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Ring Fit Adventure im Test: Genialer Fitness- und Muskeltrainer für Zuhause

Ring Fit Adventure Nintendo Switch Fitness Sport Test Mobilegeeks
geschrieben von Ümit Memisoglu

Wie oft habt ihr eure Freunde, Kollegen, Familie und vielleicht sogar euch selbst sagen hören: „Ich mache jetzt wieder Sport“ oder „Ich gehe jetzt ins Fitness-Studio“ um kurz darauf wieder zu hören: „Ich hatte die letzten Wochen keine Zeit“, „Meine Sportschuhe sind noch nicht angekommen“, „Ausrede XYZ“ und dann wieder „Bald fange ich wieder mit Sport an“?
Sport ist weder eine Anmeldung im Fitnesstudio, noch der Kauf neuer Sportschuhe, sondern etwas, was man zur Gewohnheit machen und in seinen Lifestyle integrieren muss. Der Gang ins Fitnessstudio, das Laufen bei kaltem Wetter etc. funktioniert nicht für jeden und spätestens nach drei Wochen ist die anfängliche Motivation vorbei.
Hier kann wieder Gamifizierung sehr helfen. Und wer jetzt behauptet, dass Sportspiele außer FIFA niemanden interessieren, der irrt sich. Denn in der Liste der Meistverkauftesten Spiele aller Zeiten ist aktuell noch immer Wii Sports auf Platz 4, Wii Fit auf Platz 8 und Wii Sports Resort auf Platz 10. Alles drei Spiele die spielerisch zum Bewegen anregen und alle drei in den Top 10. Und ich hoffe tatsächlich sehr, dass Ring Fit Adventure es auch so weit schafft, denn kein Fitnessspiel aktuell auf dem Markt ist bei weitem so motivierend, so durchdacht und so genial wie Ring Fit Adventure. Auf das warum gehe ich hier noch ein.

Ring Fit Adventure – Zubehör und Einrichtung

Um Ring Fit Adventure spielen zu können braucht Ihr das mitgelieferte Zubehör. Das ist zum einen der Ring Con (erinnert an einen Pilates-Ring), wo man eines der Joy Cons einklinkt und der Beingurt in das man den zweiten Joy Con reinschiebt. Der Ring Con ist ein Controller in Ringform, der zur Steuerung des Spiels und für die Übungen selbst verwendet wird. Dieser lässt sich zusammendrücken und auseinanderziehen und ist dabei extrem widerstandsfähig, sodass man es praktisch nicht kaputt bekommt. Nicht nur mit Drücken und Ziehen kann man das Spiel steuern, sondern auch durch Bewegungssteuerung, was ziemlich präzise ist. Beim Spielen erhält man zudem auch ein gutes Vibrationsfeedback, je nachdem, was man macht, da die Vibration auf den ganzen Ring verteilt wird. Wirklich cool ist, dass, wenn man Übungen auch außerhalb des Spiels mit dem Ring Con ausführen will, man bei ausgeschalteter Konsole auf den Joystick klicken kann um den Ring zu aktivieren. Hier zeichnet der Ring Con bis zu 500 Druck und Ziehbewegungen auf und diese kann man später im Spiel in Münzen umwandeln. Man wird also dafür belohnt, wenn man beim Fernsehen z.B. nebenbei seinen Körper trainiert. Der Beingurt wird am linken Bein angebracht und ist für das Tracken der Laufbewegungen und Beinübungen zuständig.

Beim ersten Start muss man erstmal sein eigenes Profil einrichten mit Gewicht, Alter, Sportlichkeit und auch einen Krafttest ausführen. Anhand dessen wird ermittelt, wie intensiv das Training sein wird, wobei man dem Spiel auch vorgeben kann, welche Präferenz man hat. Man sollte hier möglichst eine realistische Einschätzung eingeben, damit die erste Übung einen nicht überfordert. Das Spiel fragt auch zu Beginn jeder Trainingssession nach (lässt sich abschalten), ob das letzte Training in Ordnung war, oder ob es gerne schwerer oder leichter sein kann, denn das Spiel passt sich dauerhaft der eigenen Leistung an, auch ohne zu Fragen, weil es merkt, wenn eine Übung nach langem Training zu einfach geworden ist. Bei mir ist z.B. mittlerweile jede Squat Übung bei 30 Wiederholungen, wo ich vorher nur 14 machen musste.

Im Hauptmenü kann man entscheiden, ob man die Minispiele spielen will, wo man spielerisch trainiert und Punkte sammelt, ob man frei Trainieren will und sein eigenes Training aus mehr als 40 Übungen zusammenstellen will. Dass kann Armtraining, Bauchtraining, Beintraining, Yoga etc. sein. Auswahl für jede Muskelgruppe gibt es genug. Sehr cool sind die vorgefertigten Trainingssets für einige schnelle Trainingsrunden, wo man Übungen zu einem bestimmten Bereich innerhalb von 3-5 Minuten absolviert. Gerade am Morgen vor der Arbeit z.B. ist das super um wach zu werden.

