Jeder dürfte mitbekommen haben, dass Google in Deutschland ein dickes Problem hat. Die Querulanten aus dem alten Europa leisten plötzlich verstärkt Widerstand: Google Books geht den deutschen Verlagen zu weit, Online-Nutzerprofile bringen die Datenschützer auf die Palme und die Politik echauffiert sich zusehends über den vermeintlichen Spannerdienst Street View. Google steht also unter Zugzwang, wenn dem Suchriesen daran gelegen ist, weiter Innovation auf deutschem Boden voranzutragen.
Deshalb war es auch nicht verwunderlich, dass der Suchriese die CeBIT-Keynote auf den diesjährigen Global Conferences mit dem neuen Reizthema „Kartendienste“ begann. Google hatte genau zu diesem Zweck Michael Jones nach Hannover geschickt, Chef-Techniker und gleichzeitig Mitgründer von Google Earth, der den Deutschen im lockeren Plauderton die Furcht vor der Krake nehmen soll. Und mit der Globusanwendung legte Jones dann auch gleich los: „Das Schöne an Google Earth ist, dass die Nutzer nicht nur konsumieren, sondern auch Mehrwert generieren“, sagte er und ließ die Kamera über das Deutsche Museum in München gleiten. Immer mehr Städte würden aufwändige 3D-Modelle von Gebäuden aufweisen, um der Satelliten-basierten Zweidimensionalität neues Leben einzuhauchen.
Der Aufhänger für die eigentliche Frage aber war – wie bei Google nicht unüblich – die Bedeutung von Information im 21. Jahrhundert. Für die Entwicklung der Menschheit sei Wissen unentbehrlich, so Jones. Was helfe es schon, eine Demokratie zu haben, wenn niemand damit umzugehen wisse: „Wir sehen es als unsere Mission an, das Wissen der Menschheit zu organisieren.“ Heute gebe es bei Google rund eine Milliarde Suchanfragen pro Tag, ebenso viele Videos würden täglich bei YouTube abgerufen. Google Earth sei bis heute mehr als 600 Millionen Mal heruntergeladen und installiert worden, erklärte der Techniker.
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Zu diesem Zeitpunkt blickte ich mich kurz im Plenum um und sah die Gesichter der Zuhörer, die irgendetwas zwischen „Was für ein sympathischer Amerikaner!“ und „Der Größenwahn hat einen Namen!“ widerspiegelten. Die Menschen hungerten nach Information, ebenso wie nach Innovation: „Das sagte auch schon Ihre Kanzlerin Angela Merkel“, schloss Jones offenbar bedeutungsvoll den ersten Teil seiner Rede ab, um langsam zum Thema Street View zu kommen.
„Das ist der Horror der Deutschen!“
Nach Jones Aussagen mögen alle Menschen Street View – auch die Nutzer hierzulande. In den Abrufzahlen des Dienstes läge Deutschland im Mittelfeld, so Jones. Dennoch würde es hier noch ein „großes Problem“ damit geben.
Jones zeigt also ein Street View-Beispiel anhand der Suche nach einem Pariser Café. Über dem Screenshot steht: „Street View: Ein Sicherheitsnetz für Reisende.“ Mit drei Handgriffen hat Jones das Café seiner Wahl gefunden, Street View zeigt die Fassade von außen. Wunderbar. „Hier ist das Café, das ich finden wollte. Schlimm, nicht? Das ist der Horror, vor dem Deutschland Angst hat“, feixt er ein wenig. Die Angst würde in erster Linie aus Unwissenheit gegenüber dem Mehrwert resultieren. Touristen würden beispielsweise keine bösen Überraschungen erleben.
Er zeigt Bilder mehrerer Street View-Wagen, einige davon werden auf der CeBIT auch ausgestellt. „Die Bilder stammen nicht von uns. Sie stammen von Fans. Wenn Street View-Autos durch die Städte fahren, freuen sich die Menschen, laufen hinterher, schießen Fotos von ihnen.“ Ich ließ mich nach diesem Satz ein wenig in den Sitz zurückfallen und fühlte mich für einige Herzschläge schlecht: Herrgott, warum kann ich nicht auch Google zujubeln?
„In England, Italien, in vielen anderen europäischen Ländern werden wir sogar gebeten, extra eine Runde mit der Kamera zu drehen. Manchmal benutzen wir dazu unser Dreirad, so wie bei Stonehenge oder im Legoland“, sagte Jones. Nicht wenige Anfragen kämen auch aus der Tourismusbranche, die sich viele Vorteile von den virtuellen Straßenansichten verspricht. Dass es früher oder später auch in Deutschland soweit sein wird – daran hat Jones kaum Zweifel. Letztendlich würden alle an einem Strang ziehen – Google, die Politik und die Bürger. Man werde eine Lösung finden, bei der alle Beteiligten zufrieden sind. Denn letztendlich sei es ja so, dass „nur 50 Leute von mehreren Millionen Menschen in Deutschland“ protestieren würden.
(André Vatter)