Ich halte ja nichts von Sprücheklopfern, die Dinge vom Stapel lassen à la „Den Kelch lass ich an mir vorüber gehen!“ oder „Wer anderen eine Grube gräbt…“ oder „Man soll den Tag nicht vor dem Abend loben!“. Aber wenn mir jemand künftig sagt: „Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm!“, dann werde ich nur noch nicken, bis es in der Rübe pocht. Ich spreche von James Murdoch, Sohn des Medienimperators Rupert Murdoch, den wir auf dem Blog schon einige Male haben zu Wort kommen lassen…
Murdoch Junior ist die rechte Hand seines Vaters und gleichzeitig CEO der News Corp. in Europa und Asien. Beide wurden offenbar in demselben verborgenen Manager-Kloster geschult: Edelstahlwände, Nadelstreifenanzüge und ein Rhetoriklehrer, der ihnen mit auf den Weg gab, selbst bei einem einfachen „Guten Morgen!“ immer direkt eindrucksvoll auf die Pauke zu hauen.
Fest steht, dass die beiden Murdochs ein zwiespältiges Verhältnis zum Internet haben. Vater Murdoch schimpft auf Google, nennt die Suchmaschine einen dreisten Content-Gangster, und auch James hat sich nun sein Angriffsziel für die kommenden Jahre ausgesucht: illegale Downloader. Das zumindest verkündete er auf dem Abu Dhabi Mediengipfel, dem auch ein Redakteur des „Guardian“ beiwohnte. Thema der Runde: Investitions- und Wachstumschancen der Medien.
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„Wir brauchen Mechanismen der Strafverfolgung und wir brauchen Regierungen, die mitspielen. Es besteht kein Unterschied zwischen einem Ladendiebstahl, bei dem eine Chips-Packung oder eine Handtasche geklaut wird und dem Diebstahl von diesen Dingen“, meinte Murdoch und umschrieb damit den Content der Medien. „Es sind einfache Voraussetzung für Investitionen und Wachstum. Dafür darf es beim Thema Besitzrechte keine Unterschiede geben, ob es sich um Haus oder einen Film handelt.“ Seiner Meinung nach gebe es keine Alternative zu der Forderung: „Die Vorstellung, dass es da eine neue Klasse von Konsumenten gibt und man kundenfreundlich sein muss, wenn sie Dinge stehlen… nein! Es sollten dieselben Regeln angewandt werden, wie sie für Besitztum existieren. Content ist nicht anders. Das sind keine verrückten Kids. Nein. Bestraft sie.“ Laut dem „Guardian“ wurde der „Ausbruch“ von anderen anwesenden Medienmanagern freudig beklatscht.
James Murdoch war aber noch nicht fertig. Nachdem er mit den Piraten abgerechnet hatte, ging er zum Lieblingsthema über, zu Google und dem organisierten Freibeutertum: Wenn die Suchmaschine (ebenso wie Yahoo) „plötzlich kopiergeschütztes Material indizieren, Teile davon verkaufen und dann Geld mit machen – dann sollte man darüber nachdenken, den Zugang zu diesen Dingen zu sperren. Oder nicht?“
Puh. Harter Tobak! Mir erscheint es wie ein wildes Herumschlagen im Dunkeln – Angst vor Motten oder so. Der Ruf nach mehr Sanktionen, mehr Strafen wäre als erster Impuls vor einigen Jahren vielleicht noch verständlich gewesen. Ich dachte jedoch, dass wir heute die Sache durchhätten. Beispiel Frankreich: Nachdem dort das Three-Strikes-Modell eingeführt wurde, stieg (!) die Anzahl der illegalen Downloads um drei Prozent, wie die Universität Rennes herausfand. Die Franzosen saugen wie eh und je, meiden jetzt aber P2P-Börsen und nutzen lieber Streaming-Dienste und 1-Klick-Hoster. Diese Hetzjagd kann nicht gewonnen werden. Ich habe mich vor einiger Zeit schon einmal gewundert: Warum wird bei solchen Treffen nicht diskutiert, wie man endlich legale, unkomplizierte Alternativen schaffen kann? Es wäre schön, wenn James Murdoch irgendwann ein Einsehen findet, dass tatsächlich beide Seiten an einem fairen Kompromiss interessiert sind. Und er sollte sich beeilen: schon bald könnte er das Erbe seines Vaters antreten. Als unangefochtener Master of the Media-Universe wäre er – mit diesen Einstellungen – nicht nur ein gefährlicher, sondern auch hoffnungslos unkreativer Mann.
(André Vatter / Bild: Wikipedia)
Wobei der Diebstah von unendlich reproduzierbarem Material juristisch noch nicht abschließend bewertet ist und Herr Murdoch hier etwas fordert, was Blödsinn ist: Das unerlaubte Kopieren / Saugen von Bits und Bytes mit dem Diebstahl von etwas materiell Vorhandenem gleichzusetzen. Das sind nunmal zwei verschiedene Paar Schuhe, auch wenn beides illegal ist.
Aber da lebt jemand in seiner eigenen Welt, und die Menschen, über die er spricht, sind ihm ein Rätsel. Schlimmer noch: Sie sind ihm egal.
