Technologie Wirtschaft

Microsoft vs. Google und Facebook vs. Apple: Zerfleischt sich Big Tech gerade selbst?

Tiger, Kampf, Zoo, Big Tech
Der Kampf der Big-Tech-Giganten hat begonnen. (Foto: Unsplash.com / Frida Bredesen)
geschrieben von Marinela Potor

Microsoft schießt gegen Google. Apple will Facebook ein Bein stellen. Und andersherum. Die großen Technologie-Konzerne haben die Samthandschuhe aus- und die Boxhandschuhe angezogen. Was ist eigentlich gerade bei Big Tech los?

Facebook will Apple Schmerzen bereiten“, „Microsoft schlägt hart gegen Google“ – irgendwie möchte man bei solchen Schlagzeilen meinen, dass es sich um Boxkämpfe handelt und nicht um Auseinandersetzungen zwischen großen Technologie-Konzernen.

Doch Big Tech scheint sich derzeit in den Kampfring gestürzt zu haben – und es ist nicht schön anzuschauen.


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Facebook vs. Apple: Datenschutz, Tracking und Kartellklage

Fangen wir mit Facebook und Apple an. Die beiden Big-Tech-Konzerne sind sich schon länger nicht sehr geheuer. Doch sie trugen ihre Konflikte bislang noch einigermaßen höflich aus. Bis Apple seine Datenschutz-Änderungen ankündigte, die das Unternehmen mit einem Update im Betriebssystem iOS 14 einführen möchte.

Im Kern geht es dabei um eine Technologie von Apple namens IDFA (Identifier for Advertisers, also: Identifizierer für Anzeigenkunden).

Der Streit um IDFA

Apple weist jedem mobilen Gerät (iPhone oder iPad) einen IDFA zu. Damit kann jeder Nutzer identifiziert und getrackt werden. Allerdings bleiben persönliche Daten dabei verborgen. Mobile Anzeigenkunden wiederum nutzen IDFA, um Nutzern aufgrund ihres Surf-Verhaltens personalisierte Werbung auszuspielen.

Auch Facebook nutzt diese Technologie, um die Anzeigen seiner Werbekunden auf die jeweiligen Nutzer abzustimmen und anschließend den Erfolg zu messen.

Apples Update sieht nun vor, dass Nutzer vor dem Herunterladen einer App aus dem App Store sehen, ob die jeweilige App IDFA-Tracking nutzt. Sie werden ebenfalls die Möglichkeit haben, dieses Tracking zu deaktivieren, wenn sie die App erstmalig starten.

Für Nutzer bietet dies mehr Transparenz und auch eine gewisse Kontrolle über ihre Daten. Doch für Facebook sowie für andere App-Anbieter, die auf mobile Anzeigen setzen, ist dieses Update ein neues Hindernis, um ihre personalisierten Anzeigen an den Endnutzer zu bringen. Daran hängen Einnahmen.

Kein Wunder also, dass Facebook sauer ist.

Facebook sauer, Apple schlägt zurück

In einer ersten Reaktion behauptete Facebook, Apple wolle mit dem Update kleine Betriebe zerstören. Weiterhin warnte Facebook (ohne Belege) davor, dass Apple künftig anzeigenbasierte kostenfreie Apps für App-Hersteller verbieten wolle und sogar eine profitträchtige Abo-Funktion einführen wolle.

Die Botschaft von Facebook war klar: Der große Konzern Apple will kleine, anständige Unternehmen zerstören und davon auch noch profitieren. Diese Message war überall zu sehen, in Blog-Einträgen, Zeitungsanzeigen und sogar auf einer eigens dafür entwickelten Instagram-Seite.

Apple hat seitdem klargestellt, dass es Anzeigen in Apps durchaus weiterhin auf seinen Geräten geben wird. Es gehe lediglich um ein Pop-up zum Anzeigen-Tracking vor dem Download.

Dieses Pop-up könnten App-Entwickler zudem individuell gestalten und so Nutzern offen erklären, warum sie personalisierte Anzeigen ausspielen möchten.

Kurze Zeit später entwickelte Facebook entsprechend schon mal vor dem Update testweise einen solchen Pop-up-Dialog für Nutzer. Darin erklärt Facebook den Nutzern, dass man die Tracking-Zulassung von ihnen brauche, um den Usern ein besseres Werbe-Erlebnis zu bieten.

Doch damit war der Konflikt noch lange nicht beendet.

„Schmerzen zufügen“: Ton wird schärfer

So soll Facebook-Chef Mark Zuckerberg offenbar vor Mitarbeitern gesagt haben, dass man Apple „Schmerzen bereiten“ müsse.

Diese Aussage landete beim Wall Street Journal. Offenbar überlegt Zuckerberg, eine Kartellklage gegen Apple einzuleiten. Auch andere Maßnahmen liegen wohl auf dem Tisch, um Apple sichtbaren Schaden zuzufügen.

Eine dieser Maßnahmen sind offenbar Konkurrenzprodukte, wie die neue Facebook Smartwatch, die Zuckerberg in Anlehnung an die Apple Watch herausbringen möchte.

Doch auch Apples Kritik an Facebook ist schärfer geworden.

