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Krankschreibung bequem per WhatsApp – dank eines Rechtsanwalts

AU-Schein, Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung, Krankschreibung
Bei einer normalen Erkältung für den Arbeitgeber den Arzt aufsuchen, ist für viele Erkrankte lästig. Eine Hamburger Firma macht jedoch diesen Besuch unnötig. (Foto: pixaby.com / Wokandapix)
geschrieben von Philip Bolognesi

Seit Ende 2018 sorgt ein Hamburger Unternehmen für Aufruhr: Denn AU-Schein bietet einen neuen Service für Krankschreibung bei Erkältung per WhatsApp an – ohne den lästigen Arztbesuch. Ärzte wie Arbeitgeber sehen diesen Service skeptisch.

Sich bei einer einfachen Erkältung aus Bett und Wohnung zu schälen, um beim Arzt weiteren Triefnasen und hüstelnden Patienten zu begegnen, ist weder einladend noch gesundheitsförderlich.

Und all dies nur, um die gelbe Bescheinigung der Arbeitsunfähigkeit für den Arbeitgeber abzuholen. Denn je nach Arbeitsvertrag wollen manche Chefs oder Personalabteilungen diesen schon am ersten Tag der Krankmeldung erhalten.


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Dass dieses Prozedere heute viel einfacher geht, glaubt auch der Rechtsanwalt Can Ansay. Deshalb hat er das Unternehmen AU-Schein ins Leben gerufen.

So bekommen Patienten den begehrten AU-Schein – für neun Euro

Um eine Krankschreibung zu erhalten, muss der Nutzer die Firmenseite aufrufen und dort einen entsprechenden Fragenkatalog ausfüllen. Da die Symptome bei einer Erkältung immer die selben sind, erhält der Patient einen definierten Fragenkatalog. Andere Krankheitsbilder unterstützt der Service nicht.

Der weitere Dialog mit einer Ärztin geschieht ausschließlich über den Ende-zu-Ende-verschlüsselten Messenger WhatsApp. Hierüber gibt der Patient seine persönlichen Daten sowie seine Versichertenkarte per Foto preis.

Laut den Angaben des Firmengründers Ansay entspricht dieses Vorgehen der europäischen Datenschutz-Grundverordnung.

Gegen Bezahlung von neun Euro über Paypal, die nicht von den Krankenkassen erstattet werden, erhält der Patient via Messenger die Bescheinigung als Foto sowie per Post in gedruckter Form.

Laut eigenen Angaben sind Ärzte mit deutsche Approbation für AU-Schein tätig.

Telemedizin via WhatsApp – ein gelockertes Fernbehandlungsverbot macht es möglich

All dies möglich macht eine Änderung in der Berufsordnung der Ärztekammer des Bundeslandes Schleswig-Holstein. Sie weicht von der Muster-Berufsordnung der Bundesärztekammer ab und lässt daher einen Einsatz der Telemedizin zu.

Daher ist diese Art der Online-Behandlung seit Mai 2018 in fast allen Bundesländern in Deutschland im Einzelfall zulässig, in Schleswig-Holstein gar systematisch.

Ebenso wichtig: Die zuständige Privat-Ärztin, die täglich von Hamburg nach Schleswig-Holstein reist, verfügt über keine eigene Praxis. Auch kann sie keine zugelassene kassenärztliche Bescheinigung vorweisen.

Trotzdem müssen die Krankenkassen die Arbeitsunfähigkeit anerkennen, auch wenn diese eine Ärztin ohne Kassenzulassung ausstellt. Was für erkrankte Arbeitnehmer bequem und einfach klingt, stößt jedoch bei Arbeitgebern, Ärzten und Datenschützern auf erheblichen Widerstand.

Aktuell prüft die Rechtsabteilung der Ärztekammer das Geschäftsmodell. Kritikpunkt ist hier der Unterschied zwischen Fernbehandlung und Fernausstellung. Wohl auch deshalb, da die zuständige Kammer in Schleswig-Holstein bei der Regelung der Berufsordnung eine Behandlung via Messenger nicht einbezogen hatte.

Krankschreibung via Messenger: Gelegenheit für Blaumacher oder zukunftsorientierter Medizin-Service?

Wie auch immer die Prüfung dieses neuen medizinischen Angebots von AU-Schein ausgehen mag: Der Service erspart den lästigen Arztbesuch bei einer profanen Erkältung und reduziert die Gefahren einer weiteren Ansteckung.

Ebenso vorteilhaft: Der Service kann 24 Stunden am Tag genutzt werden. Damit gehören Sprechzeiten und Termine bei diesem Krankheitsbild der Vergangenheit an. Reicht der Patient seine Bestellung der AU-Bescheinigung werktags am Morgen ein, erhält er den gelben Schein bis zum Abend per WhatsApp.

Selbst im Urlaub können Patienten das Angebot wahrnehmen, sodass Urlaubstage nicht zu Krankentagen werden.

Um jedoch Arbeitgeber vor Betrug von Seiten ihrer Angestellten zu schützen, erlaubt AU-Schein einem Patienten nur zweimal im Jahr, den Online-Dienst in Anspruch zu nehmen. Wie und ob dies jedoch das Hamburger Unternehmen kontrolliert, ist fraglich.

Trotzdem ist dieser Schritt grundsätzlich sehr zielführend und sollte beachtet werden. Denn schließlich wird AU-Schein nur dann mit seinem Angebot an Umsatz kommen, wenn es unter Arbeitgebern, Krankenkassen und Ärzten gleichermaßen anerkannt und akzeptiert wird.

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Über den Autor

Philip Bolognesi

Philip Bolognesi war von 2018 bis 2020 in der Redaktion von BASIC thinking tätig. Er hat Kommunikationswissenschaften studiert und ist zertifizierter Social-Media-Manager. Zuvor hat er als freiberuflicher Online-Redakteur für CrispyContent (Serviceplan Berlin) gearbeitet und mittelständische Unternehmen in ihrer Online-Kommunikation beraten. Ihn trifft man häufig im Coworking-Space Hafven in Hannover.