Solange man immernoch nur im Nadelstreifenanzug als adäquater Gesprächspartner in Entscheidungskreisen akzeptiert wird, wird sich wohl nichts ändern. Solanmge werden wohl schick eingetütete Sprücheklopfer immernoch mehr Aufmerksamkeit bekommen als die Leute, die wirklich was zu sagen haben….
Ein weiteres Dilemma unserer Zeit… Fassade ist immer noch mehr wert als die „berühmten inneren Werte“…
Vielen Dank für den guten Artikel, der letzte Absatz fasst einige gute Gedanken prima zusammen, ich bin ganz Deiner Meinung.
Es gibt soviel Informationen kostenlos im Internet dass man eigentlich keine Zeitungen oder Zeitschriften mehr braucht. Und die Medienunternehmer haben keine Antwort auf dieses (ihr) Problem. Auch wenn Sie Google den Zugang sperren bedeutet Dies nicht unbedingt dass Sie dann mehr verkaufen.
@André
Netter Schreibstil. Besonders die ersten Sätze. Da muß ich beim lesen schmunzeln.
Weiter so!
„Der Apfel fällt nicht weit vom Stamm“? Naja, vllt eher „Wes Brot ich ess, des Lied ich sing“. Wäre ich Google, hätte ich deren Mist schon längst aus meinem Index geschmissen.
Wir schreiben das Jahr 2030. Heute jährt sich bereits zum 10 mal das eine der führende weltweit tätigen Medien Unternehmen (Murdoch) bereit vor 10 Jahre sang und klanglos untergegangen ist, nachdem so wohl Vater wie auch Sohn über 20 Jahre lang die Zeichen der zeit nicht erkannt haben.
Heute jobbt James Murdoch (Sohn) als Aushilfe bei McDonalds in New York wobei sein Gehalt nicht reicht um zu überleben. So zahlt seine Sozialwohnung (55 qm) der Staat New York weil vom einstigen Vermögen der Murdochs nichts mehr übrig ist.
Noch eine aktuelle Meldung.
Laut Fernsehsender NBC soll James Murdoch in die Neuauflage der TV Show aus den beginnenden Jahrtausend „Ich bin ein Star hol mir hieraus“ dabei sein. Seine geschätzte Gage hierfür ($ 10 000) wird gerade dafür reichen die zwischenzeitlich anfallende Anwaltsgebühren zu begleichen.
Vielleicht wird diese Meldung Realität?
Nach den aggressiven Aussagen von Murdoch Junior ist leicht zu erkennen wie der Mann gestickt ist. Ein zumindest leicht unterdurchschnittlicher Intellekt wo sich alles nur um Macht und Geld dreht.
Er ist wohl zu hart geprägt worden. Ein Sinneswandel bei solchen Menschen ist fast unmöglich.
Es ist doch eigentlich ganz offensichtlich, wieso das alles nicht funktioniert:
– Man müsste Fehler eingestehen!
– Man hat alle Trends verschlafen
– Man weiß einfach nicht, wie man die verwöhnte Netzkultur von heute zufrieden stellen kann
– Man hat keine Ahnung von der Netzkultur
Ratten verlassen bekanntlich das sinkende Schiff, die Contentindustrie geht allerdings lieber mit Pauken, Trompeten und den bekannten Drohungen unter.
Naja – selbst schuld.
naja…
aber keiner von euch hat einen besseren vorschlag bis jetzt gemacht, auch nicht der verfasser? Was sollen die schon amchen irgendwie müssen sie ja geld verdienen?
also bevor ihr ihn kritisiert solltet ihr ein paar vorschläge amchen, wie die denn nun geld verdienen sollen, ohne von uns geld zu bekommen.
viel spaß beim nachdenken 😉
@merkel: Lies mal den verlinkten Post: https://www.basicthinking.de/blog/2009/11/22/basic-flashback-der-verlorene-pakt-der-piratenjaeger/
Da habe ich schon einige Vorschläge gemacht…
Man muss den Kontext sehen, in dem dieser „Ausbruch“ stattfand. Abu Dhabi ist dabei, Milliarden in eine Branche zu investieren, die mitten in einem tiefgreifenden Umbruch steckt. Dabei sind diese Staatsfonds ja eigentlich extrem risikoscheu. Wenn jetzt Murdoch massiv auf die Pauke haut, macht er nur gut Wetter bei seinen Investoren. Gleichzeitig erhöht er den Druck auf Google, beim anstehenden neuen Suchdeal für Myspace & Co. weiterhin gute Konditionen zu erlangen, weil er sonst neben Jamba/Jamster auch noch Myspace mit Verlust abstoßen muss.
Google hat also Murdochs beste Teile in der Hand und kann selber entscheiden, wie stark zugedrückt wird.
Soll er ruhig brüllen, der Bub, die Macht haben längst andere.