So sagte CEO Tim Cook auf einer Datenschutzkonferenz in Brüssel: „Wenn ein Unternehmen darauf aufgebaut ist, Nutzer in die Irre zu führen, Daten auszuschlachten und auf Auswahlmöglichkeiten zu setzen, die gar keine sind, verdient es nicht unser Lob. Es verdient eine Reform.“

Gleichzeitig warf er Technologie-Konzernen vor aufgrund ihres Datenhungers, Menschen zu polarisieren und sie sogar zu Gewalt anzustiften. Cook nannte Facebook zwar nicht beim Namen. Doch man braucht nicht viel Fantasie, um den Bezug herzustellen.

Facebook wiederum bezweifelt, dass Apple wirklich die Daten der Nutzer schützen möchte. So sagte Zuckerberg bei der Vorstellung der Quartalszahlen von Facebook: „Apple mag behaupten, dass sie dies tun, um Menschen zu helfen, doch ihre Maßnahmen folgen klar ihren Wettbewerbsinteressen.“

Microsoft vs. Google: Suchmaschinen, Journalismus und Drohungen

Neben Apple und Facebook sind nun auch die Big-Tech-Giganten Microsoft und Google in einen größeren Streit verwickelt. Angefangen hat dieser mit einer etwas überraschenden Ankündigung der australischen Regierung vor einigen Monaten.

Australien denkt nämlich darüber nach, den digitalen Nachrichtenmarkt strenger zu regulieren. Die Idee: Google und Facebook sollen Publikationen Geld zahlen, wenn sie journalistische Inhalte von Medienhäusern auf ihren Plattformen verbreiten.

Damit würde ein Teil der Werbeeinnahmen von Facebook und Google am Ende bei den Publikationen landen. Andernfalls drohen Millionenstrafen. Facebook hat darauf offensichtlich keine Lust und hat das Teilen von Nachrichten in Australien und von australischen Medien kurzerhand eingestellt.

Big Tech im Duell: Google empört, Microsoft wittert Chance

Medienhäuser und Journalisten begrüßen die Idee. Schließlich sind ihnen mit dem Internet klassische Einnahmen aus Zeitungsannoncen weggebrochen. Das hat vielerorts zu knappen Budgets, Entlassungen und auch zu einem Rückgang der journalistischen Qualität geführt.

Auch andere Nationen beobachten die Entwicklung mit Spannung.

Google jedoch war von der Idee naturgemäß wenig begeistert und drohte deshalb, sich mit seiner Suchmaschine aus Australien zurückzuziehen. „Geh nur!“, dachte sich daraufhin Microsoft und bot prompt verlässlichen Ersatz an – die eigene Suchmaschine Bing.

In einem Blog-Eintrag sagte Microsoft-Präsident Brad Smith sogar: „Die Gesetzgebung wird das wirtschaftliche Ungleichgewicht zwischen Technologie und Journalismus beseitigen. Das Ziel ist es, Nachrichtenorganisationen für die Gewinne der Tech-Pförtner zu kompensieren, den sie durch das Einbinden von Nachrichteninhalten haben.“

Natürlich ist auch das nicht ganz so selbstlos, wie es anklingen mag. Smith sagt nämlich ebenfalls in dem Blog-Eintrag, dass Microsoft bereits Anfragen von anderen Staaten wie den USA, Kanada und aus der EU erhalten habe, ob das Unternehmen ähnliche Gesetze dort unterstützen würde.

Derweil scheint Google einzulenken und hat bereits erste entsprechende Vereinbarungen mit australischen Medienunternehmen abgeschlossen.

Der Kampf von Big Tech: Es geht um Macht, Geld und Daten

Natürlich geht es in den aktuellen Streitigkeiten von Big Tech um Marktmacht und Einnahmen. Google will Microsoft nicht einfach einen riesigen Markt wie Australien überlassen. Microsoft sieht genau darin eine Chance, seine Position auszubauen und Google eins auszuwischen.

Auch Facebook und Apple streiten sich um Kundenvertrauen und Einnahmequellen.

Gleichzeitig zeigen die (etwas seltsamen) Monopol-Vorwürfe von Facebook gegenüber Apple, dass wir tatsächlich an einen Punkt angekommen sind, an dem wenige große Big-Tech-Unternehmen eine enorme Macht haben.

Auch die Androhung von Google, sich aus Australien zurückzuziehen, stellt uns alle vor die Frage: Wie sähe eigentlich unsere Welt ohne Google aus? Viele von uns können sich das gar nicht mehr vorstellen. Auch das sagt etwas über die Macht eines Unternehmens aus.

Es geht aber auch um Ideologien.

Facebook sieht das Internet eher als eine Art „Wilder Westen“, in dem sich alle ausprobieren können und die Stärkeren am Ende gewinnen. Apple dagegen hat eher eine Vision vom Internet als privaten Schutzraum, den der Konzern natürlich am liebsten komplett mit eigenen Geräten und Technologien ausstatten möchte.

Doch im Kern geht es allen Konzernen vor allem um eins: unsere Daten. Der Streit von Big Tech zeigt sehr deutlich, dass Nutzerdaten zur wichtigsten Internet-Währung werden. Und der Kampf darum ist gerade erst in die erste Runde gegangen.

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Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.