habe auf die Empfänger meiner Inhalte und welches weiterhin so innovativ bleibt und mir so unzählige Möglichkeiten bietet, dann ertrage ich diesen Pathos gerne.
(Carsten Drees)