Seit zwei Jahren ist der Fernbusverkehr nun liberalisiert. Die meisten Menschen in meinem Bekanntenkreis sind trotzdem noch nie mit einem der PS-starken Brummer durchs Land getourt. Entweder, scheint mir, sind die Leute passionierte Autofahrer, oder sie setzen konsequent aufs Bahnfahren. Wozu schließlich hat man seine BahnCard?
Für 19 Euro quer durch die Republik
Dass Busfahren sich zumindest preislich lohnen kann, habe ich vor ein paar Wochen dann mal selbst festgestellt. Für nicht mehr als schlappe 19 Euro bin ich von Köln nach Berlin gefahren, knapp 600 Straßenkilometer sind das.
Ziemlich früh morgens, nämlich um 7:30 Uhr, soll es losgehen. Flixbus, das Unternehmen, mit dem ich heute reisen werde, hat in Köln zwei Haltestellen. Eine ist direkt neben dem Hauptbahnhof, also in der Innenstadt. Ich habe Pech, denn meine ist nicht so zentral, sondern in Deutz, auf der anderen Rheinseite. Und auch nicht direkt am Deutzer Bahnhof, sondern am besten mit einer Station Stadtbus zu erreichen.
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Dieser kommt zum Glück schon nach knapp drei Minuten Wartezeit und fährt direkt neben der S-Bahn-Station ab. Der Busfahrer weiß schon, welche Fernbushaltestelle ich meine, als ich ihm von meiner heutigen Tour erzähle und sagt, ich solle eine Station mit ihm fahren.
Abfahrtsort: Nicht-Gegend
Es ist keine schöne Gegend, in der ich aussteige, natürlich auch ein bisschen deshalb, weil es Januar ist und noch dunkel draußen. Einmal ausgestiegen wandere ich mit meinem Trolley über die Straße, wo ich schon zwei Fernbusse sehe. Einer davon ist meiner. Vor dem Bus wartet nur eine einzige Person, der Fahrer ist noch im Bus. In knapp einer Viertelstunde soll es losgehen.
Wenige Minuten später öffnet der Fahrer die Tür. „Berlin?“, fragt er. Ich bejahe, er schaut auf mein Ticket und lädt meinen kleinen Koffer ins Hinterteil des ziemlich neuen Busses. Mein Lieblingsplatz, ganz vorne in solch einem Doppeldecker, ist noch frei. Naja, eigentlich ist alles noch frei. Ich kann das gar nicht glauben. Gut, es ist früh am Morgen, aber trotzdem: Wie kann sich ein solch leerer Bus für ein Unternehmen lohnen? Als ich oben mit Blick auf die Straße sitze, kümmert mich diese Frage plötzlich nicht mehr. Ich freue mich jetzt auf die Fahrt. Auch wenn sie länger dauern wird.
Über den Dingen sitzen
Als mein Handy auf 7:30 Uhr springt, lässt der Fahrer den Motor an. Er wendet auf einem nahegelegenen Parkplatz und fährt Richtung Autobahn. Im Bus sind mit mir und dem Busfahrer nicht mehr als fünf Leute. Sie sind über den ganzen Bus verteilt, über zwei Stockwerke. Ich befinde mich mit meinem Kopf fast auf Höhe der Ampelanlagen und genieße den Panorama-Blick.
Es ist schon hell, als der Fahrer von der Autobahn abbiegt und in die Innenstadt von Dortmund fährt. Am Busbahnhof hält er. Ein paar Leute steigen zu, eine Hand voll vielleicht. Ich hoffe insgeheim, dass wir nicht noch in zehn anderen Ruhrgebietsstädten Halt machen. Und habe Glück: „Ich bin der Olaf“, sagt Olaf, unser Busfahrer. Jetzt, da alle an Bord seien, könne er ja nun seine Ansage machen und bekanntgeben, dass wir jetzt ganz direkt und ohne weitere Zwischenstationen nach Berlin durchfahren.
Eine Toilette gebe es selbstverständlich an Bord, sagt Olaf, nur bitte kein Klopapier in das Ding reinwerfen. Alles andere würde in einer Schweinerei enden. Das mit der Ansage ist ein bisschen wie im Film, nur dass Olaf einen netten Eindruck macht und Sinn für Humor zu haben scheint.
