Sie sorgen dafür, dass Kinder wieder gerne die heimischen vier Wände verlassen, um in der freien Natur auf die Jagd zu gehen. Hierbei fangen die Kids Fische, finden Elfen oder treffen auch mal auf einen ausgewachsenen Dinosaurer. Nein, wir reden nicht von Pokémon Go, sondern von anderen AR-Games, die nicht minder spannend klingen. Diese stammen von der anderen Seite des Erdballs und wurden von der Deutschen Melanie Langlotz mitentwickelt. Sie stand uns Rede und Antwort.
Pokémon Go und andere Augmented-Reality-Anwendungen
Seit ein paar Tagen laufen Kinder und Erwachsene wie Smombies durch die Städte und Gärten. Was da los ist? Na klar: Sie sind vom Pokémon-Go-Fieber erfasst, dass gerade weltweit grassiert. Die App geht steil wie eine Rakete durch die Decke und beschert Nintendo einen satten Aktiengewinn. Und das, obwohl die Idee dahinter nicht wirklich neu ist. Die echte Welt mit Smartphone-Inhalten anzureichern – sogenanntes Augmented Reality (AR) – gibt es schon länger. Zum Beispiel bei Ingress (dem inoffiziellen Vorgänger von Pokémon Go) und der Pinguin-Anwendung eines japanischen Zoos, bei dem dir putzige Pixel-Vögel den Weg dorthin zeigen. Oder beim „virtuellen Jurassic Park„, über den ich 2014 hier auf BASIC thinking berichtete.
In Letzteres war Melanie Langlotz involviert. Die gebürtige Deutsche lebt seit ein paar Jahren in Neuseeland und beschäftigt sich dort mit ihrem Team von GEO AR Games intensiv mit AR-Anwendungen. Ihre neuen Projekte Sharks in the Park und Magical Park erinnern an das Prinzip von Pokèmon Go. Das klingt interessant, fanden wir. Also baten wir Melanie zum Interview.
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BASIC thinking: Um was geht es bei euren Spielen bzw. AR-Apps?
Melanie Langlotz: Wir entwickeln Spiele, die technisch interessierte Kinder von der Couch runter- und an die frische Luft locken. Wir arbeiten mit sogenanntem „Geospatial Augmented Reality“ bzw. „Mixed Reality“. Das ermöglicht, dass Kindern in Parks tolle Fantasy-Welten erleben, als würden Feen, Drachen und Einhörner wirklich existieren.
Das Besondere an unseren Spielen ist, dass der Spieler sich durch diese 3D-Welten hindurch bewegen, auf Objekte oder Charaktere zugehen und mit ihnen interagieren kann. Die Spielregeln regen die Kinder zum Rumlaufen und Bewegen an.
Wie kamt ihr auf diese Idee?
Kinder wachsen heutzutage in einer technischen Welt auf und fangen oft schon in sehr jungen Jahren damit an, Games auf dem Handy oder Tablet zu spielen. Wenn’s an die frische Luft gehen soll, ist das Geschrei groß. Meine kleine Stieftochter war mit sieben schon nicht mehr daran interessiert, nach draußen zu gehen, weil es ihr im Gegensatz zu Videospielen zu langweilig war.
Wenn wir dann mal nach draußen gegangen sind, zeigte sie mir „Beweismaterial“, dass in der Nacht die Feen im Wald waren. Da wurde mir klar: Wenn ich ihr Feen im Wald zeigen kann, dann wird sie plötzlich auch wieder rausgehen wollen.
Man könnte also vereinfacht sagen, eure Apps sind eine Art Pokémon Go. Oder?
Nein. Pokémon Go ist in vielerlei Hinsicht anders als unsere Apps. Das Nintendo-Spiel ist es mehr auf Erwachsene ausgerichtet. Wir sind eher so eine Art Pokémon Go für Kinder. Unsere Spiele kann man nur auf einer großen, grünen Wiese oder auf einem Sportplatz spielen und nicht in der Nähe einer Strasse, einem Gewässer oder im Haus. Die Grenzlinien des Spiels werden automatisch angepasst. Es wird also nur dort gespielt.
Welche Inhalte bieten eure AR-Apps?
Wir haben zwei verschiedene Spiele: Sharks in the Park ist erhältlich für iOS und Android und kann überall in der Welt gespielt werden. Die Spielregeln sind einfach: Auf die Fische zulaufen, die im Park herumschwimmen, sie einsammeln und sich vom Haifisch fernhalten. Wenn der Spieler in die Nähe der Fischen kommt, schwimmen sie dem Spieler hinterher. Kommt der Haifisch zu nah dran, kriegen die Fische Angst und schwimmen weg. Es gibt auch eine Schatztruhe zu entdecken. Der Schlüssel liegt versteckt in der Unterwasser-Park-Welt.
