Die Video-Aktion #allesdichtmachen, mit der über 50 deutsche Schauspieler:innen die Corona-Politik kritisieren, ist laut zahlreichen Beteiligten misslungen. Doch sie ist wichtig und offenbart, wie schlecht es um unsere Diskussionskultur bestellt ist. Ein Kommentar.
Die Kritik reißt nicht ab. Die anhaltende Debatte rund um die Aktion #allesdichtmachen offenbart wie schlecht es um die Diskussionskultur in unserem Land bestellt ist.
Mit teils ironischen bis zynischen Videos haben über 50 deutsche Schauspieler:innen – unter ihnen Jan Josef Liefers, Heike Makatsch, Ulrich Tukur, Meret Becker und Volker Bruch – die Corona-Politik der Bundesregierung scharf kritisiert.
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Durch diverse Anspielungen, sowohl die Atmung als auch den vermeintlich blinden Gehorsam der Gesellschaft betreffend, haben sie dabei Erkrankte, Verstorbene, deren Angehörige sowie solidarisch handelnde Bürger:innen verhöhnt.
Dabei kann man von der Aktion halten, was man will (ich finde einige Videos äußerst geschmacklos, andere wiederum legitim), doch eine differenzierte Betrachtung erscheint unmöglich.
Zwar kann ich grundsätzlich gut nachvollziehen, dass sich viele von der Aktion verhöhnt fühlen und teile diesen Standpunkt mitunter selbst. Doch auch einige Kritiker:innen schießen weit über das Ziel hinaus. Ganz abgesehen von den Populisten, die die Debatte nun für ihre Zwecke missbrauchen. Dem sollten wir Einhalt gebieten.
#allesdichtmachen: Schwarz-Weiß-Denken dominiert die Debatte
Rund um #allesdichtmachen denken viele offenbar ausschließlich in Kategorien: Dafür oder Dagegen, Gut oder Böse, Schwarz oder Weiß.
In den sozialen Medien haben sich unlängst zwei Lager herauskristallisiert. Sie heizen die Debatten mitunter unnötig an: #allesdichtmachen auf der einen und #allenichtganzdicht auf der anderen Seite. Und während die einen die Videos feiern, verurteilen sie die anderen aufs Schärfste. Doch so einfach ist es nicht.
Die Debatte verdeutlicht nämlich, dass unsere Diskussionskultur zunehmend verkommt. Dass wir einander nicht mehr zuhören, uns nur noch anschreien, anstatt miteinander zu reden. Gegenpositionen werden dabei kurzsichtig kategorisiert und in gewissen Ecken verortet.
Fakt ist, dass die Schauspieler:innen radikalen Kräften wie der Querdenker-Bewegung sowie Rechtsextremen in die Karten gespielt haben. Vermutlich wurden sie, wie nun nach und nach herauskommt, sogar von Beginn an von den Initiatoren instrumentalisiert.
Dafür darf und muss man sie scharf kritisieren, ihnen Naivität, Geschmacklosigkeit und undifferenziertes Handeln vorwerfen. Das müssen sie aushalten.
Ihnen jedoch rechtes Gedankengut zu unterstellen oder Berufsverbote zu fordern, entbehrt jeglicher Grundlage. Vor allem dann, wenn sie sich entschieden von solchen Gruppierungen abwenden; sie sogar aufs Schärfste verurteilen.
Das verdient zweifelsfrei Respekt! Wer hingegen Berufsverbote fordert, der muss ebenso mit Kritik leben. Doch auch wer in diesem Zusammenhang Fehler eingesteht und sich glaubhaft entschuldigt, ja auch diese Personen verdienen Respekt.
Wer hingegen keinen Respekt verdient, dass sind diejenigen, die die Debatte weiterhin ausschlachten und instrumentalisieren, um unsere Gesellschaft zunehmend zu spalten.
Aktivismus unter dem Deckmantel des Journalismus
Je schärfer, radikaler und hetzerischer ein Kommentar, desto größer die Aufmerksamkeit. Das gilt vor allem in den sozialen Medien. Und das wiederum hat sich bei einigen „Journalisten“ offenbar zu einem Geschäftsmodell entwickelt.
Unter dem Deckmantel des Journalismus messen Aktivisten wie Ken Jebsen, Boris Reitschuster und Roland Tichy dabei nämlich stets mit zweierlei Maß.
Sie verdrehen Tatsachen, verbreiten Fake News, spalten unsere Gesellschaft und ruinieren unsere Diskussionskultur.
Während sie sich bei ihren spalterischen Hetz- und Desinformationskampagnen stets auf die Meinungsfreiheit berufen, bezeichnen sie andere Meinungen wiederum als Hetze. Das ist nicht nur paradox, das ist demokratiegefährdend!
Damit weder die Aktivisten, noch diejenigen vom rechten Rand jubilieren und unsere Gesellschaft weiter auseinander treiben, sollte uns die Debatte #allesdichtmachen lehren, nicht ebenso mit zweierlei Maß zu messen.
Wir sollten einander zuhören, versuchen einander zu verstehen. Gemäßigt miteinander diskutieren, einander kritisieren und Eingeständnissen Respekt zollen. Vor allem aber sollten wir Abstand vom Schwarz-Weiß-Denken nehmen, um den wahren Agitatoren dieser Pandemie nicht in die Karten zu spielen.
Letztlich liegen nach über einem Jahr Pandemie bei uns allen die Nerven blank.
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Der erste ausgewogene Kommentar, den ich zu dem Thema lesen, vielen Dank dafür.
Sehr gerne, ich habe zu danken 🙂
Danke für diesen Kommentar, er spricht mir aus dem Herzen