Noch schnell das WLAN ausprobieren
Nach etwas mehr als der Hälfte der Strecke werden wir Stopp an einer Autobahnraststätte machen, sagt unser Busfahrer, und dann erst wieder am Ziel halten. Ich bin jetzt tiefenentspannt. Bevor ich mich ganz der Musik und der Straße hingebe, möchte ich aber noch das WLAN ausprobieren. Es soll kostenlos sein. Probleme habe ich tatsächlich nicht, doch irgendwann später bekomme ich beim erneuten Einloggen den Hinweis, dass ich das pro Gerät zulässige Datenvolumen verbraucht hätte. Das kann gut sein, denn ich hatte zuvor einen Podcast geladen, der einiges verbraucht hat. Da die Bahn mit ihren mobilen Datenverbindungen ihre ganz eigenen Probleme hat, bin ich nicht weiter sauer. Meine Lieblingsmusik ist ohnehin lokal auf meinem Handy gespeichert.
Von Autobahn zu Autobahn
Seit Köln sind wir Fahrgäste schon ganz schön herumgekommen: Von der A3 ging es auf die A1, dann weiter auf die A43, die A44, die A45, dann Hunderte Kilometer die A2 entlang. Jetzt sind wir in Marienborn. Und machen eine Pause. Hier, direkt an der Autobahn, ist die Gedenkstätte Marienborn. Sie erinnert an die Deutsche Teilung und liegt in Sachsen-Anhalt.
Nach zwanzig Minuten geht es dann weiter auf der A2, irgendwann fahren wir dann auf den Berliner Ring, die A10. Noch immer habe ich diesen tollen Blick durch das Panorama-Fenster und noch immer macht es hier oben wesentlich mehr Spaß als im Auto. Man steht bzw. sitzt einfach ein bisschen mehr über den Dingen als sonst.
Gebucht hatte ich meinen Bus ungefähr eine Woche vor Abfahrt, doch selbst am Reisetag hätte die Tour vom äußersten Westen in den äußersten Osten der Republik nur 22 Euro gekostet.
Das ist ein Preis, mit dem nicht einmal die besonders bei jungen Leuten gefragten Mitfahrzentralen mithalten können. Und es ist ein Preis, der kaum mehr verständlich ist. Noch unverständlicher nämlich wird die Kalkulation, wenn man bedenkt, dass an diesem Tag weniger als 10 Leute mit eben dieser Verbindung gereist sind.
Die Bahn will 117 Euro
Zum Vergleich: Die Deutsche Bahn möchte in der 2. Klasse für die knapp 600 Kilometer nicht weniger als 117 Euro, mit der BahnCard 50 halbiert sich der Preis auf 58,50 Euro. Die 29-Euro-Sparpreise, die sich mit der BahnCard 25 noch einmal drücken ließen, sind für die Strecke Köln-Berlin derzeit kaum verfügbar, allenfalls für absurde Verbindungen über Nacht. Und auch das Auto kommt hier preislich natürlich nie an den Bus ran, selbst bei den derzeit so günstigsten Benzinpreisen.
Wöhrend wir die Spanische Allee entlang fahren und schon fast am Ziel sind, stelle ich mir die Frage: Würde ich mit solch einem Bus noch einmal fahren? Auch wenn die Reise so lang ist? Ich weiß es nicht. Grundsätzlich bin ich ja passionierter Bahnfahrer. Ich gehöre zu den wenigen Leuten, die mit der Leistung der Deutschen Bahn eigentlich ganz zufrieden sind. An nennenswerte Verspätungen kann ich mich in den letzten Monaten nicht erinnern. Auch wenn ich viel unterwegs war. Auch über die vielen deutschen Privatbahnen, mit denen ich schon gefahren bin, haben bei mir einen eher positiven Eindruck hinterlassen.
Ankunft mit Ansage
Wir sind da! Sieben Stunden und 25 Minuten sollte meine heutige Reise in die Hauptstadt planmäßig dauern, das hat der Fahrer spielend geschafft. Wir sind noch früher als geplant angekommen. Olaf ist sichtlich erfreut. In seiner zweiten und letzten Durchsage für heute gibt er bekannt, dass später wieder ein Bus seiner Firma zurück nach Köln fährt. Nicht mit ihm am Steuer, „keine Sorge“, sagt er. Im Bus sorgt das für Erheiterung.
Der ICE schafft die Strecke Köln-Berlin in gut viereinhalb Stunden, im Auto dauert es etwas länger, wenn man nicht rast. Der heute von mir genutzte Bus war wohlgemerkt die Express-Variante, der „normale“ braucht bisweilen über 10 Stunden. Das nun wieder ist eine Dauer, die ich so nicht auf mich nehmen würde. Auch nicht für einen besonders günstigen Preis.
Am Busbahnhof am Funkturm händigt Olaf seinen Fahrgästen ihre Koffer aus und parkt anschließend seinen Bus um. Mit der S-Bahn geht nun die Reise los in Richtung Innenstadt.
Haben Sie auch schon Ihre Erfahrungen mit dem Fernbus gemacht? Dann berichten Sie gerne unten in den Kommentaren!