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Warum der stagnierende Smartphonemarkt für Innovation sorgt

geschrieben von Nicole Scott

Smartphones sind nicht sonderlich robust und werden von Jahr zu Jahr größer. Touchscreen-Tastaturen sind nicht unbedingt das optimale Eingabegerät, die Akkus sind für Dauernutzer mittlerweile einfach zu klein und häufig leiden die Geräte unter Sicherheitsproblemen. Hinzu kommt, dass Nachfolgemodelle aufgrund unbedeutender Neuerungen den jährlichen Kauf eines neuen Smartphones kaum rechtfertigen.

Ich kann dazu nur eins sagen: ZUM GLÜCK! Anstatt uns Jahr für Jahr darüber zu beschweren, dass der Fortschritt auf dem Smartphonemarkt nicht mehr so groß ist wie früher, können wir uns endlich um das eigentliche Problem kümmern: „Wie kann ich mein Smartphone nutzen, um mein Leben tatsächlich besser zu machen?“

Im Huawei Mate 20 Pro steckt einiges an Technik – ein optischer Fingerabdrucksensor, eine Frontkamera mit zahlreichen Sensoren, die bei der Gesichtsentsperrung für mehr Sicherheit sorgen und eine verbesserte Kamerasoftware mit Master AI 2.0, dank der ihr noch bessere Fotos machen könnt.

Fingerabdruckscanner, die in das Display integriert sind, noch dünnere Bildschirmränder und Features wie die Gesichtsentsperrung sind von einem technologischen Standpunkt aus gesehen zwar unglaublich cool, ändern letztendlich aber nicht die grundlegende Art und Weise, wie wir mit unseren Smartphones interagieren.

Die traurige Wahrheit ist, dass Innovation nicht automatisch für Erfolg sorgt – HTC ist wohl das beste Beispiel für diese Tatsache. Im HTC Evo 3D kam eine der ersten Dual-Kameras zum Einsatz, damals noch für 3D-Fotos, aber 2014 war mit dem One M8 auch ein nachträgliches Scharfstellen der Bilder möglich. Dieses Konzept diente als Vorlage für die Dual-Kameras von heute. Und obwohl HTC ein Pionier auf diesem Gebiet war, ist der Hersteller heutzutage nicht sonderlich erfolgreich.

HTC entwickelte außerdem druckempfindliche Seitenränder, Hi-Res-Audioaufnahmen mit Stereoton und viele weitere interessante Features. Was hat HTC all diese Innovation gebracht?

Innovation dient zur Messung von technologischer (und vielleicht auch ökonomischer) Überlegenheit. Sie sorgt für Schlagzeilen und Begeisterung. Vielen Herstellern scheint das heutzutage wichtiger zu sein als die eigentlichen Verkaufszahlen.

Die Veröffentlichung des Mate 20 Pro hat mir vor allem eine Sache vor Augen gehalten: die Hersteller, die ich am überzeugendsten finde, entwickeln ihre Produkte nicht in einer Blase. Stattdessen verfügen sie über eine ganzheitliche Sichtweise und sind sich bewusst, welchen Platz ihre Geräte in einem Ökosystem einnehmen, an dem auch sie durch ihre unterschiedlichen Unternehmenslösungen mitwirken.

Ihr habt bestimmt einen Artikel über Smartphones erwartet, aber im Sinne der Mobilität möchten wir Smartphones wie das Mate 20 Pro als Teil eines Puzzles betrachten. Eine Sichtweise, die auch viele Hersteller teilen.

Wenn es um Innovation in Sachen Smartphones geht, steht im Mittelpunkt, wie sie sich in das Gesamtbild der Mobilität einfügen.

Bei Mobile Geeks stellen wir gerne Fragen wie „Wie reisen wir?“ und „Wie leben wir?“.

Wir können beobachten, wie sich die Zukunft der Mobilität verändert – wir nutzen Smartphones, um mit der Welt zu interagieren, aber mittlerweile auch mit Konzepten der Mobilität wie beispielsweise autonomen Autos.

