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Zeitungssterben 2012: Paywalls – Rettungsanker im sterbenden Printmarkt?

geschrieben von Felix

Das Thema Zeitungssterben ist freilich nicht neu. Ebenso wenig wie die Suche nach funktionierenden Geschäftsmodellen im Printbereich. 2013 soll sich aber mit neuen Bezahlmodellen einiges ändern. Zum Besseren, zumindest wenn es nach dem Willen der Verlage geht.

Düstere Zeiten im Printbereich

Die Situation sieht gegenwärtig gar nicht gut aus. In Deutschland sind „FTD“ und „Frankfurter Rundschau“ die prominentesten Beispiele für den Niedergang der Printerzeugnisse. Auch „Berliner Kurier“ und „Berliner Zeitung“ wollen Stellen streichen, die „junge Welt“ sieht sich akut bedroht. International ist das Bild ähnlich, besonders deutlich ist die Entwicklung in den USA. Dort schlossen laut „Vocus“ (nicht „Fokus“!) 2010 und 2011 jeweils etwas mehr als 150 Zeitungen ihre Pforten, vor allem die wöchentlich erscheinenden. Newspaper Death Watch meint gar, dass der Zeitungsmarkt die am schnellsten schrumpfende Branche in den USA ist. Bis 2030 soll angeblich Schluss mit deutschen Zeitungen sein.

 Zeitleiste Zeitungssterben

 Gründe für Zeitungssterben

Erlösung durch Online-Bezahlmodelle?

Die Leserschaft und die Werbebudgets verschieben sich auf den Online-Bereich. Die Konkurrenz um Einnahmen wächst. Vor allem die fachfremden Profiteure, allen voran Google, sind den Verlagen ein Dorn im Auge. So sehr sie es auch wollen, die Werbeeinnahmen wollen nicht so richtig wachsen.


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 Zeitungen - Werbeeinnahmen USA

Der Fokus liegt im Moment deshalb eher auf den Konsumenten – den bisher nicht zahlenden Lesern. Die sind aktuell der Hoffnungsträger. Dementsprechend experimentieren die Medienhäuser mit Abos, Micropayment-Modellen und Paywalls. Die „London Times“ ist bereits 2010 mit der Einführung ihrer Paywall berühmt geworden – sie verlor in der Folge 90 Prozent ihrer Online-Leser. Mittlerweile hat sie immerhin über 100.000 Abonnenten.

Im Unterschied zu einer geschlossenen Seite, auf der maximal die Artikelanrisse zu lesen sind, gelten eingeschränkte (metered) Paywalls als super Alternative. Hier werden erst nach einer bestimmten Zahl kostenlos geklickter Artikel pro Monat die Schotten dicht gemacht. Als Erfolgsmodell gilt dabei vor allem die „New York Times“, die es mit einer eingeschränkten Paywall auf 450.000 zahlende Online-Leser schafft und dabei nur etwas über 10 Prozent ihrer Reichweite einbüßt (s. „Media Entrepreneurs“).

In Deutschland eifert man diesem Erfolg nach. Zahlreiche, vor allem lokale Titel haben die Paywall eingeführt (eine schöne, leider leicht veraltete Übersicht von „Newsroom“). „Welt Online“ hat gerade damit begonnen, „Bild“, „FAZ“, „Süddeutsche Zeitung“ und weitere wollen folgen. Ich bin skeptisch, ob das Modell funktionieren kann. Viele Leser sind zwar offenbar bereit zu zahlen, aber wenige wollen noch ein Abo mehr; und wenn dann zumindest für ein Bündel von Zeitungen. Daneben ist es technisch offenbar noch leicht möglich, die Sperren der Paywalls auszuhebeln. Einfach durch Löschen der Cookies oder IP-Anonymisierer.

Neue Wege für den Journalismus

Regelmäßig werden die ökonomischen Schwierigkeiten der Verlage auch mit einem Verfall journalistischer Qualität in Verbindung gebracht. Keine Einnahmen, keine Qualität, so die Rechnung. Allerdings muss man schon die Frage stellen, ob eine bezahlte „Bild“ oder „Welt Online“ die Qualität liefert, die ich möchte. In meinem persönlichen (gratis) Medienkonsum kann ich jedenfalls keinen Mangel an Qualität feststellen – schon immer gab es viel Mist und auch viel Gutes. Wichtig ist es mir, gut über die Schlagzeilen informiert zu sein und bei Bedarf in die Tiefe zu lesen. Selbst Nachrichtenagenturen liefern das meist schon ausreichend. Anders gesagt: Viele Titel sind für meinen Konsum komplett verzichtbar.

