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Fantastical: Wie Entwickler eine App in wenigen Tagen ruinieren können

Fantastical
Die App "Fantastical" bietet Apple-Nutzern umfangreiche Optionen in den Bereichen Produktivität und Kalender.
geschrieben von Christian Erxleben

Wenn es um Produktivität geht, gehörte Fantastical lange Zeit zu den beliebtesten Apple-Anwendungen. Doch ein einziges Update und ein Tag genügte, um die App ins digitale Nirvana zu schicken. Diese Geschichte zeigt, wie man es besser nicht macht.

„Das Wichtigste auf der Welt ist Vertrauen. Es kann Jahre dauern, es aufzubauen, und nur ein paar Sekunden, es zu verlieren.“ Dieses Zitat des US-amerikanischen Rappers Tupac trifft die Situation bei Fantastical perfekt.

Doch was ist vorgefallen?

Fantastical stellt von Einmalzahlung auf Abo-Modell um

An sich erst einmal nichts allzu überraschendes. Am 29. Januar 2020 haben die Entwickler von Version 2.11.5 auf Version 3.0 ein Update durchgeführt. Im App Store sprechen die Macher davon, dass die App „noch besser wird“ und ein neues „Premium-Subscription“-Modell eingeführt wird.

Konkret bedeutet das: Bislang kostete die Produktivitäts- und Kalender-App einmalig Geld. 5,49 Euro auf dem iPhone, 10,99 Euro auf dem iPad und 54,99 Euro auf dem Mac.

Jetzt ist Fantastical mit der Einführung von Version 3.0 auf ein Abo-Modell gewechselt. Jeden Monat fallen nun Gebühren in Höhe von 5,49 Euro an. Wer sich für ein Jahres-Abonnement entscheidet, kommt auf einen Betrag von 43,99 Euro.

Fantastical bittet Premium-Nutzer erneut zur Kasse

Dieser Umstand an sich wäre – wie bereits erwähnt – kein sonderlich großes Problem. Kritisch wird es beim Blick auf die Details. Denn nachdem die treuen Fantastical-Nutzer ihre App auf die neuste Version gebracht hatten, erlebten sie die vermutlich schlechteste Benutzererfahrung, die man sich nur vorstellen kann.

Sprich: Obwohl die Anwender bereits einmal für die App gezahlt hatten, um bestimmte Funktionen freizuschalten, waren eben jene Dienste nach dem Update wieder hinter der Paywall verschwunden. Wer Fantastical wie gewohnt nutzen wollte, sollte also doppelt zahlen.

„We appreciate your Feedback“

Natürlich forderten die Entwickler die Nutzer dazu auf, ihre Meinung zu veröffentlichen – und die bekamen sie mehr als deutlich zu spüren. Das Problem für das Team von Fantastical: Seit dem Update hagelt es fast ausschließlich negative Bewertungen. Das ist – beim Vorgehen der Entwickler – durchaus verständlich.

Innerhalb weniger Stunden und Tage verwandelte sich eine solide 4,5-Sterne-Bewertung im App Store in ein 2,1-Sterne-Rating. Das ist eine Katastrophe. Denn welcher Nutzer gibt schon viel Geld für eine Anwendung aus, die offenbar schlechte Ergebnisse liefert und ihre Nutzer verarscht?

Richtig: Niemand!

Fantastical rudert zurück – und kann zugleich nur verlieren

Dass der Absturz für Panik bei Fantastical gesorgt hat, zeigen die hastig ausgespielten Versionen 3.0.1 (31. Januar 2020), 3.02. (1. Februar 2020) und 3.0.3 (4. Februar 2020).

Darin rudern die Macher zurück und versprechen den verprellten Nutzern, die bereits gezahlt hatten, dass sie wieder auf ihre gewohnten Funktionen zugreifen können – auch ohne neues Abonnement. Doch trotz der Ankündigungen reißt die Kritik nicht ab. Der Grund dafür: Bei den Nutzern hat sich nichts geändert.

Wer beispielsweise seine Apple Watch zuvor mit dem iPhone verbunden hatte, wird jetzt dazu aufgefordert, sich einen Account bei Flexibits anzulegen, um die Funktionen erneut freizuschalten.

Doch komplett zurück können die Entwickler auch nicht mehr. Schließlich fragen sonst die neuen Abo-Nutzer: Warum zahlen wir so viel Geld und ehemalige Nutzer bekommen noch dazu Funktionen geschenkt?

