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Cove Drive: Warum Carsharing in asiatischen Megacitys so schwierig ist

geschrieben von Nicole Scott

Zum Einstieg ein paar Fakten:

  • Wir verbringen im Durchschnitt nur ungefähr 5% unserer Zeit im Auto.
  • Die Anzahl der so genannten „Megacitys“ soll bis 2030 von 31 auf 41 wachsen.
  • 9% der Weltbevölkerung werden in diesen Megacitys leben.

Es ist an der Zeit, dass wir das Konzept des privaten PKWs neu überdenken.

Hong Kong ist bereits heute die am viertdichtesten bevölkerte Stadt der Welt. Öffentliche Verkehrsmittel sind auch in dieser Stadt sehr praktisch, denn die Steuern für Autobesitzer sind in Hong Kong extrem hoch. Carsharing-Dienste breiten sich dagegen nur sehr langsam in Asien aus.

Dienstleister wie Zipcar gibt es in den USA bereits seit einem ganzen Jahrzehnt und obwohl das Konzept gut funktioniert, erfreut es sich in Asien noch keiner großen Beliebtheit.

Das Unternehmen Cove Drive möchte das nun ändern – ein ambitioniertes Ziel, denn Hong Kong ist eine Stadt ohne viele Parkplätze und mit Kfz-Steuern, welche die Kosten für ein Auto fast verdoppeln.

Für das Pilotprojekt arbeitet Cove Drive mit Gebäudeverwaltungsfirmen zusammen, welche die Autos in ihren Parkgaragen unterbringen werden.

Auch Cove Drives Geschäftsmodell basiert im Grunde auf simplem Carsharing. Der Fuhrpark wird zu Beginn nur aus firmeneigenen Autos bestehen, die in einem Einkaufszentrum in Hong Kong untergebracht sind. In Zukunft sollen aber auch Privatpersonen ihre Autos zur Verfügung stellen können.

Abholen und abstellen könnt ihr das Fahrzeug entweder auf dem Parkplatz eures Wohngebäudes oder dem eures Einkaufszentrums.

Im Moment beschränkt sich das Angebot auf Autos von Land Rover Jaguar und Infinity, aber Cove Drive ist bereit mit allen möglichen Autoherstellern zusammenzuarbeiten.

Damit Nutzer über die Cove-Drive-App die Autotüren aufsperren und anschließend auch das Auto starten können, musste die Firma einen Workaround finden. Denn kein Autohersteller wäre bereit, einem anderen Unternehmen Zugang zu ihrem BIOS zu gewähren oder den ODB2-Port zu öffnen. Wichtig war zudem, dass sich die Autos im Falle eines Diebstahls auch leicht außer Betrieb setzen ließen.

Peer-to-Peer Carsharing

Zugriff auf die Informationen der Autos bedeutet auch Zugriff auf Fahrdaten. In Zukunft soll auch „Peer-to-Peer“-Carsharing Teil des Konzepts werden. Wer sein privates Auto mit anderen teilen möchte, der kann sich also sicher sein, dass es nur an gute Autofahrer vermietet werden wird. Der oben erwähnte Workaround erlaubt es nämlich auch das Fahrverhalten der Fahrer aufzuzeichnen, wer also unvorsichtig fährt, bekommt eine Warnung und kann sogar vom Dienst ausgeschlossen werden.

Gleichzeitig könnte das Unternehmen auch mit Versicherungsunternehmen zusammenarbeiten und ihnen diese Fahrdaten verkaufen.

Obwohl das „Peer-to-Peer“-Konzept noch nicht zum Geschäftsmodell gehört, ist Cove Drive dieser Idee alles andere als abgeneigt. Gründer XT Khaw erwähnte in diesem Zusammenhang „Food Panda“ als positives Beispiel. Food Panda ist ein Lieferdienst, der hauptsächlich private Motorroller nutzt.
Um zu einem der führenden Anbieter für Carsharing-Dienste zu werden, möchte Cove Drive mit anderen Anbietern dieser Art zusammenarbeiten, anstatt zu versuchen, diese Unternehmen aufzukaufen und so alle Aspekte des Dienstes selbst zu kontrollieren.