Was allerdings an Bedeutung gewinnt, sind aktuelle Informationen jenseits der Verlage. Denn mittlerweile bieten auch viele Unternehmen aktuelle und sehr gute, vor allem spezifische Informationen (z.B. Blogs von Google, IBM, Notebooksbilliger). Zwar ist es nicht neu, dass Unternehmen Infos, Aktuelles oder Blog-Posts bereitstellen, ich wundere mich aber, wie wenig besetzt das Feld gegenwärtig noch ist. Viele dieser Veröffentlichungen leiden unter einem Mangel an Aktualität und Qualität. Gerade bei Unternehmensblogs sieht man oft förmlich, dass sie von Mitarbeitern gepflegt werden, die das „so nebenbei“ machen. Umso mehr stechen die guten und informativen Angebote heraus.

Wäre das nicht ein Bereich, den all die unter Kürzungsdruck stehenden Journalisten zusätzlich besetzen könnten? Eine Tendenz in diese Richtung ist neben all den Diskussionen um neue Einnahmequellen der Verlage schon längst zu erkennen. So ist es nur bezeichnend, dass die großen Verlage (z.B. Gruner + Jahr, Madsack, Springer) eine Bandbreite an Corporate Publishing Dienstleistungen anbieten. Eine deutlich stärker unternehmensfinanzierte (professionelle) Berichterstattung wäre für mich jedenfalls eine nur konsequente Entwicklung. Ob die Qualität dadurch eher sinkt als fällt sei ebenso mal dahin gestellt, wie die Frage nach daraus resultierenden Abhängigkeiten. Ob, wie im Moment erhofft, zahlende Online-Leser als neues Geschäftsmodell reüssieren, halte ich jedenfalls für äußerst fraglich.

Bilder: JamesDeMersFutureexplorationStatista

Über den Autor

Felix

Internetabhängiger der ersten Generation, begeistert sich für Netzpolitik, Medien, Wirtschaft und für alles, was er sonst so findet. Außerdem ist er ein notorisches Spielkind und hält seine Freunde in der „echten Welt“ für unverzichtbar.

13 Kommentare

  • Seien wir doch mal ehrlich: Die meisten Zeitungen haben einfach keine wirkliche Daseinsberechtigung mehr, schon gar nicht online. Die Inhalte bestehen zum Großteil nur aus Texten von Nachrichtenagenturen. Warum sollte man eine Zeitung noch dafür extra mittel Paywall bezahlen, wenn man diese Artikel woanders umsonst bekommt. Qualitätsjournalismus hat zudem etwas mit der Vermittlung von Informationen zu tun und nichts mit der offensichtlichen Verbreitung der Meinungen der Herausgeber. Zeitungen wird es in ein paar Jahren immer noch geben, aber halt nicht mehr so viele … die meisten davon wird man eh nicht vermissen.

  • Hallo Mathias,

    Es ist ziemlicher Unsinn, daß die Zeitungen keine Daseinsberechtigung mehr haben. Vor allem als Betreiber eines Blogs ist es wichtig, daß man z. B. mit Links seine geschriebenen Artikel auch belegen kann. Das geht allerdings nur online, sonst kann ich auf meinem Blog ja alles mögliche behaupten!

    Ein gutes Beispiel hierfür ist einer meiner neuesten Leser, der kommt nämlich aus Zypern! Wenn ich nun in einem Artikel auf eine Ausgabe der Augsburger Allgemeinen hinweise, dann hat der wohl Pech gehabt. Die gibt es auf Zypern natürlich nicht, also braucht es dafür einen Online Artikel der Zeitung, den ich verlinken kann!

    Für ein Blog wie meines ist es also sogar wichtig, daß es weiterhin Artikel von Zeitungen kostenlos online gibt. Ich könnte mir das auf Dauer nicht leisten, daß ich hierfür etwas zahle. Da kann ich mein Blog auch gleich dicht machen, was mir nach nun immerhin 6 Jahren nicht besonders gefallen würde!

    Auf andere Blogs zu verlinken wäre in dem Fall auch nicht gerade das Wahre, der Blogger kann in seinem Artikel ja immerhin den größten Unsinn erzählen. Beweise doch mal das Geschriebene, wenn es keine andere Informationsquellen mehr gibt!

