Wirtschaft

Female Founders Monitor: So steht es um Gründerinnen in Deutschland

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Der Female Founders Monitor beschäftigt sich mit der Situation von Gründerinnen in Deutschland. (Foto: Pixabay.com / Free-Photos)
geschrieben von Carsten Lexa

Über die Rolle von Frauen in der deutschen Gründer-Szene wird viel diskutiert. Der Female Founders Monitor hat sich erstmals ausführlich mit der Thematik beschäftigt. Wir haben alle zentralen Fakten zu Gründerinnen in Deutschland zusammengefasst.

Wie sich die Start-up-Szene und deren Gründer darstellen, das beschreibt seit sechs Jahren der Startup Monitor des Deutschen Startup-Verband.

In der letzten Woche habe ich mir diesen Bericht näher angesehen und fand eine Zahl, die herausstach: Nur knapp 15 Prozent der befragten Start-ups wurden von Frauen gegründet.


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Es wird also Zeit, sich mit den Hintergründen der niedrigen Gründungsaktivität zu befassen. Dazu wurde in diesem Jahr der erste Female Founders Monitor (FFM) herausgebracht. Schauen wir mal, was der so zu bieten hat.

Der Daten-Pool

In den FFM sind die Daten von 1.823 Start-ups, 145 Solo- oder Team-Gründungen mit ausschließlich weiblichen Gründerinnen, 1.311 Solo- oder Team-Gründungen mit ausschließlich männlichen Gründern sowie 367 Mixed-Teams mit weiblichen und männlichen Team-Mitgliedern eingeflossen.

Diese Unternehmen haben insgesamt 19.836 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen.

Der FFM basiert dabei auf den Daten des Deutschen Startup Monitors und folgt dessen Definition des Start-up-Begriffs: Start-ups sind jünger als zehn Jahre, sind mit ihrer Technologie und / oder ihrem Geschäftsmodell (hoch) innovativ und haben ein signifikantes Mitarbeiter- und / oder Umsatzwachstum oder streben es an.

Der Trend

Seit Jahren geht ein Trend kontinuierlich nach oben: Es gibt immer mehr Gründerinnen. 2018 betrug die Quote der Start-ups mit ausschließlich weiblichen Gründerinnen 14,6 Prozent. Und immerhin in rund 28 Prozent aller Start-ups sind Frauen als (Mit-)Gründerinnen vertreten.

Nichtsdestotrotz stimmt leider aber auch noch der Gegentrend: Start-ups werden überwiegend von Männern gegründet.

Die Gründer-Standorte

Frauen gründen am häufigsten in Berlin, Baden-Württemberg und Niedersachsen. In diesen Bundesländern übertreffen diese Gründungen auch die Zahl der Gründungen mit ausschließlicher Männer-Beteiligung. In Bayern, Nordrhein-Westfalen und Hessen beispielsweise überwiegen die rein männlichen Gründungen.

Das Alter und die Neigung zu Serien-Gründungen

Interessant ist, dass Frauen etwas älter sind, wenn sie gründen. Dies führt zu einem größeren Anteil von Gründerinnen im Alter von 35 bis 44 beziehungsweise 45 bis 54 Jahren. Männliche Gründer hingegen verzeichnen einen höheren Anteil in den Altersgruppen 18 bis 24 und 25 bis 34 Jahre.

Und noch etwas ist interessant: Frauen gründen weniger häufig als Männer zum zweiten oder dritten Mal (29 Prozent zu 49 Prozent).

Der Einfluss der Digitalisierung auf Geschäftsmodelle

Vergleicht man die Bewertung zum Einfluss der Digitalisierung auf das Geschäftsmodell zwischen den Geschlechter-Gruppen fällt auf, dass Frauen ihr Geschäftsmodell weniger durch die Digitalisierung beeinflusst sehen als Männer.

Dieses Ergebnis kann möglicherweise durch die unterschiedlichen Ausbildungsschwerpunkte und Gründungs-Branchen von weiblichen und männlichen Gründern erklärt werden.

Nach dem FFM studieren Frauen deutlich seltener MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) als Männer. Bei Männern liegen insbesondere Studienabschlüsse in den Bereichen Informatik, Computer Science oder Mathematik (28 Prozent bei Männern, 7,9 Prozent bei Frauen) sowie Ingenieurswissenschaften (19 Prozent bei Männern, sechs Prozent bei Frauen) hoch im Kurs.

Frauen präferieren im Gegensatz dazu kreative oder soziale Fächer. Vor allem gilt das für die Bereiche Geistes-, Kultur- und Sozialwissenschaften (18 Prozent bei Frauen, fünf Prozent bei Männern) sowie im Grafikdesign oder anderen künstlerischen Feldern (zehn Prozent bei Frauen, drei Prozent bei Männern).