Natürlich ist das Herzstück des ganzen Spiels aber der Abenteuermodus. Dazu mehr im nächsten Abschnitt.

Ring Fit Adventure – Abenteuermodus

Falls ihr sehen wollt, wie das Spiel und der Abenteuermodus in Bewegtbild aussieht, habe ich ein kurzes Video zusammengeschnitten, wo man einen sehr guten Eindruck davon bekommt:

Für mich die interessanteste Art dieses Spiel zu spielen ist der Abenteuermodus, denn es kombiniert Rollenspiel und Sport auf perfekte weise miteinander. Die Story ist schnell erzählt. Der Hauptcharakter bzw. die Haupcharakterin, findet einen schwebenden Ring, der darum bittet, dass man ihn auseinanderzieht. Das tut man dann natürlich auch und befreit den bösen Bodybuilder-Drachen Draco, welcher Monster auf das Land losgelassen hat. Der Ring selbst stellt sich dann als Ringo vor und sagt, dass man Draco besiegen muss, bevor er zuviel Chaos anrichtet. Also jagt man während der Story Draco hinterher. Wirklich besonders ist die Story nicht und dient nur als Rahmen für das ganze Training. Oft sind Dialoge einfach nur belanglos und können übersprungen werden, ohne etwas zu verpassen. Einzig Draco droppt hin und wieder einige witzige Lines, während er mit seinem Tanktop High Knees macht und Gewichte stemmt. Dauern soll die Story laut Nintendo, sofern man jeden Tag 30 Minuten spielen sollte, etwa 6 Monate.

Bevor man jedes mal den Abenteuermodus startet, empfiehlt das Spiel dem Spieler das dynamische Stretching mitzumachen. Dadurch wärmt das Spiel gezielt wichtige Bereiche auf um auf das Training vorzubereiten. Auch nach dem Training wird nochmal ein statisches Stretching empfohlen. Dieses passt sich, je nachdem auf welche Art von Übungen man sich während dieser Session fokussiert hat, an, was das ganze nochmal individueller macht.

Im Abenteuermodus selbst hat man in jedem Kapitel eine Oberweltkarte, wo man das nächste Level auswählen kann. Am Anfang ist das ganze eher linear, aber später verzweigt sich die Karte etwas mehr, sodass man auch versuchen kann Schatztruhen zu finden oder Minispiele zu absolvieren um Geld zu verdienen, was man für Kleidung im Spiel ausgeben kann, mit dem der Charakter stärker wird, oder mit dem man Smoothies kaufen kann, mit denen man sich heilen, bestimmte Angriffe verstärken und mehr machen kann. Die Smoothies kann man auch selbst herstellen, wenn man Zutaten wie Spinat während des Abenteuers findet. Selbst beim Pressen des Saftes muss man selbst aktiv werden. Stärker wird man auch mit jedem Levelaufstieg. Das ist wichtig, da man, wenn man sonst eventuell zu schwach für ein Level sein könnte. Bisher war die Herausforderung für mich aber durch normales Spielen definitiv angemessen.

Sobald ihr ein Level beginnt, bewegt ihr euch auf einem überwiegend linearen Weg durch verschiedene Landschaften indem ihr mit euren Beinen auf der Stelle joggt. Je nachdem wie viel Mühe Ihr euch dabei gebt, läuft die Figur schneller oder langsamer. Das Laufen variiert auch hin und wieder, da ihr beim Durchlaufen eines Sumpfes oder beim Treppensteigen eure Knie hochheben müsst, um schneller durchzukommen. Wer die Nachbarn unterhalb nicht stören will, kann im leisen Modus spielen, wo die Laufbewegung durch leisere Bewegungen ersetzt werden. Anfangs lauft Ihr durch Welten, wo nicht allzu viel passiert. Im weiteren Verlauf kommt immer mehr dazu, sodass Ihr beim Laufen durch zusammendrücken des Ringes auf Dinge schießen, durch auseinanderziehen Dinge aufsaugen oder durch das Richten des Ringes nach unten und gleichzeitiges Drücken Springen müsst usw. Dazu kommt noch, dass man von Sprungfeder von Sprungfeder springen muss, indem man Squats macht, ein Fahrzeug steuert indem man sich mit erhobenen Händen seitlich nach links oder rechts neigt oder durch einen Fluss schwimmt, wo man den Ring gegen den Bauch presst und sich dreht. Bei letzterem muss man sich z.B. auch gleichzeitig bücken, wenn ein Hindernis auf einen zukommt, oder schneller paddeln, wenn man flussaufwärts schwimmt. Und das ist noch nicht einmal alles. Fest steht aber, dass man ganz schön ins schwitzen kommt.

