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Über das Journalism Project von Facebook und die Bündelung der Mediensouveränität

Social Media
geschrieben von Fabian Mirau

Facebooks „Journalism-Project“ zeigt mal wieder: Medienhäuser und IT-Unternehmen arbeiten immer enger zusammen. Kann das gut gehen?

Vor wenigen Tagen hat Facebook mit dem „Journalism Project“ die Wichtigkeit von Nachrichten auf der eigenen Plattform betont. Angekündigt auf dem hauseigenen Blog wurde eine stärkere Einbindung von Medienhäusern bei der Entwicklung neuer Formate und Produkte, der Ausbau von Schulungen zur optimalen Verwendung des sozialen Netzwerks für Journalisten und das Engagement bei der Förderung der Medienkompetenz seiner Nutzer.

Die Ankündigung reiht sich ein in einen schon recht lang andauernden Trend in der Techbranche: Das Anbieten von Nachrichten auf der eigenen Plattform. Facebooks „Instant Articles“, Apple „News“, Snapchats „Discover“-Funktion und das Einbinden von Links in „Instagram-Stories“, um nur ein paar Beispiele zu nennen, können alle auf ein ähnliches Ziel heruntergebrochen werden: Die Nutzer sollen mit Nachrichten versorgt werden, und zwar auf der eigenen Plattform.


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Mehr als nur Links posten

Die Versuchung klassischer Medienhäuser, auf solchen Plattformen das teilweise eingebüßte mehr-oder-weniger-Monopol der Informationsvermittlung und Meinungsbildung durch Social-Media-Aktivität wieder zurückzugewinnen, ist hoch. Und auch erfolgreich. Denn nirgendwo sonst tummeln sich im Internet mehr (junge) Menschen als auf Facebook, Snapchat und Co.

Allerdings geht die Social-Media-Aktivität einer Redaktion mittlerweile weit über das verlinken von Artikeln auf sozialen Netzwerken hinaus. Mit Funktionen wie Facebooks „Instant Articles“, die es ermöglichen, geschriebene Artikel direkt auf Facebook anzubieten, um die Ladezeit für den Nutzer zu minimieren, arbeitet man viel enger mit dem Netzwerk zusammen, gibt einen großen Teil der Verfügungsgewalt über die eigene Ware ab. Nutzern wird der umständliche, weil mit langen Ladezeiten verbundene, Umweg eines einfachen Links erspart.

Dabei spielt die Bequemlichkeit, die ein soziales Netzwerk wie Facebook als Knotenpunkt nahezu aller nötigen Alltagsinformationen bietet, beiden Seiten, also Plattform- und Medientreibenden, in die Karten. Nutzer müssen, um Nachrichten zu lesen, zu hören oder zu sehen, nicht mehr zwangsläufig die App wechseln, Medienhäuser erreichen potenziell eine weitaus höhere Reichweite (vor allem bei jüngeren Nutzern), können dank der Datensammeltechnologie einiger Netzwerke vielleicht sogar höhere Einnahmen erzielen und Social-Media-Plattformen verzeichnen eine längere Verweildauer ihrer Nutzer auf dem eigenen Netzwerk beziehungsweise in der eigenen App.

Wer seine Reichweite optimieren will, muss nach Facebooks Regeln spielen

Also eigentlich eine Win-Win-Win-Situation für Medienproduktion, Social-Media-Unternehmen und Nutzer. Wäre da nicht die Tatsache, dass Facebook und andere Plattformen private Unternehmen sind, die in erster Linie natürlich nach Profit streben. Ziel von sozialen Netzwerken ist es nicht, ihre Nutzer bestmöglich und nach journalistischen Maßstäben aufzuklären, sondern sie zu unterhalten. Das bedeutet auch, dass die Plattformen und ihre Algorithmen entscheiden, welche (journalistischen) Beiträge gut laufen und welche nicht.

Facebook versucht, seine Nutzer so lange wie möglich auf der eigenen Plattform zu behalten. Deshalb werden Verlinkungen zu fremden Artikeln und Videos (etwa von YouTube) vom hauseigenen Algorithmus mit einer geringeren Reichweite belohnt als Veröffentlichungen direkt auf der Plattform. Angeklickte Links werden selbstverständlich vorzugsweise im App-eigenen Browser geöffnet. Wer also die meisten Menschen erreichen will, muss direkt auf Facebook veröffentlichen und nach seinen Regeln spielen.

Wer die Kooperation mit Facebook eingeht, kann sich der zukünftigen Reichweite sicher sein. Medienhäuser geben aber so Schritt für Schritt ihre Macht über Technologie und Werbeeinnahmen durch selbst erstellte Beiträge ab. Die meisten Einnahmen fließen natürlich an Facebook. Und der Erfolg eines Beitrags ist für Journalisten schwieriger zu messen als auf der eigenen Website. Ähnliches gilt für Snapchat. In der Discover-Funktion sind nur einige wenige Inhalteanbieter wie CNN, Buzzfeed oder Mashable verfügbar, die eine Kooperation mit dem Messaging-Dienst eingegangen sind. Es wird wohl nicht mehr lange dauern, bis es auch eine deutschsprachige Version davon gibt.

Problematik des „Plattform-Journalismus“

Die Macht über journalistisch aufbereitete Informationen wird so immer mehr auf wenige Plattformen aus dem Silicon Valley gebündelt. Medienhäuser verlieren möglicherweise ihre alte Souveränität. Dieser Plattform-Journalismus kann problematisch sein, auch für große Medienhäuser. Ändert Facebook beispielsweise plötzlich seinen Algorithmus, könnten Reichweite und somit Erfolg ähnlich wie bei Google-Suchergebnissen schnell über Nacht sinken. So geschehen mit den Websites „Elite Daily“ und „Upworthy“.

Die Informationsgewalt vieler Medienhäuser überträgt sich also immer weiter an einige wenige Unternehmen, die ganz andere Interessen verfolgen. Eine Entwicklung, die Facebook mit seinem „Journalism Project“ wahrscheinlich weiter voran treiben möchte und die es zumindest kritisch zu hinterfragen gilt. Berichte über Facebooks Bestreben, in China durch die Entwicklung einer Zensur-Software Fuß zu fassen, tun dabei ihr Übriges. Eine konsequente demokratische Haltung, die für hiesige Medienhäuser eine Selbstverständlichkeit ist, ist bei Facebook offenbar weniger vorhanden.

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Über den Autor

Fabian Mirau

Fabian ist Politik-Student und arbeitet in Berlin für ein Redaktions- und Medienproduktionsbüro. Für BASIC thinking schreibt er beinah wöchentlich über Netzpolitik, Social Media und den digitalen Wandel. Also eigentlich über fast alles, was mit diesem Internet zu tun hat.

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