Wichtig ist auch hier: Sharks in the Park muss weit weg von Straßen oder Gewässern gespielt werden, auch zuhause funktioniert es nicht.
In euren offiziellen Screenshots sieht man auch einen T-Rex. Was hat der mit Fischen zu tun?
Da Kinder auch gerne mal was anderes sehen möchten, haben wir die Dinosaurier-Welt hinzugefügt.
Worum geht es in eurem zweiten Spiel?
Das ist eine neue Art von digitalem Spielplatz, der für Gemeinden interessiert ist. Denn: Es wird immer schwerer, technikaffine Familien nach draußen ins Grüne zu locken. Deshalb recherchieren viele Städte, wie man die Technologie für Freizeitaktivitäten im Freien nutzen kann. Wir sind in der Lage, eine grüne, relativ ungenutzte Fläche in einen virtuellen Park mit Attraktionen zu verwandeln – und das ohne großen Aufwand. Im Moment testen wir gerade ein Pilotprojekt namens Magical Park, das kommt in den neuseeländischen Städten Auckland und Wellington in 13 Parks zum Einsatz. Der Pilot ist seit Ende Mai aktiv und endet Anfang September.
Seid ihr eigentlich neidisch auf den Erfolg von Pokémon Go?
Nur teilweise. Seitdem Pokémon Go aktiv ist, sind unsere Download-Zahlen nach oben geschossen. Und immer mehr Eltern senden über Twitter und Facebook Einladungen für Magical Park an andere Eltern, um von unserer Idee zu erzählen.
Trotz des Hypes ist Pokémon Go auch mit negativen Schlagzeilen in der Presse. Man liest von Datenspionage, Pokèmons in Gedenkstätten und so weiter. Wie ist das bei euch?
Wir sind sehr strikt, wenn es um Technologien für Kinder geht. Wir erlauben kein Marketing innerhalb des Spiels. Und wir geben auch die gesammelten Daten niemals an Dritte weiter oder verkaufen sie. Alles bleibt bei uns.
Wir sind aber offen, um aktive Kinder zum Beispiel mit Gutscheinen fürs Schwimmbad zu belohnen. Das war eine Idee von den Gemeinden, die gerne mehr aktive Kinder sehen würden und durch unser Spiel eine Möglichkeit entdeckt haben, andere Freizeitaktivitäten, die von der Gemeinde angeboten werden, attraktiver zu gestalten.
Was uns auch von Pokémon Go unterscheidet: Unsere Spiele können nur in Parks oder auf großen grünen Wiesen weit weg von der Strasse gespielt werden, da wir uns sehr der Konsequenzen bewusst sind. Und selbst dann versuchen wir an die Eltern zu appellieren, unsere Spiele nicht als Babysitter anzusehen und nach wie vor auf ihre Kinder aufzupassen! Wir tun was wir können, um die Kinder in einer sicheren Umgebung draußen zum Spielen zu animieren. Sollte ein Kind trotzdem auf eine Strasse zugehen, dann wird in unseren Apps der Bildschirm schwarz und ein Stoppschild leuchtet mit der derzeitigen englischen Warnung „Du bist zu nahe an der Strasse zum Spielen! Geh zurück in den Park!“ auf.
Aktuell kann man eure beiden Apps kostenlos herunterladen. Wie wollt ihr so Geld verdienen?
Sharks in the Park soll ab August für 4,99 neuseeländische Dollar kosten. Magical Park wird von den Gemeinden gesponsert und wir beginnen gerade, nach möglichen Test-Gemeinden außerhalb von Neuseeland zu suchen.
Plant ihr also einen Sprung nach Deutschland?
Im Prinzip können Eltern und Kinder jetzt schon Sharks in the Park testen, solange jemand den Kindern die Nachrichten von Englisch auf Deutsch übersetzt. Allerdings lässt sich die App in den deutschen App-Stores etwas schwer finden, deshalb empfehlen wir nach „Sharks in the Park Geo AR Games“ zu suchen.
Was Magical Park angeht: Wir würden uns sehr über interessierte Gemeinden in Deutschland freuen. Jede Gemeinde, mit der wir zusammen arbeiten, geht letztendlich eine Partnerschaft mit uns ein. Obwohl die Kosten für den Piloten sehr niedrig sind, ist es wichtig, dass Gemeinden an der Entwicklung beteiligt sind und eng mit uns zusammenarbeiten.
Vielen Dank für das Gespräch.