Schaut man sich die Branchen an, in denen gegründet wird, ergibt sich ein sehr klares Bild mit deutlichen Präferenzen. Frauen gründen dreimal so häufig wie Männer im Bereich E-Commerce (18 Prozent zu fünf Prozent). Eine noch größere Differenz zeigt sich in der Bildungs-Branche (14 Prozent zu drei Prozent).

Andersherum zeigt sich, dass Männer deutlich häufiger in technischen Branchen gründen. So lassen sich insbesondere in den Bereichen IT und Software-Entwicklung (sechs Prozent zu 22 Prozent), Software as a Service (zwei Prozent zu 14 Prozent) und industrielle Technologie und Produktion sowie Hardware (drei Prozent zu zehn Prozent), welche insgesamt 46 Prozent aller Gründungen ausmachen, deutliche Unterschiede identifizieren.

Die Einstellung zu Innovation, Risiko und Wachstum

Wie man oben gesehen hat, haben Gründerinnen einerseits einen anderen Ausbildungs-Hintergrund als Gründer. Andererseits gründen sie ihre Start-ups auch in anderen, insbesondere nicht-technischen Bereichen. Das ist natürlich nicht negativ.

Schaut man aber auf die gegründeten Start-ups hinsichtlich des Glaubens an eine innovative Geschäftsidee, so sehen Gründerinnen diese bei weitem nicht so deutlich wie Gründer. 31 Prozent der Gründerinnen halten ihr Geschäftsmodell für (hoch) innovativ, wohingegen dies 66 Prozent der Gründer sagen.

Frauen gründen häufiger alleine als Männer. Dagegen gründen Männer regelmäßig mit zwei oder drei Personen. Dieses Ergebnis könnte auf verschiedene Gründe zurückzuführen sein. Frauen gründen öfter im Nebenerwerb statt hauptberuflich, um die Selbständigkeit zunächst für sich selbst zu prüfen.

Hinzu kommt, dass Frauen häufiger kleine Unternehmen gründen und geringere Wachstums-Ambitionen als Männer haben. Schließlich wäre es denkbar, dass Männer häufiger auf etablierte Netzwerke innerhalb des Start-up-Ökosystems zurückgreifen als Frauen.

In diesem Zusammenhang ist auch noch interessant, dass Start-ups von Frauen durchschnittlich weniger Mitarbeiter beschäftigen als Start-ups von Männern (sechs gegenüber zwölf) und auch weniger Einstellungen planen (vier gegenüber acht).

Gründerinnen und das Geld

Was die Strategie des Unternehmens angeht, so priorisieren Frauen die Profitabilität. Männer fokussieren sich auf die Produktentwicklung und ein schnelles Unternehmenswachstum.

Schließlich noch ein paar Worte zu den Finanzen. Hier zeigt sich nicht nur, dass Frauen weniger externes Kapital erhalten als Männer (48 Prozent zu 54 Prozent). Gemischte Teams erhalten mit 60 Prozent am ehesten externes Kapital.

Gründerinnen planen auch seltener mit einer weiteren externen Kapitalaufnahme als Männer (30 Prozent zu 55 Prozent).

Dieses Ergebnis kann darauf hindeuten, dass Frauen es zum einen schwerer haben, externe Geldgeber von ihren Qualitäten zu überzeugen. Zum anderen könnte es bedeuten, dass Gründerinnen häufiger keine weitere Kapitalaufnahme anstreben, weil sie seltener Expansionen planen.

Demgegenüber planen Start-ups, die ausschließlich von Männern geleitet werden, häufiger mit einer weiteren Kapitalaufnahme, weil sie häufiger als Frauen eine Wachstumsstrategie verfolgen und die Position zum Wettbewerb stärken möchten.

Und noch etwas wäre denkbar: Man kann den Eindruck gewinnen, dass die allgemein höhere Risiko-Neigung von Männern auch im Bereich der Start-ups zu erkennen ist.

Gründerinnen scheinen weniger in die unsichere Ferne zu schweifen, als vielmehr kleinere Brötchen zu backen, um dabei den Überblick nicht zu verlieren. Ebenfalls wollen Frauen weniger von externen Faktoren abhängig sein.

Der Umgang mit dem Scheitern

Scheitern ist ein zentrales Thema, das für Start-ups immer wieder zu Recht diskutiert wird. Der FFM hat Gründerinnen und Gründer gefragt, was sie tun würden, wenn sie mit ihrem aktuellen Start-up scheitern würden.

Das Ergebnis zeigt: Frauen würden seltener ein weiteres Start-up gründen als Männer (49 Prozent zu 66 Prozent). Diese Ergebnisse könnten darauf hindeuten, dass Frauen im Falle des Scheiterns eine erneute Gründung vorsichtiger und kritischer bewerten als Männer.

