Falls euch Haier nicht bekannt ist, hier ein kurzer Überblick: Der Hersteller verkauft 15,7 Prozent aller Haushaltsgeräte weltweit. In den vergangenen Jahren übernahm Haier unter anderem GE Home Appliances (2016) und Candy (2018). Die chinesische Firma ist mittlerweile der größte Hersteller für Elektrogroßgeräte. Es lohnt sich also, die neue Smart-Home-Strategie des Unternehmens einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
Haier begann bereits 2014, Smart-Home-Geräte zu verkaufen – damals über die Tochterfirma Candy. Da sich Candy aber nicht im Premiumsegment bewegte, ging der Plan nicht ganz auf. Seitdem hat das Unternehmen seine Produkte weiterentwickelt und überarbeitet – sechs Jahre später scheint Haier nun eine neue Strategie im Bereich Smart-Living gefunden zu haben.
Ich habe mich mit Gianpiero Morbello, Head of Brand & IOT bei Haier Europe, unterhalten, der mir das Ganze folgendermaßen erklärte:
„Es ist wichtig, Erlebnisse und Services zu verkaufen, und nicht nur Smart-Home-Technologie. Die Produkte müssen mehr als nur smart sein – sie müssen nützlich sein. Nützliche Haushaltsgeräte sind für Kunden interessanter. Wir möchten Kunden keine Anwendungsfälle aufzwingen, sondern Produkte verkaufen, die einen tatsächlichen Mehrwert bieten.“
Was ist dran an diesem Statement? Teil des neuen Produkt-Line-Ups von Haier ist beispielsweise ein Weinkühlschrank, der euch Empfehlungen basierend auf euren Trinkgewohnheiten gibt. Haier hat sich dazu mit Vivino zusammengetan – die App merkt sich, welche Weine ihr gerne bzw. nicht so gerne trinkt. Auch Hoover gehört zu Haier – die Tochterfirma bietet ein Ökosystem für Reinigungs- und Home-Wellness-Produkte an. Beispielsweise kann der Lufteiniger mit dem Staubsauger kommunizieren – das System misst, wie viele Pollen sich in der Luft befinden und reinigt eure Wohnung dementsprechend. Ziemlich hilfreich.
Die hOn-App ist der Hub für alle Haier-Produkte. Sie ist für Android und iOS verfügbar. Über die App könnt ihr beispielsweise eines von 60 Waschprogrammen für eure Candy Nova Smart-Waschmaschine auswählen. Mit „Snap & Wash“ könnt ihr mit dem Smartphone ein Foto von eurer Wäsche machen, um das passende Programm zu finden.
Die hOn-App verdeutlicht die allgemeine Markenstrategie von Haier – sie ist der zentrale Hub für alle Produkte und Services von Haier und seinen Partnerunternehmen.
Das sorgt dafür, dass die einzelnen Ökosysteme nicht fragmentiert sind. Haier hat erkannt, dass im echten Leben nun einmal nicht alle Haushaltsgeräte vom selben Hersteller stammen. Über die hOn-App könnt ihr euch mit Google Home oder Amazon Alexa verknüpfen, um viele Funktionen per Sprachbefehl zu steuern. Die Geräte erhalten regelmäßig Sicherheits- und Systemupdates. Außerdem lernen sie dank KI-Technologie mit der Zeit dazu, um im Laufe der Zeit noch nützlicher zu werden.
Klingt das alles zu gut, um wahr zu sein? Vielleicht. Denn genau wie jedes andere Unternehmen möchte auch Haier möglichst viele Produkte verkaufen. Einen neuen Backofen oder Kühlschrank kaufen sich die meisten Leute alle zehn oder zwanzig Jahre – das möchte Haier jedoch ändern.
Gianpiero erläuterte, dass sich Kunden häufiger ein neues Smartphone kaufen, weil es sich dabei um ein digitales Produkt handelt. Je umfangreicher die digitale Infrastruktur, desto häufiger lohnt sich der Wechsel zu einem neuen Gerät. Das heißt natürlich nicht, dass die Produkte nicht langlebig sind, nur entwickeln sie sich ständig weiter.
Eine Waschmaschine, die vor zehn Jahren noch 1000 Euro gekostet hat, macht die Wäsche nicht besser sauber als eine moderne Waschmaschine, die 300 Euro kostet. Haier möchte sich das Konsumverhalten seiner Kunden zunutze machen – 21 Prozent aller Besitzer einer Waschmaschine von Haier verwenden mittlerweile ausschließlich ihr Smartphone, um das Waschprogramm auszuwählen, dreimal mehr als 2018.
Moderne Kühlschränke halten Lebensmittel länger frisch und sorgen dafür, dass sie nicht an Nährstoffgehalt verlieren. Natürlich können wir unsere Haushaltsgeräte langfristig verwenden, doch der Grund für ein Upgrade wird Kunden in Asien derzeit besser vermittelt als in Europa.
Als ich noch in Taipei wohnte, sah ich oft Kühlschrankwerbung, in der erklärt wurde, welchen Mehrwert ein neuer Kühlschrank hinsichtlich Haltbarkeit und Nährstoffgehalt bieten kann – in Europa scheint es vor allem um das Thema Energieeffizienz zu gehen.
Die Tatsache, dass die Produkte von Haier global vermarktet werden, kann für den europäischen Markt nur Gutes bedeuten.
Haier hat mittlerweile sechs Jahre Erfahrung in Sachen Smart-Home-Geräte und scheint in dieser Hinsicht die richtige Einstellung zu haben. Der Hersteller ist nun bereit, nicht nur Technologie, sondern Nutzererlebnisse zu verkaufen, die sich an einzelne Kundenbedürfnisse anpassen lassen. Diesen Trend kann man derzeit bei vielen Unternehmen beobachten – in Zukunft werden digitale Services genauso wichtig sein wie der Verkauf des tatsächlichen Produkts.
All das führt dazu, dass zukünftig noch nützlichere Produkte auf den Markt kommen werden. Wir müssen uns nur darauf einstellen, in Zukunft häufiger neue Haushaltsgeräte zu kaufen.
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