Carsharing in asiatischen Megacitys

Traditionelle Carsharing-Geschäftsmodelle funktionieren in Hong Kong leider nicht sonderlich gut, werfen wir einen Blick auf den Grund.

„Nahtloses“ Carsharing ist besonders in den USA und in zahlreichen europäischen Städten sehr beliebt, denn dort lassen sich die Autos problemlos am Straßenrand parken und die Preise für Parkscheine sind einigermaßen angemessen und bezahlbar. In Hong Kong sind Parkplätze ein Luxusgut und es ist extrem schwierig, überhaupt einen Parkplatz zu finden, nachdem man sein Ziel erreicht hat.

Das Unternehmen „carshare.hk“ bietet ebenfalls Peer-to-Peer-Carsharing an und hat Schwierigkeiten damit, Angebot und Nachfrage ins Gleichgewicht zu bringen. Die meisten Menschen in Hong Kong fahren nämlich unter der Woche nicht mit dem Auto. Sie verwenden es größtenteils nur am Wochenende – gleichzeitig ist genau dann die Nachfrage nach Carsharing-Diensten am höchsten.

Audis „Audi at Home“-Programm geht ebenfalls in diese Richtung, auch wenn es sich hierbei nicht wirklich um Carsharing handelt. Es ist ein Concierge-Dienst, bei dem das Auto direkt zum Kunden gebracht wird. Audi macht sich hierbei den Lagerbestand der Autohändler zu Nutze. Keine schlechte Idee, denn dort stehen die Fahrzeuge die meiste Zeit nur ungenutzt in der Garage.

In den USA bieten Porsche und Cadillac zudem ein Abonnementmodell an. Kunden zahlen eine monatliche Gebühr und erhalten im Gegenzug Zugang zu einem Auto. Für die momentane Situation des Carsharings in Hong Kong ist dieses Modell jedoch zu progressiv. Auch Cove Drive befindet sich im Moment noch in der „Schulungsphase“ – für die potentiellen Kunden in Hong Kong ist es nämlich völlig neu, dass sich Autos mit dem Smartphone entriegeln und starten lassen. Man darf nicht vergessen, dass Zipcar bereits seit zehn Jahren in den USA verfügbar ist. Das Konzept an sich ist also bereits in weiten Teilen der Welt akzeptiert und bekannt.

Ein eigenes Auto zu besitzen oder ständig Zugang zu einem Fahrzeug zu haben sind zwei völlig unterschiedliche Dinge.

Ein weiterer interessanter Unterschied zu westlichen Märkten ist außerdem, dass sich die meisten Menschen lieber einen Siebensitzer mieten möchten als einen Kleinwagen oder ein Sportauto.

Der Grund dafür ist simpel: Sportautos und kleinere PKWs sind nicht gerade familienfreundlich und in Hong Kong leben häufig mehrere Generationen unter einem Dach. Bei Wochenendausflügen müssen also auch die Großeltern und die Kinder ins Auto passen.

Auch Uber hat Schwierigkeiten damit, ein ausreichend großes Aufgebot von Fahrzeugen bereitzustellen und ein Uber kostet in den meisten Fällen wesentlich mehr als ein gewöhnliches Taxi. Das Unternehmen muss die Fahrer möglichst gut bezahlen, sonst würden Uber noch weniger Autos zur Verfügung stehen. In anderen Städten versucht Uber dieses Problem zu lösen, indem es zunächst Autos kauft und diese anschließend den Fahrern per Leasingvertrag anbietet. In Hong Kong ist das leider nicht möglich, denn die Kosten für ein neues Auto betragen ungefähr das Doppelte des eigentlichen Werts des Fahrzeugs.

Dank der Unterstützung durch das Infiniti Innovation Lab hatte Cove Drive, ein Startup-Unternehmen aus Singapur, eine relativ sanfte Landung in Hong Kong. Finanziert wird das Pilotprojekt interessanterweise aber durch Land Rover Jaguars Venture Fund „InMotion“. Land Rover Jaguar hat sich bereits als kluge Wahl erwiesen, da das Unternehmen die gesamte Fahrzeugflotte für das Pilotprojekt bereitstellte.

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Nicole Scott