Letztes Jahr stellte Huawei ein semi-autonomes Fahrzeug vor, welches von einem Mate 10 Pro angetrieben wurde. Der Porsche Panamera besaß an sich keinerlei Selbstfahrfunktionen. Ein auf dem Dach montiertes Kamerasystem übertrug Umgebungsaufnahmen direkt auf das Smartphone. Der Hisilicon Kirin 970 verarbeitete anschließend die Bilder über eine App, die in nur 5 Wochen mit Kerve entwickelt worden war. Das Auto war in der Lage, Hindernissen auszuweichen und Objekte zu erkennen.

Die technologische Innovation in Huaweis Prozessoren berücksichtigt das gesamte Ökosystem der Mobilität. Für große Unternehmen ist es zwar oft schwierig, flexibel zu bleiben, aber dafür können sie bei der Entwicklung ihrer Produkte das Gesamtbild im Blick behalten.

Huawei ist ein großer Befürworter des digitalen Wandels im Unternehmenssektor. Die Vision des Herstellers ist es, alle Personen, Haushalte und Unternehmen auf digitale und intelligente Art und Weise miteinander zu verknüpfen.

Smartphones existieren innerhalb eines Ökosystems und Huawei arbeitet aktiv an Lösungen für sechs große Wirtschaftsbereiche: Smart City, Finanzen, Produktion, Energie, Transport und Einzelhandel.

In Sachen Smart City arbeitet Huawei beispielsweise an einer Lösung namens Intelligent Operation Center (IOC), die als digitales Gehirn einer Stadt dient und die digitale Welt mit der echten Welt verbindet. Mithilfe von Big Data, maschinellem Lernen und künstlicher Intelligenz kann das IOC den täglichen Betrieb der Stadt visualisieren.

In Zukunft werden wir jederzeit und überall Gebrauch von unseren Daten machen und das Smartphone ist nur einer von vielen Wegen, um auf Informationen zuzugreifen. In der Vergangenheit waren Smartphones noch das einzige Mittel, um unterwegs das Internet zu nutzen. Mittlerweile sind auch das Smartdisplay in der Küche, unsere Smartspeaker, TV-Geräte und Autos mit dem Internet verbunden. Auf der Suche nach Informationen und Antworten wenden wir uns mittlerweile nicht nur an unsere Smartphones, sondern an unsere gesamte Umgebung.

Innovation gibt es auch heute noch, nur lässt sie sich nicht länger anhand der technischen Spezifikationen unserer Smartphones messen.

Selbst Apple ist in Sachen Innovation zu einem Stillstand gekommen. Wenn ich wetten müsste, würde ich darauf setzen, dass man bei Apple an autonomen Fahrzeugen arbeitet.

Ben Thompson von Stratchery hat ausgerechnet, wie viele Leute an Apples „Project Titan“ arbeiten. Öffentlichen einsehbaren Informationen zufolge sind es 5.000 von Apples 130.000 Mitarbeitern. Davon haben 2.700 Personen Zugang zur Projektdatenbank.

Verleihen wir diesen Zahlen ein wenig Kontext. Im Jahr 2010 hatte Apple 50.000 Mitarbeiter, wovon ganze 80 % in den Apple Stores arbeiteten. Wenn die aktuelle Verteilung ähnlich aussieht, befinden sich im Moment rund 25.000 Leute auf dem Apple Campus. Damit wären dort offiziell 20 % der Angestellten am Projekt beteiligt. Für ein unveröffentlichtes Produkt ist das eine unglaubliche Menge.

Jetzt, da wir uns nicht mehr jedes Jahr ein neues Smartphone kaufen müssen, können sich die Hersteller endlich darauf konzentrieren, wie die Zukunft der Mobilität jenseits von Smartphones aussehen wird.

Versteht mich nicht falsch, im Mate 20 Pro steckt viel coole Technik und Huawei wird deshalb bestimmt in aller Munde sein. Wenn wir uns aber wirklich inspirieren lassen wollen, müssen wir einen Blick darauf werfen, welche Rolle die Hersteller für das Smartphone in Sachen Mobilität im Sinn haben.

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Nicole Scott