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TECH

Google, Microsoft, EA: Trend zum (freiwilligen) Rückgaberecht von MP3s, Apps & Game-Downloads keimt auf. Außer bei Apple.

Michael Müller
Aktualisiert: 17. Februar 2025
von Michael Müller
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Wie der treue Leser durch meinen zweiwöchigen Selbstversuch mit Windows Phone kürzlich erfuhr, nutze ich selbst ein iPhone 5. Bin gefangen in der Apple-Welt. Dies führte schlussendlich auch dazu, dass ich einem iPad den Vorzug gegenüber einem Android-Tablet gewährte. Synergien. Bequemlichkeit. Zufriedenheit.

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Und doch gibt es trotz allem Wohlbehagen einen Punkt, der mir am Apple-Ökosystem schon lange sauer aufstößt: die fehlende Möglichkeit, Kauf-Apps zu testen oder bei Unzufriedenheit zurückzugeben. Hier ist Microsoft der Konkurrenz bei vielen Bezahl-Apps im Windows Phone Store einen Schritt voraus. Electronic Arts (EA) gibt sich neuerdings ebenso vorbildlich und räumt allen Origin-Kunden künftig ein Rückgaberecht für gekaufte Spiele ein. Keimt da etwa der Trend zu einem Software-Rückgaberecht auf? Ich würde mich erheben und applaudieren.

Schiefe Gesetzeslage

In Deutschland gilt ein zweiwöchiges Widerrufsrecht für alle Realgüter, die aus der Ferne – also telefonisch, per Fax, Post, oder das Internet – gekauft werden. Wie genau die Rechte des Einzelnen bei Fernabsatzverträgen aussehen, schreibt das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) fest.

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Ich möchte an dieser Stelle warnen. Für alle Gesetzestexte-Phobiker heißt es ab hier: Zähne zusammenbeißen und durchhalten! Ich versuche den Spaziergang durch den unübersichtlichen juristischen Dschungel so kurz und knapp wie möglich zu halten, um Sekundenschlaf-Attacken zu vermeiden. Auch in Rücksichtnahme auf alle Leser, die BASIC thinking womöglich von ihrem Arbeitsplatz verfolgen. Ende der Durchsage.

Konkret beschäftigt sich § 312b ff mit Fernabsatzverträgen als besondere Vertriebsform. Dort heißt es in § 312d, der „Widerrufs- und Rückgaberecht bei Fernabsatzverträgen“ definiert:

(1) Dem Verbraucher steht bei einem Fernabsatzvertrag ein Widerrufsrecht nach § 355 zu. Anstelle des Widerrufsrechts kann dem Verbraucher bei Verträgen über die Lieferung von Waren ein Rückgaberecht nach § 356 eingeräumt werden.

Nach dieser Formulierung würden also auch digital getätigte App- und Musikkäufe vom Widerrufsrecht abgesichert, wären da nicht die Ausnahmen, die in Absatz 4 Nr. 1 für Einschränkungen sorgen:

(4) Das Widerrufsrecht besteht, soweit nicht ein anderes bestimmt ist, nicht bei Fernabsatzverträgen

1. zur Lieferung von Waren, (…) die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind (…)
2. zur Lieferung von Audio- oder Videoaufzeichnungen oder von Software, sofern die gelieferten Datenträger vom Verbraucher entsiegelt worden sind

Schon ist’s um den Käuferschutz geschehen, werden digitalisierte Musikstücke, App- oder Software-Downloads doch quasi schon unversiegelt geliefert und sind für eine Rücksendung im klassischen Sinne nicht geeignet. Wie auch, sie sind schließlich digital. Kopierbar.

Apple wenig kundenfreundlich

Das genannte rechtliche Schlupfloch macht sich Apple in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen von iTunes und App Store zu Nutze. Dort heißt es unter Punkt A:

Ein gesetzliches Widerrufsrecht steht Ihnen bei Fernabsatzverträgen über Produkte, die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind, wie Downloads von Audio- und Videodateien, eBooks oder Software, nicht zu (§ 312d Absatz 4 Nr.1 BGB). iTunes gibt Ihnen jedoch bis zum Beginn der Lieferung des Produkts die Möglichkeit, von Ihrem Einkauf gegen Erstattung des Kaufpreises Abstand zu nehmen. Die Lieferung beginnt in dem Moment, in dem Sie mit dem Download des Produktes aus dem jeweiligen Store beginnen.

Apple agiert mit dieser Abstandnahme vom Rückgaberecht zwar rechtlich absolut korrekt, jedoch wenig kundenfreundlich.

Das Spiel für über 1 Euro trotz Kindheitserinnerungen kaufen? Auf Bewertungen verlassen? Eine andere Option gibt es in der Welt von Apple nicht.

 

Löblich: Google erstattet freiwillig

Der Suchmaschinen-Multi Google hält es in den AGB seines Play Store ähnlich und gibt an, dass beim Kauf von App-Inhalten „Rückgaben, Ersetzungen oder Erstattungen“ nicht zulässig seien. Allerdings findet sich in den Erstattungsrichtlinien ein Hinweis darauf, dass Kauf-Apps im Play Store innerhalb von 15 Minuten nach dem Kauf zurückgegeben werden dürfen. Dies ist einmalig pro App möglich und durchaus ein lobenswertes Entgegenkommen.

