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Was uns der US-Shutdown über die Zukunft der Mobilität sagt

geschrieben von Nicole Scott
[mg_blockquote cite=“VOX – The real reason American public transportation is such a disaster“]Die meisten amerikanischen Politiker – und Wähler – betrachten den öffentlichen Nahverkehr als ein Sozialhilfeprogramm[/mg_blockquote]

Die USA werden oft als Wegbereiter für die Zukunft der Mobilität angesehen. Als Folge der aktuellen politischen Turbulenzen lässt sich jedoch erkennen, dass das amerikanische Verständnis von Mobilität immer noch in der Vergangenheit feststeckt. Es ist in der Idee verwurzelt, dass Mobilität und öffentliche Verkehrsmittel private Güter sind. Der Haushaltsstreik der US-Regierung, der längste in der Geschichte des Landes, lässt sich auf Präsident Trumps Plan zum Bau einer Mauer zurückführen, mit der er Mexikaner an der Einwanderung hindern möchte. Die Auswirkungen des Shutdowns brachten den öffentlichen Nahverkehr der USA zum Stillstand und ließen deutlich werden, wer in den USA mobil sein darf.

Grenzüberschreitende Migration ist ein Thema, welches bereits in vielen anderen Ländern mit dem Bau einer Mauer angegangen wurde. Aber an dieser Stelle möchten wir nicht Trumps fremdenfeindliche Mission diskutieren – wir interessieren uns für die Fragen hinsichtlich des öffentlichen Nahverkehrs, die als Folge von Trumps Handeln zu Tage getreten sind. Und während andere Länder Mauern gebaut haben, um Einwanderer zu stoppen (wie die israelische Gaza-Grenzanlage, die eher ein smarter Zaun ist – effektiv, aber verwurzelt in der Regionalpolitik), haben die USA es versäumt, ausreichend öffentliche Verkehrsmittel bereitzustellen, um den Bewohnern des Landes zu helfen.

Toronto, Canada – TTC

Europäische, asiatische und kanadische Städte sehen im öffentlichen Nahverkehr einen äußerst wichtigen Nutzen. In Zeiten politischer Turbulenzen wird deutlich, wie sehr die USA bei der Innovationsförderung auf den Privatsektor angewiesen sind. Dieser grundlegende Unterschied erklärt auch, weshalb die ersten erfolgreichen Carsharing-Dienste in den USA entstanden sind.

Die Trump-Regierung hat dem öffentlichen Verkehr keinerlei Unterstützung zukommen lassen. Die ersten beiden Haushaltsanträge des Präsidenten forderten die Stilllegung wichtiger Programme, die finanzielle Mittel für den öffentlichen Nahverkehr bereitstellen. Darunter befinden sich das kompetitive TIGER-Programm, Investitionszuschüsse (Capital Investment Grants, CIG) für den Bau neuer Nahverkehrssysteme und die Finanzierung wichtiger Verbesserungsarbeiten sowie die Finanzierung von Intercity-Bahnstrecken.

Dieser Schritt soll wahrscheinlich seine Wählerbasis ansprechen, die größtenteils nicht in den urbanen Gegenden lebt und glaubt, dass sie von den Investitionen in öffentliche Verkehrsmittel nicht profitiert.

Während des Shutdowns war die Federal Transit Administration nicht in der Lage, ihre wöchentlichen Zahlungen in Höhe von 250 Millionen Dollar zur Unterstützung des öffentlichen Nahverkehrs an lokale Dienstleister und die Regierungen der Bundesstaaten zu zahlen. Am 35. Tag des Shutdowns lagen die rückständigen Zahlungen bereits bei etwa 1 Milliarde US-Dollar.

Den Zahlen nach zu urteilen, sollten Ausgaben in dieser Höhe für eine wesentlich bessere Servicequalität sorgen!

Wenn die USA also 250 Millionen US-Dollar pro Woche ausgeben, warum ist die Lage so schlimm?

Denver LRT

Amerikanische Busse, U-Bahnen und Straßenbahnen müssen im Vergleich zu anderen wohlhabenden Ländern in Europa und Asien immer niedrigere Fahrgastzahlen, kürzere Servicezeiten und längere Wartezeiten verzeichnen. Dabei sind die Kosten in den USA im Vergleich wesentlich größer.

Es scheint, dass ich nicht die Einzige bin, die fragt, warum die Lage des öffentlichen Nahverkehrs in den USA so düster aussieht. VOX hat einen Artikel mit dem folgenden passenden Titel veröffentlicht: „Der wahre Grund, warum der öffentliche Nahverkehr in den USA eine solche Katastrophe ist.“

Auf den ersten Blick lässt sich das Argument der Amerikaner, dass die Planung der Städte und Vororte in den 1950er Jahren stattgefunden hat, leicht akzeptieren. Schließlich war es eine Zeit, in der sich das Auto zum Transportmittel schlechthin entwickelte. Geographisch gesehen sind die USA außerdem weitaus größer als die meisten asiatischen oder europäischen Länder.