    Grüße nun aus TmoWizard’s Castle zu Augsburg

    Mike, TmoWizard

  • eine paywall führt das konzept der online zeitungen ad absurdum. was ist denn der vorteil von online zeitungen? kein papier? tolle videos? klicki-bunti bilder galerien?

    ist ja alles große klasse, aber der größte mehrwert von online-zeitungen ist nunmal die große vielfalt an berichterstattung die jedem zugänglich wird, ohne dass man gleich 20 zeitungen abonnieren muss.
    wie soll das in zukunft laufen? wenn ich mir dann neben süddeutsche, zeit, faz und spiegel vielleicht noch 2 – 3 internationale zeitungen anschauen will, kann ich mir dafür gleich einen zweiten job zulegen. und selbst dann wäre die vielfalt nur ein erbärmlicher rest gegenüber der derzeitigen lage.

    noch viel schlimmer ist, dass auf der anderen seite eingespaart wird wo es nur geht. redaktionen werden gekürzt, minimiert und zusammengelegt. am ende hat man nur noch eine scheinvielfalt an zeitungen hinter denen ein redaktionsgerippe steckt, welches die selben artikel unter 5 verschiedenen namen vertreibt.

    man darf gespannt sein, ob die zeitungen auf einen grünen zweig kommen solange noch etwas zu retten übrig ist.

  • @TmoWizard: Zitat Kaiser Wilhelm II: „Das Auto hat keine Zukunft. Ich setze auf das Pferd“ … Wie du siehst, gab es schon mal eine solch grobe Fehleinschätzung der Zukunft.

    Ich weiß ja nicht was die Zeitung bei euch so an Qualität abliefert, aber unser örtliches Käseblatt wurde schon öfters dabei erwischt, bei örtlichen Bloggern abgeschrieben zu haben, oder ganze Passagen von Wikipedia OHNE Kennzeichnung übernommen zu haben.

    Und seit wann steht in Zeitungen immer die Wahrheit? Und wo stehen in Zeitungen die Belege für die in den Artikeln getätigten Behauptungen? Copy & Paste von Pressemitteilungen und DPA-Meldungen … Sei ruhig einmal etwas kritischer! Auch bei deinen Zeitungen!

  • @TmoWizard
    „Beweise doch mal das Geschriebene, wenn es keine andere Informationsquellen mehr gibt!“

    Sicher weil es in der „Bild“ stand ist es Bewiesen, oder?
    Es gibt im Journalismus egal ob Print, Online oder als Blogger keinen endgültigen Realitäts Beweis, es ist halt wie beim Wetterbericht in der Regal stimmt er.

  • Mal eine kleine Anmerkung:

    Folgende Bezeichnungen fanden sich im Artikel: „im sterbenden Printmarkt“, „Suche nach funktionierenden Geschäftsmodellen im Printbereich“, „Düstere Zeiten im Printbereich“, „Niedergang der Printerzeugnisse“

    Das ist eine Vermischung von Zeitungen und Zeitschriften (und Büchern). Oder anders gesagt eine undifferenzierte Schreib(- und Sicht?)weise. Print ist NICHT tot. Zeitungen mögen tot sein. Genauer gesagt: Tageszeitungen. Aber auch da halten sich ein paar Exemplare noch hartnäckig. Ob es 2030 noch deutsche Zeitungen gibt? Ich bin fest davon überzeugt. Allerdings weniger als heute. Nur: Print selbst ist noch lange nicht tot. Im Gegenteil: 2012 gab es wahnsinnig viele Neugründungen auf dem Zeitschriftenmarkt. Beispiel gefällig? http://juiced.de/mediathek/specials/diplomarbeit -> Allein zwischen Februar und Mai erschienen 15 neue Zeitschriften. Sicher, manche werden sich nicht lange halten. Andere aber schon. Cicero, Brand eins, 11 Freunde – oder jüngst Pardon. Da geht noch einiges. Fazit: Print ist nicht tot – nur das derzeitige Konzept von Print. Das ist tot. Mehr dazu: http://juiced.de/12792/zeitung-krise-zeitschrift.htm (inkl. Kommentare).

  • Im Content Marketing brauchen wir sehr dringend Journalisten. Konsumenten haben von Werbung genug und suchen Inhalte, der ihrer Probleme löst. Unternehmen müssen lernen wir Zeitungsherausgeber zu denken. Inhalte statt Werbung.
    Her mit den Journalisten aus den Redaktionen!

  • Die klassische Zeitungsverlage haben ein Problem. Deren Verantwortlichen haben es sich in die vergangenen 20 Jahre viel zu einfach gemacht.

    Vorher war es so das auch mangels Internet der Printbereich die einzige Möglichkeit war Werbung zu machen. Neben gewerbliche Werbung machten die Zeitungen sehr viel Geld mit Private Anzeigen (Wohnungen, Auto und andere Anzeigen).