Beim Kauf von Musik, Videos und Büchern macht Google eine Unterscheidung und verweist unter dem Punkt „Widerruf/Rückgängigmachung“ stets darauf, dass „aufgrund ihrer Beschaffenheit“ kein gesetzliches Widerrufsrecht gemäß § 312d Absatz 4 Nr. 1 BGB bestehe. Schließlich seien die digitalen Einkäufe „nicht für eine Rücksendung geeignet“. Außerdem findet sich noch folgende Passage:

Google gewährt Ihnen jedoch freiwillig das Recht, den Vertrag über den Erwerb der (…) Inhalte innerhalb einer Frist von sieben Werktagen gegen eine Erstattung rückgängig zu machen, beginnend nach dem Tag, an dem Ihnen der (…) Inhalt erstmals zum Herunterladen oder Streamen zur Verfügung steht.

Heißt: wer im Play Store Musik, Videos oder Bücher kauft, erhält von Google ein Rückgaberecht, auch wenn der Gesetzgeber dazu nicht verpflichtet. Ausnahme bilden Apps – hier gelten die angesprochenen 15 Minuten, die immerhin für einen guten Ersteindruck ausreichen dürften.

Google, Microsoft und EA als Vorreiter

Den Impuls für die Recherche bei Apple und Google gab mir Electronic Arts. Der Spiele-Publisher gab am gestrigen Dienstag bekannt, weltweit allen Kunden seines Origin-Portals ab spätestens Ende September eine 24-stündige Rückgabefrist für gekaufte Game-Downloads einzuräumen. In Deutschland, Österreich und der Schweiz gilt diese begrüßenswerte und äußerst kulante Option schon jetzt. Wird das Spiel nach dem Kauf nicht gestartet, räumt EA sogar eine 7-tägige Frist ein. Das nenne ich Kundenorientierung.

Sehr positiv: WP8 erlaubt es, Kauf-Apps zu testen.

 

Der Konkurrenz in Sachen Kundenfreundlichkeit ähnlich voraus ist Microsoft auf seiner mobilen Plattform Windows Phone 8 (WP8). Hier erhalten Nutzer bei vielen bezahlpflichtigen Apps die Möglichkeit, diese vor dem endgültigen Kauf eine gewisse Zeit lang in vollem Umfang zu testen. Leider nur dann, wenn die Entwickler der App diese Test-Option einräumen. Erst nach Ablauf der Test-Frist wird der Kaufpreis fällig.

Woran liegt’s?

Zugegeben, natürlich kann man das Bestreben großer Softwarehäuser wie Apple oder Google nach wirtschaftlichen Aspekten verstehen, sich möglichst gegen Missbrauch abzusichern und Umsätze durch geringe Rücklaufquoten konstant zu halten, indem eine mit Realgütern vergleichbare Rückgabemöglichkeit verwehrt wird. Schließlich ist es am Gesetzgeber, konkrete und vor allem einheitliche Rahmenbedingungen zum Schutze des Kunden zu schaffen. Es scheint, als läge die Legislative seit Jahren im Dornröschen-Schlaf. Wirklich neu sind Software-Downloads aller Art nämlich nicht.

Fairerweise muss man beachten, dass digitale Güter weiterhin eine komplexe Sonderposition einnehmen – schließlich lässt sich schwer nachvollziehen, welchen Weg sie durch Kopien oder Weitergabe letztlich nehmen. Es sei denn aufwändige Kopierschutz-Mechanismen, Wasserzeichen oder geschlossene Systeme werden zum Standard beim Musik- und Softwarevertrieb.

Gerade durch das Vorliegen geschlossener Systeme frage ich mich aber, wieso kostenpflichtige Smartphone-Apps nicht auch bei Apple nach Microsoft- und Google-Vorbild erst getestet werden dürfen, bevor ein Kauf erfolgt? Das ist nur fair und von Seiten des Plattform- und Shop-Systems sehr viel leichter kontrollierbar, als der Kauf einer vom System entkoppelten Musik- oder Filmdatei. Leicht paradox, wie ich finde.

Microsoft, Google und EA machen vor, wie weit Kundenfreundlichkeit beim Kauf von Software und Apps gehen kann. Ich bin mir sicher, dass solcherlei Kulanz-Maßnahmen von den Kunden eher mit steigenden App-Käufen und Zufriedenheit quittiert werden, als letztlich Schaden durch Missbrauch entsteht. Die Katze im Sack war schließlich noch nie ein Kassenschlager.

EDIT: In der ursprünglichen Fassung des Beitrages war der Bezug auf das gesetzliche Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen falsch formuliert. Diese Textstelle im dritten Absatz wurde nachträglich korrigiert.

Bilder: defpicture / Shutterstock, Michael Müller / BASIC thinking

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