Kann man Erfolg planen? Nein, diesen Stein der Weisen hat noch keiner gefunden. Aber zumindest kann man versuchen, mit einer optimalen Planung viele der möglichen Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Wir haben bei den Initiatoren von „Pebble“, „Coolest Cooler“ und bei anderen Crowdfundern nachgefragt, wie man – zumindest theoretisch – auf Kickstarter, Indiegogo & Co. seine Ziele erreicht. // von Jürgen Kroder
2,2 Milliarden Euro. Dieser Betrag kam im ersten Quartal 2015 weltweit über Crowdfunding zusammen. Damit fällt die Summe zwar um rund 600 Millionen Euro geringer als im Frühjahr 2014 aus, trotzdem finde ich die Zahl beeindruckend. Sie zeigt, dass die Finanzierung von Projekten über die Masse fruchtet und sich Schritt für Schritt etabliert.
Ja, man darf durchaus von einer Erfolgsgeschichte reden. Immerhin ist Schwarmfinanzierung noch ein recht junges Phänomen. Betrachtet man die offiziellen Statistiken, sieht man, dass das die Tendenz – unterbrochen von kleinen Einbrüchen – im Großen und Ganzen nach oben zeigt.
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Das große Geld und kleine Brötchen
Den Erfolgskurs merkt man auch bei den Geldern, die bei den einzelnen Projekten zusammenkommen. Eine der größten Erfolgsgeschichten sind die beiden Kampagnen zur Smartwatch „Pebble“: Der Erstling sammelte über Kickstarter rund 10,3 Millionen US-Dollar (umgerechnet rund 9,4 Millionen Euro) ein, der Nachfolger „Pebble Time“ erreichte mit 20,4 Millionen Dollar fast das Doppelte.
Auch andere Projekte erhielten in den letzten Jahren eine beeindruckende finanzielle Unterstützung. Zum Beispiel die Android-Spielkonsole „Ouya“ (8,6 Millionen Dollar), das Kartenspiel „Exploding Kittens“ (8,7 Millionen) oder der „Coolest Cooler“ (13,3 Millionen). Bei solch hohen Beträgen könnte man den Eindruck erhalten, dass es super einfach ist, gigantische Beträge über Kickstarter und Co. einzusammeln. Doch der Schein trügt natürlich.
Crowdfunding:Kein Zuckerschlecken
Zum einen dreht sich bei den Plattformen nicht immer alles um Millionen. Viele Initiatoren sind schon mit deutlich kleineren Summen zufrieden. Zum Beispiel die 103-Jährige Ella Balkow, die für ihren „Kalender einer Hundertjährigen“ 4.700 Euro über Startnext zusammen bekam. Damit erreichte die älteste Crowdfunderin Deutschlands zwar ihr geplantes Ziel, aber reich wurde sie damit nicht.
Nein, Crowdfunding ist weder ein Goldesel, noch ein Zuckerschlecken. Ganz im Gegenteil: Es braucht verschiedene Faktoren, damit man erfolgreich wird. Welche sind das? Wir haben dazu ein paar Initiatoren befragt.
Wann ist der richtige Zeitpunkt?
Worin sich nahezu alle einig sind: Das perfekte Timing gehört zum A und O. Ryan Grepper ist davon überzeugt, dass sein „Coolest Cooler“ unter anderem deshalb so erfolgreich war, weil die Kickstarter-Kampagne im Juli startete. In diesem Monat herrschten sommerliche Temperaturen, somit sind die Menschen für jede Art der Erfrischung offen gewesen.
Während die Hitze ein Vorteil für ein Kühl-Gadget ist, entpuppte sie sich für Axel Sarnoch als ein gewaltiger Nachteil. Sein Crowdfunding-Projekt für einen Film über das Taubertal-Festival startete am heißesten Tag des Jahres. Das Ergebnis: „Da war dann keiner am Rechner“, so Sarnoch. Laut ihm war das einer der wichtigsten Gründe, warum sein Vorhaben auf Startnext scheiterte.
Langfristige Ansprache der Zielgruppe
Was man ebenfalls auf jeden Fall bedenken muss: die Crowd. Also die Community, die über das Projekt redet. Oder auch nicht. Deswegen sei es extrem wichtig, dass man sich vor dem Start der Kampagne ein Netzwerk aufbaut und sich einen Namen macht – das sagt etwa Martin Pansy von „Nuki“ (kürzlich noch unter dem Namen „Noki“ bekannt)
Die Österreicher setzten auf einen Spannungsbogen. Das heißt, man ging auf Veranstaltungen und machte seine Idee durch Pressearbeit im Vorfeld bekannt. Dadurch gab es schon vor dem Start der Crowdfunding-Kampagne für das smarte Türschloss bereits 20.000 Newsletter-Abonennten. „Die Kampagne an sich wurde dadurch fast zur Pflichtübung degradiert“, sagt Pansy gegenüber BASIC thinking.