Welche Schlüsse kann man daraus ziehen?

Unterschiede zwischen Gründerinnen und Gründern gibt es viele.

Frauen gründen und planen vorsichtiger – auch weil sie weniger Geld erhalten. Dabei sind sie aber gewinnorientierter als männliche Gründer, die zuerst eher auf Wachstum zielen.

Und schaut man auf die Bereiche, in denen Gründerinnen aktiv sind, stehen E-Commerce und Bildung im Vordergrund. Männer zielen mit ihren Geschäftsideen auf Software-Entwicklung und Technik.

Die Bedingungen für Frauen in der Start-up-Welt haben sich in den vergangenen Jahren erfreulicherweise verbessert. Ein Blick auf das globale Start-up-Ökosystem verdeutlicht jedoch: Die Gründungs-Landschaft ist noch immer alles andere als ausgeglichen.

Welche Lehren kann man nun aus dem FFM ziehen? Zum einen brauchen Frauen wohl andere Netzwerke, als es die alten „old boys clubs“ bieten.

Die Plattform Startup-Unternehmerinnen-Netzwerk (SUN) für starke Frauen, die sich für Start-ups stark machen und die unter anderem von der ehemaligen Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries unterstützt wird, geht wohl in die richtige Richtung.

Denn daraus entwickeln sich andere Kapitalgeber, andere Mentoren und insgesamt andere Aktive, als derzeit in der Szene unterwegs sind.

Außerdem sollte man jedoch beim Risiko ansetzen. Wie der FFM an verschiedenen Stellen zeigt, besteht bei Gründerinnen eine größere Scheu gegenüber Risiken aller Art.

Außerdem scheint es so, als würden sie ein mögliches Scheitern schlechter verkraften. Die Gründe dafür zu erörtern und diese zu beseitigen, scheint mir ein guter Ansatz zu sein, um Gründerinnen mit ihren Start-ups sinnvoll zu unterstützen.

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Über den Autor

Carsten Lexa

Rechtsanwalt Carsten Lexa berät seit 20 Jahren Unternehmen im Wirtschafts-, Gesellschafts- und Vertragsrecht. Er ist Lehrbeauftragter für Wirtschaftsrecht, BWL und Digitale Transformation sowie Buchautor. Lexa ist Gründer von vier Unternehmen, war Mitinitiator der Würzburger Start-up-Initiative „Gründen@Würzburg”, Mitglied der B20 Taskforces Digitalisierung/ SMEs und engagiert sich als Botschafter des „Großer Preis des Mittelstands” sowie als Mitglied im Expertengremium des Internationalen Wirtschaftsrats. Er leitete als Weltpräsident die G20 Young Entrepreneurs´Alliance (G20 YEA). Bei BASIC thinking schreibt Lexa über Themen an der Schnittstelle von Recht, Wirtschaft und Digitalisierung.

2 Kommentare

  • Vielen Dank für diesen informativen Beitrag zur FFM-Studie. Es ist schade, dass nicht mehr Start-ups von Frauen gegründet werden. Bekannterweise unterstützt SAP in den kommenden Jahren Frauen-Startups mit Summen zwischen 100.000 und 250.000 USD je Unternehmen. Auf der vergangenern DLD-Konferenz äußerte der Strategiechef SAP dazu einen m. E. nach sehr schönen Satz:
    „Auch wenn SAP vor allem in Bereichen investieren will, die inhaltlich nahe an den Aktivitäten des Konzerns liegen […] ergebe das Vorhaben für SAP unternehmerischen Sinn, betont Krishnamurthy: Frauen hätten oftmals die besseren Ideen, gleiches gelte für Minderheiten. Eine diversifizierte Sicht bringe oft viel funktionalere Lösungen, so der SAP-Strategiechef“(nachzulesen auf https://www.gruenderszene.de/business/sap-frauen-minderheiten)

    Bekannterweise setzt auch die japanische IT-Branche auf den kreativen Einfluss weiblicher Mitarbeiterinnen bei Erstellung von Software & Co.

    Es ist schön zu lesen, dass – auch mit Tendenz zur männlichen Start-up Gründung – auch die Gründung durch Frauen zunimmt.

    • Liebe Miriam, vielen Dank für deinen Kommentar. Ich bin in der Tat der festen Überzeugung, dass mehr weibliche Gründer eine Bereichung für die Startup-Szene insgesamt sind. Das macht ja auch Sinn: Auch in Startup-Teams wird immer wieder betont, dass ein Team stärker ist, wenn es aus unterschiedlichen Charakteren und Personen besteht. Warum soll das auf einer größeren Ebene, der gesamten Startup-Szene, anders sein? Viele Grüße, Carsten Lexa