Innerhalb der meist 5-10 Minuten langen Levels begegnet man auch Monstern oder Bossen. Hierbei kämpft man gegen lebendes Fitnessequipment, wie etwa Hanteln, Gymnastikbällen oder fliegenden Gymnastikmatten. Letzteres kann z.B. sogar die anderen Monster heilen, sodass man je nach Monstergruppe eine Strategie festlegen muss. Zu Beginn des Kampfes wählt man aus einer Reihe von Fitnessübungen aus diversen Bereichen aus. Diese können dem Gegner unterschiedlichen Schaden hinzufügen, mehrere Gegner auf einmal treffen, den Spieler heilen etc. Man besiegt also mit Fitnessübungen Gegner, indem man deren Fitnessenergie auf Null bringt. Jede Übung hat dabei ein Cooldown und kann nach dem verwenden für 1-2 Runden nicht verwendet werden. Es erinnert stark an ein J-RPG, wobei man es hier eher Fitness-RPG nennen kann.

Anfangs hat man eine geringe Auswahl an Übungen, schaltet aber beim Aufleveln mehr Übungen frei. Diese kommen aus der Kategorie Arme, Bauch, Beine und Yoga und haben unterschiedliche Farben. Sobald man mehrere Übungen zum auswählen hat, muss man sich eine Palette aus Übungen zusammenstellen, mit der man Gegner effektiv besiegen kann. Da man nur sechs Übungen mitnehmen kann, muss man gut abwegen. Die Map gibt vor dem Start auch einen Tipp, ob eine bestimmte Farbe dominiert. Daran kann man sich bei der Zusammenstellung orientieren, denn ab einem Punkt in der Story lernt mann, dass z.B. rote Attacken stark gegen rote Gegner sind und es eine Farbentrennung gibt. Da manche Gegner ziemlich hart sein können, muss man sich diesen Vorteil zunutze machen. Auch ist es wichtig „Area of Effect“-Attacken mitzunehmen um mehrere Gegner gleichzeitig angreifen zu können. Insgesamt ein fantastisches Konzept, was den Spieler je nach Situation variieren lässt und wodurch man wirklich jeden einzelnen Muskel trainieren kann und nicht einfach nur einseitig trainiert, was das vorankommen verhindern würde. Was die Übungen teilweise so hart macht, ist dass man nicht nur einfach Drücken muss, sondern auch mehrere Sekunden lang bestimmte Positionen halten muss. Ab der Hälfte der Übungen, die man ausführen muss, muss man viele Übungen auch sogar schneller ausführen. Dabei gilt: Je genauer man die Übung ausführt, desto mehr Schaden macht man. Motivieren tut auch die Musik, die sich der Geschwindigkeit und Art der Übung anpasst und auch das Audio- und Vibrationsfeedback. Mit den Übungen ist das Spiel auch ziemlich kreativ, sodass man sich immer wieder wundert, wieviel man eigentlich mit so einem Ring alles machen kann. Vor allem, wenn bei den Übungen auch immer die angesprochenen Muskelgruppen angezeigt werden.

Sehr cool ist, dass nach jedem Level die Anzahl der ausgeführten Übungen und der geschätzte Kalorienverbrauch angezeigt wird. Auch der Puls wird gemessen. Dazu nutzt man den Infrarotsensor des rechten Joy Cons. Das muss Nintendo schon bereits bei Launch der Konsole geplant haben, denn bisher hat noch kein Spiel dieses Feature genutzt, was schon ziemlich genial ist, wenn man bedenkt, wieviel Technik in den Joy Cons steckt.

Nach einer gewissen Zeit, bei mir meist nach 15 bis 30 Minuten, schlägt das Spiel vor eine Pause einzulegen. Dann kann man das statische Stretching beginnen und bekommt den Fitness-Tipp des Tages. Das können sehr allgemeine Dinge sein, oder auch interessante hilfreiche Infos.

Ring Fit Adventure – Preis und Verfügbarkeit:

Ring Fit Adventure ist bereits überall verfügbar, wo man Nintendo Switch Spiele kaufen kann und kostet aktuell 69 Euro. Das sind aber wie ich finde die besten 69 Euro, die man in ein Spiel investieren kann, denn das, was man investiert, investiert man schließlich in den eigenen Körper. Klar muss man auch Zeit investieren, aber das muss man auch bei jeder anderen Sportart. Aber hier könnt euch nicht mehr mit „ich brauche neue Sportklamotten“ oder „ich muss mir irgendwann mal Sportschuhe bestellen“ herausreden. Alles was ihr braucht ist eine Nintendo Switch und Ring Fit Adventure. Im Vergleich zu einem Fitnessstudio ist der Preis mehr als fair.

Über den Autor

Ümit Memisoglu