    Heute benötigt keiner mehr deren Dienste und schon fällt ein Großteil von deren sichere Einnahmen weg.

    Hinzu kommt die Tatsache das schon seit Jahren es beinahe nur nur Artikel gibt die fast eins zu eins von Meldungen der dpa sind. Vielleicht werden diese noch von ein (kostenlose) Praktikant ein klein wenig bearbeitet, aber der Inhalt ist nur recht wenig Wert.

    Dann schmipfen die Verlage schnell auf Google & Co und schon haben die ein Schuldigen.

    Das Sie aber selber auch Schuld haben? Nein das kann nicht geben.

    Fehlt nur noch das Frida Springer bei Ihre Freundin Merkel anruft und ein Gesetz verlangt das Online Medien verbeitet.

    Wäre ja möglich gegen Zahlung von mehrere Millionen an die CDU, oder ?

  • „London Times“? Gibt’s nicht. Gab’s auch 2010 nicht. Hat demzufolge auch nicht so viele Leser durch eine Paywall verloren.

  • Danke für Eure Kommentare!
    @Tom: Wie selbst Wikipedia richtig feststellt, bezeichnen ausländische Beobachter „The Times“ häufig als „London Times“ oder „Times of London“ – schlicht und einfach um sie von anderen Zeitungen mit dem Namen „Times“ zu unterscheiden.

    @JUICEDaniel: Danke v.a. für die Liste mit den Neuerscheinungen. Wie in der Überschrift angedeutet, beziehen sich die von Dir kritisierten Begriffe auf Zeitungen (wo steht denn was von Büchern?). Beim Rest gebe ich Dir im Grunde Recht: ja es wird weiterhin Zeitungen geben, ja, der Markt verändert sich. Die Probleme mit sinkenden Reichweiten, Auflagen und Werbeeinnahmen werden sich nach meiner Meinung aber nicht von selbst lösen. Ich wollte hier v.a. meine Verwunderung darüber ausdrücken, dass aus Sicht so einiger Verlage nun ausgerechnet der zahlende Leser das sinkende Schiff retten soll. Für mich ist es nahe liegender, dass PR-Abteilungen zunehmend journalistische Aufgaben übernehmen.

  • Ich glaube nicht, dass sich Premiumangebote am Printmarkt halten werden, die teilweise zeitlos gute und gut recherchierte Artikel beinhalten, wie die FAZ am Sonntag, oder aber auch Magazine wie Eltern, die für Mütter nach wie vor ein hilfreicher Begleiter sind. Problematischer sehe ich es aber im Bereich der Tagespresse, da diese den natürlichen Nachteil gegenüber den Online-Ausgaben hat, veraltert zu sein.

  • Mich wundert ja immer noch, dass sich kostenlose Print-Tageszeitungen in Deutschland nicht behaupten, im Gegensatz zu vielen anderen Ländern. Das jemand online für Tages-Nachrichten großartig was bezahlen will, daran glaube ich nicht, grad online wird sich immer irgendwo eine gleichwertige kostenlose Quelle finden lassen.

  • Warum redet eigentlich niemand über den Umweltaspekt? Ich freue mich tatsächlich wie ein Schnitzel auf das Ende de Printmarktes. Habt ihr eine Ahnung wie schlecht der Carbon Footprint (ganz zu schweigen von den restlichen Giften) der Produktion von Printprodukten ist? Sicherlich – Papier ist schön, fasst sich gut an, riecht gut, da steckt ne Menge Emotion drin. Die Frage ist aber, ob die nicht einfach nur „gelernt“ ist, und ob man das mit der nächsten Generation von E-Readern nicht genauso hinbekommt. Ich denke einfach, in 10 Jahren müssen wir aus Umwelt- bzw. Ressourcengründen eh massiv umdenken (eigentlich heute schon). Ich glaube viele Leute verstehen zudem auch nicht so ganz den wahren Unterschied zwischen Print und Online – bzw Verlage schaffen es nicht die Vorteile von Print auf Online zu adaptieren. Das schöne an einer Zeitung oder Zeitschrift ist doch die Ruhe und Gemütlichkeit, die das erzeugt. Warum? Weil es eben NICHT online ist, nicht nur ein weiterer Tab in einem browser. Keine störenden FB oder Skypenachrichten zwischendurch – sondern einfach nur in Ruhe gute (redaktionelle) Texte lesen. Das in Digitalform und in Kombi mit tollen E-Readern vernünftig vermarkten (gibts, schon wird aber scheisse vermarktet) könnte doch eine Lösung sein.