Es gibt jedoch ein Problem mit dieser Argumentationsweise. Das Stichwort lautet „Kanada“ – ebenfalls ein sehr weitläufiges Land, das zu großen Teilen auf den Autoverkehr ausgelegt ist. Die Lage der öffentlichen Verkehrsmittel in den kanadischen Städte sieht jedoch völlig anders aus.

„Kanada verfügt über mehr öffentliche Verkehrsmittel“, sagt der Verkehrsberater Jarrett Walker gegenüber Vox. „Vergleichen wir beispielsweise Portland mit Vancouver, oder Salt Lake City mit Edmonton, oder Des Moines mit Winnipeg. Kulturell und wirtschaftlich sind sich diese Städte sehr ähnlich, aber in jedem dieser Vergleiche besitzen die kanadischen Städte pro Kopf zwei- bis fünfmal so viele Verkehrsdienste. Deshalb sind auch die Fahrgastzahlen pro Kopf höher.“

In der Vergangenheit haben viele Länder gleichzeitig in den öffentlichen Nahverkehr investiert und ihre Städte für den Autoverkehr entworfen. Wenn man sich jedoch Los Angeles ansieht, sieht man eine Stadt, die den öffentlichen Nahverkehr vollkommen vernachlässigt hat, bis das Verkehrsnetz einfach überfordert war. Es blieb der Stadt keine andere Wahl, als das Konzept des öffentlichen Nahverkehrs zu akzeptieren.

Was wir aus dem US-Shutdown lernen können

Während des Shutdowns gab Chariot, ein Fahrgemeinschaftsdienst, der maßgeschneiderte Transportlösungen anbietet, seine Schließung bekannt.

Als Chariot im Jahr 2014 an den Start ging, schloss es sich einer Welle von Uber-inspirierten „Microtransit“-Technologieunternehmen an. Diese Unternehmen hofften, den Verkehrssektor mithilfe von schnelleren, effizienteren Angeboten für Fahrgäste zu revolutionieren. Zielgruppe waren vor allem Menschen, die von den öffentlichen Verkehrsmitteln keinen ausreichenden Service bekamen und genug vom öffentlichen Nahverkehr hatten.

Zwar ist das kein Zeichen dafür, dass das Ridesharing-Konzept zum Scheitern verurteilt ist – aber es zeigt, was passiert, wenn private Ridesharing-Anbieter nicht versuchen, sich in das Ökosystem der öffentlichen Verkehrsmittel zu integrieren. Im Moment mangelt es stark an Integration zwischen dem öffentlichen Nahverkehr und der Ridesharing-Branche. Öffentliche und private Systeme müssen zusammenarbeiten, um für ein nahtloses Erlebnis zu sorgen. Die mangelnde Integration hat Chariot zum Scheitern gebracht, obwohl die Lage des öffentlichen Nahverkehrs in San Francisco im weltweiten Vergleich tragisch aussieht.

Uber zieht bereits eine solche Zusammenarbeit in Betracht, um seine Umsätze zu steigern. Eine solche Mischung aus öffentlichen und privaten Dienstleistungen ist der Schlüssel zu einem flexiblen und sinnvollen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs.

Aber Präsident Trump will nun einmal unbedingt seine Mauer haben und hat zu diesem Zweck die US-Regierung für einen Rekordzeitraum von 35 Tagen stillgelegt. Selbst der LaGuardia Airport wurde von der Federal Aviation Administration kurzzeitig geschlossen, da es an Fluglotsen mangelte. Das war schlussendlich der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte, und den Shutdown beendete. Es war nicht die Zerstörung der Nationalparks oder das Risiko, dass 38 Millionen Amerikaner den Zugang zu ihren Lebensmittelmarken verlieren könnten. Erst als die globale Mobilität beeinträchtigt wurde, musste der Shutdown beendet werden.

Es ist ein wichtiger Schritt, dass die US-Regierung den öffentlichen Nahverkehr als öffentliches Gut und nicht als Sozialhilfeprogramm betrachtet. Öffentliche Verkehrsmittel sollten als ein Weg zur Steigerung der Lebensqualität und zur Stärkung der Wirtschaft gesehen werden. Es sollte keinen Haushaltsstreik brauchen, um auf diese simple Tatsache hinzuarbeiten.

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Nicole Scott