So oder so bleibt das Fazit gleich: Mit diesem Update hat sich Fantastical sein eigenes Grab geschaufelt. Denn es ist faktisch unmöglich die Masse an negativen Bewertungen wieder ins Positive umzuwandeln. Und wenn erst einmal das App-Store-Ranking hinüber ist, dürften auch neue Nutzer ausbleiben.

Bist du auch betroffen? Hinterlasse uns deine Meinung gerne in einem Kommentar.

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Über den Autor

Christian Erxleben

Christian Erxleben arbeitet als freier Redakteur für BASIC thinking. Von Ende 2017 bis Ende 2021 war er Chefredakteur von BASIC thinking. Zuvor war er als Ressortleiter Social Media und Head of Social Media bei BASIC thinking tätig.

7 Kommentare

  • Mhhhm, einiges darüber gelegen, mich „betrifft“ das auch. Wobei ich jetzt noch keine gravierenden Einschnitte oder Veränderungen im Daily Life hatte… gibt es denn ernstzunehmende Alternativen zu Fantastical?

    • Praktisch fast jede dieser modernen Kalender-Apps, die ToDo mit Kalender mixen, oder?

      Ich finde es schon sehr nervig. Die Synchronisation mit der Apple Watch funktioniert ohne Anmeldung nicht mehr, im Menü meiner (recht teuren) Premium-App, kann ich jetzt jeden zweiten Punkt nicht mehr anwählen, ohne erneut Abo-Werbung zu bekommen.

      Viel besser wäre es gewesen, allen Paid-Usern das Abo zu schenken und dann alle neuen User direkt in Free Download + Abo zu ziehen.

  • Nach dem Update funktionierte die Komplikation für die Apple Watch nicht mehr. Erst das Bugfix löste das Problem.

  • Da hat man wohl überzogen…..
    Wo liegt das Problem, allen zahlenden existierenden „Alt-Usern“ alles wieder freizuschalten und die neues User ins neue Abo-Modell zu ziehen? (abgesehn davon, dass der Preis überzogen ist). Man muss es dann noch gut kommunizieren. Ich habe vor einiegr Zeit immerhin 70 Euro für 3 Versionen gezahlt. Nicht eben wenig. „Nur“ für einen Kalender! Ich werde wohl wieder auf miCal gehen, der reicht mir jedenfalls vollkommen.

  • Da ich den Kalender fast nur privat nutze (und überwiegend nur auf dem iPhone), sind mir die Abo-Kosten von über 40,00 Euro viel zu viel. Andere Familienmitglieder haben durch das Abo-Modell auch das Nachsehen, da man für jeden weiteren Nutzer ein eigenes Abo abschließen müsste.

    Auch ist AccuWeather in der Vergangenheit eher negativ aufgefallen. Gut, die Wetter-Infos lassen sich in Fantastical abschalten, aber warum ich im Kalender ohnehin Wetterinformationen benötige, die meist ohnehin nicht korrekt sind, erschließt sich mir nicht.

    Ich habe schon einige Apps im Abo und habe prinzipiell auch nichts dagegen, für gute Software, die ich tagtäglich nutze, zu bezahlen, aber für einen Kalender?

    Nein danke.

  • Fantastical fand ich am Anfang wirklich „fantastisch“, den Preis allerdings weniger. Der war von Anfang an überrissen. Nun soll ich plötzlich für die Wochenübersicht ein Premiumabo für 5 CHF pro Monat eingehen. Das macht in 10 Jahren 600 Euro. Damit leiste ich mir lieber was klügeres und nützlicheres als einen simplen Kalender. Ich gehe zurück zu iCal, in der Hoffnung, dass Apple den „Run“ ausnützt und iCal gewaltig modernisiert. Ich wäre froh, wenn ich einen Tipp bekäme, wie ich verlustfrei von Fantastical zu iCal wechseln kann.

  • Ich fand Fantastical einfacher zu bedienen als iCal. Bessere GUI, besserer Workflow…ich weiß, das ist Geschmacksache. Mir hat Fantastical gefallen.
    Ich zahle für gute Software auch gerne einmalig einen hohen Preis. Abomodelle lehne ich fast immer ab. Klar funktioniert dieses Geschäftsmodell, aber eben nicht mit mir. Werde Fantastical wieder löschen und auf iCal zurückrudern. Schade.