Gut laufende Kampagnen basieren auf einer aktiven Community, das ist auch die Meinung von Benjamin Bryant von Pebble Technology. Er ist sich sicher, dass der Erfolg der Smartwatches darin begründet liegt. Er fasst das BASIC thinking gegenüber so zusammen:
Beim Crowdfunding geht es um die Vernetzung von Projekten mit Menschen. Der Schlüssel zum Erfolg ist: Definiere, wofür du stehst, und kommuniziere das ganz klar.
Niemals aufgeben!
Eine weitere Weisheit, die Ben Bryant mitgeben möchte: „Es gibt immer noch einen Tag, um etwas zu verbessern“. Ryan Grepper formuliert es ähnlich: „Ich habe gelernt, dass Fehlschlägen kein schlechtes Ergebnis sind. Sie haben mich ermuntert wieder ans Zeichenbrett zu gehen.“ Damit unterstreichen die beiden Gründer das Mantra, das man immer wieder von Start-ups hört: Niemals aufgeben, stets aus Fehlern lernen und dann optimieren, optimieren, optimieren.
Gerade Grepper spielt damit auf ein Problem seiner Kampagne an: Der „Coolest Cooler“ kam im Jahr 2014 zwar sehr gut an und heimste eine Millionensumme ein, doch das fertige Produkt erschien bislang noch nicht. Man peile einen Aussand für das nächste Jahr an. Das bedeutet, die Unterstützer müssen sich in Geduld üben. Damit hier die Stimmung nicht kippt, ist auch nach der Kampagne eine gute Community- und PR-Arbeit nötig.
Zeige, was du hast
Was ist auf dem Weg zum Erfolg noch wichtig? Ein gutes Video, darin sind sich alle einig. Verständlich, immerhin ist das der erste Kontakt zum potentiellen „Investor“. In Bild und Ton kann man seine Vision am besten verdeutlichen. Deswegen sollte hier laut Bryant die Devise lauten: „Erschaffe das nach deinen Möglichkeiten beste Video.“
Ein ebenfalls entscheidender Faktor sei die Wahl der Plattform – also die Webseite, wo man seine Crowdfunding-Kampagne anbietet. Da Kickstarter weltweit der Platzhirsch ist, hätte ich aus der Hüfte geschossen behauptet, das sei die beste Wahl für den Erfolg. Doch da widersprechen mir meine Interview-Partner teilweise.
Kickstarter, Indiegogo oder Startnext?
Martin Pansy von „Nuki“ meint, dass die Plattform nur mittelmäßig wichtig sei, denn jede habe ihre spezifischen Vor- und Nachteile. Er ist der Überzeugung, dass ein gutes Produkt überall seinen Weg zum Erfolg finden kann. Diese Aussage unterstreicht auch der „Pebble-Vater“ Benjamin Bryant in gewisser Weise. Für ihn sei nicht die Größe einer Seite wichtig, sondern die Wahl der passende Community.
Axel Sarnoch stellte ganz andere Anforderungen. Er entschied sich für sein Taubertal-Video-Projekt ganz bewusst für Startnext.de, da er hier vom hohen Bekanntheitsgrad und von der freien Gestaltung der Provision profitieren wollte. Das ging leider schief, sein Projekt scheiterte. Einen Grund dafür sieht der Kameramann – neben dem ungeschickten Starttermin – darin, dass es von Startnext keine mobile Seite gibt. Dadurch gingen ihm 50 Prozent der Aufrufe verloren.
Fazit: Ohne Glück geht nichts
Ein tolles Video, perfektes Timing, ein von langer Hand geplanter Kommunikationsfahrplan und die Wahl der idealen Community – das scheinen also die wesentlichen Dinge einer erfolgreichen Crowdfunding-Kampagne zu sein. Was ebenso klar sein sollte: Ein Projekt steht und fällt natürlich mit seiner Idee bzw. dem Konzept.
Und einen Faktor sollte man zudem nie außer Acht lassen: das Quäntchen Glück. Nur das kann keine noch so gute Planung beeinflussen.
Bilder: Pebble, Statista, Nuki
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