Das sind diese Old-School-Jungs einfach nicht gewohnt.
hey danke für den link 🙂
und ich stimme mit dir voll und ganz überein 😉 aber ich finde bei nachrichten ist es einbischen komplizierter (bsp. eure Seite-> die gekürzten RSS-Feeds).
gruß
@togo: ich sehe das anders. egal ob das nur bits und bytes sind. Diese hat jemand erarbeitet und hat diesen einen Wert gegeben, denn sonst würden die Leute es nicht haben wollen (sei es Filme, Musik, Software, Website-Content, etc.)
Und je wertvoller dieser Inhalt ist, desto mehr macht sich sowas am Markt einen Platz, dadurch hat es einen Wert und deswegen kann man das nicht einfach für Lau runterladen.
Alles ist nicht „unendlich“ kopierbar und verkaufbar, es wird ganz normal durch den Markt geregelt. Es ist nur unendlich kopierbar, weil man nicht dafür bezahlt, würde jeder bezahlen, würden die Stückzahlen nicht „unendlich“ sein.
Theoretisch ist ja fast alles unendlich produzierbar, deswegen darf man das doch nicht stehlen, oder?
Stell dir vor Mercedes würde man 30% deren Autos direkt ab Werk stehlen. Autos kann man auch „unendlich“ bauen, oder meinst es würde mal an Rohstoffen mangeln? Der Vergleich ist nicht mal absurd, denn schlußendlich würde dann Mercedes 30% Umsatz fehlen.
Einziger Schaden, der zusätzlich entsteht, sind die Produktionskosten die noch zusätzlich höher liegen, als bei Daten.
MMn sollten Medien, Onlinemedien, auch TV-Sender, etc. nicht gegen das Internet, sondern mit diesem arbeiten.
Es gibt in Internet genug Seiten, die rein durch Werbung sich finanzieren.
An Werbung könnten diese ebenso andere Sachen andocken, wie Paidcontent für spezielle Inhalte, Videos, Affiliatemarketing mit Whitelabellösungen, sodass starke Seiten Exklusivverträge sich ausarbeiten könnten.
Außerdem kann man im Internet mehr als woanders mit seinen Lesern arbeiten und somit viral arbeiten.
Im Netz könnten sie alles für Leser bereit stellen (Archive, komplette Live-Interviews, Sendungen, Backstage-Aufzeichnungen, Hinter den Kulissen, etc.) und auch spezielle Inhalte kostenpflichtig machen.
Sie könnten verchiedenste Tools programmieren, um die Inhalte virtuell miteinander zu verknüpfen, sodass User sich selber Inhalte zusammenstellen könnten und ihre Archive zu starken Online-Quellen ausbauen.
Online kann man soviel machen und die tun nichts, außer sich beschweren. Die sollten mal die Möglichkeiten nutzen und nicht zuschauen und sich über google beschweren, dass dauernd inovative tools und Verknüpfungsmöglichkeiten von Daten entwickeln und dabei von allen Daten aller profitieren.
Die Medien haben diese Daten bereits und tun nichts, um ihren Vorteil (der Erste zu sein) auszubauen, sie bieten alles gratis an, wie auch im Print und stehen da und schauen zu, wie andere sie überholen.
@humanity
Doch, genau da ist der Unterschied in der juristischen Bewertung: Wenn ich etwas Materielles klaue, ist es weg. Wenn ich eine Datei kopiere, bleibt sie an ihrem Ursprungsort vorhanden. Gleichzeitig stellt sich die Frage nach dem Schaden: Wenn ich etwas unerlaubt kopiere, habe ich dem Eigentümer damit überhaupt geschadet? Das ist teilweise komplizierteste Rechtsphilosophie. Mehr als meine Meinung habe ich also nicht. Und die lautet, dass es schon ein qualitativer Unterschied ist, ob ich einer Oma die Handtasche weg reiße oder eine mp3-Datei von einem Freund kopiere. Wobei ich bei mp3 eh nicht verstehe, warum das nicht ähnlich gehandhabt wird wie mit Radiomitschnitten.
Letztendlich geht es mir aber nicht darum, das Klauen von digitalen Produkten zu rechtfertigen. Dafür habe ich schon zu oft erlebt, wie meine eigenen Texte und Bilder sonst wo benutzt wurden. Es geht darum, dass hier jemand aus einer ganz eigenen Welt kommt und von der Realität keine Ahnung mehr hat. Und dieser Jemand haut derart auf den Tisch, dass er sich über entsprechende Meinungen nicht wundern darf – wobei ich glaube, dass JM hier nicht mehr rein schaut, seit die RSS-Feeds gekürzt wurden 😉
Irgendwie hören sich solche Kommentare für mich immer nach dem Todesschrei eines sterben Dinosauriers an. Statt (sicher vorhandene) neue und lukrative Einnahmequellen zu erschließen wird gejammert, dass in der neuen Internet-Welt alles ganz anders ist als vorher und die dortigen Platzhirsche wie Google schon ganz gut drin sind damit Geld zu verdienen.
Gerade wächst eine Generation auf, für die es alltäglich ist, Inhalte und Medien immer, überall und mit jedem internetfähigen Gerät konsumieren zu können. Schade, dass diese Entwicklung nicht schon lange positiv genutzt wird sondern manch großes Unternehmen immer noch mit dem Diffamieren potenzieller Kunden beschäftigt ist.