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Gamescom: Von wegen Nerds! Deutsche verkennen Potenzial von Gaming

Gamescom
Koelnmesse / gamescom
geschrieben von Marinela Potor

In Köln findet derzeit mit der Gamescom die größte Videospielmesse der Welt statt. Das Ironische daran: In Deutschland wurde das große Potenzial der Branche bislang nahezu völlig ignoriert. 

Gamescom: Deutsche verstehen Gaming nicht

In dieser Woche geht die weltweit größte Videospielmesse Gamescom auf der Koelnmesse in die 13. Runde. Das Ironische daran: In Deutschland wurde das große Potenzial der Branche bislang nahezu völlig ignoriert.

Beim Gaming denken hierzulande nämlich viele noch an pubertierende Jungs auf der Couch, Killer-Spiele und glauben, dass nur die größten Nerds an Videospielen interessiert sind. Das Gegenteil ist der Fall.


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Gaming ist ein riesiger Markt. Nach Informationen von Statista lag der Marktwert der Videospielbranche 2020 weltweit bei rund 156 Milliarden US-Dollar. Dieses Jahr wird das Marktvolumen vermutlich schon auf 178 Milliarden US-Dollar ansteigen und für 2025 könnte Gaming einen Marktwert von 268 Milliarden US-Dollar aufweisen.

Nur 5% der Umsätze landen bei deutschen Unternehmen

Allein in Deutschland gibt es über 34 Millionen Gamer, die übrigens längst nicht mehr nur Jugendliche am Computer sind. Gaming umfasst sämtliche Altersgruppen und Geräte. Insbesondere mobile Videospiele liegen im Trend.

So hat sich der deutsche Videospielmarkt seit 2017 verdoppelt. Von 2019 bis 2020 allein ist der Markt um 32 Prozent gestiegen. Doch von diesen Umsätzen landen lediglich fünf Prozent bei deutschen Unternehmen.

Deutschland verspielt damit also ein riesiges Potenzial. Das hat mittlerweile auch die Bundesregierung erkannt. So stellte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer vor einigen Wochen neben einem neuen „Games-Referat“ auch die neue „Strategie für den Games-Standort Deutschland“ vor.

In dem 36 Seiten langen Papier stellt die Regierung vor, welche Ziele sie sich für die Gaming-Industrie in Deutschland gesetzt hat. So soll Deutschland zum Leitmarkt für Gaming werden. Darüber hinaus möchte die Regierung die Marktentwicklung von Games stärken.

Auch soll das Potenzial, das Gaming für technische Innovation und gesellschaftliche Entwicklungen hält, weiter ausgeschöpft werden. Die Regierung sieht hier beispielsweise Anknüpfungsmöglichkeiten an Anwendungen mit virtueller Realität oder dem Einsatz von Gaming in der Erziehung oder bei der Krankenpflege.

Um die Videospielindustrie im Land daher weiter zu stärken, will die Regierung auf Bundesebene jährlich 50 Millionen Euro an Fördergeldern bereitstellen.

Nur, reicht das?

Game-Strategie führt am Ziel vorbei

Nein, sagt Jonas Thiemann, Gründer und CEO der Applike Group. Applike ist ein Hamburger Unternehmen, das sich auf mobile Apps spezialisiert hat und 2020 mit dem Spiel „Cat Escape“ 2020 einen riesigen Gaming-Hit landete.

Nach Ansicht von Thiemann sei die Strategie des Bundes zwar ein guter erster Schritt, verfehle aber das eigentliche Ziel.

„Die in der Strategie genannte Förderungssumme ist ein Tropfen auf den heißen Stein“, sagt Thiemann gegenüber BASIC thinking. „Die Branche benötigt deutlich höhere Mittel, um wirklich international mitzuhalten.“

Erfolgreiche Videospiele entwickeln ist teuer

Das liege unter anderem daran, dass Gaming-Entwickler:innen viele Versuche brauchen, um einen wirklichen Videospiel-Hit zu landen. Der Markt werde außerdem von einigen wenigen großen Firmen dominiert. Hinzu kommt, dass es sehr teuer ist, ein gutes Spiel zu entwickeln, sagt Thiemann. Insbesondere für Start-ups sei finanzielle Unterstützung daher wichtig.

„Ein Triple-A-Game, also ein Toptitel, kostet im Schnitt in der Entwicklung 60 bis 80 Millionen US-Dollar. Mobile-Games sind zwar in der Regel billiger, wobei hier auch deutlich mehr Versuche scheitern.“

Gerade im mobilen Bereich lasse aber die Strategie der Bundesregierung zu wünschen übrig, beklagt Thiemann. Tatsächlich erwähnt das Strategie-Papier den mobilen Markt gar nicht. Dabei könne man gerade hier mit kleineren Summen mehr bewegen.

Gaming aus der Nerd-Ecke holen

So hofft Jonas Thiemann, dass das Interesse des Bundes immerhin dafür sorgen kann, das Gaming aus der Nerd-Ecke zu holen. Für andere Länder seien Videospiele längst in der Mitte der Gesellschaft angekommen.

„In der Türkei beispielsweise findet man praktisch an jeder Ecke ein Gaming-Studio und junge Menschen, die Gaming-Entwickler:innen werden wollen, sind dort keine Exoten. In Deutschland leider schon.“

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Über den Autor

Marinela Potor

Marinela Potor ist Journalistin mit einer Leidenschaft für alles, was mobil ist. Sie selbst pendelt regelmäßig vorwiegend zwischen Europa, Südamerika und den USA hin und her und berichtet über Mobilitäts- und Technologietrends aus der ganzen Welt.

1 Kommentar

  • Das ist schon richtig, dass Deutschland das Potential nicht ausnutze, aber müssen es immer direkt Triple-A-Titel sein? Wir haben in Deutschland ja auch einige Indie-Studios und dabei sind schon richtig gut Spiele herausgekommen! Ich denke da beispielsweise an „Can’t Drive This“, „Endzone: World Apart“ oder „Death Trash“.

    Ich halte es natürlich für absolut sinnvoll, dass die Bundesregierung hier die Entwicklung fördert, um den Anschluss nicht zu verpassen. In dem Beitrag klingt es nur ein wenig so, als würde Deutschland in der Games-Branche nicht viel zu bieten haben. Ich denke das wir schon „mitspielen“ und E-Sports-Teams, Indie-Studios und Entwickler haben und das Potential besonders groß ist. Schön wäre natürlich, wenn das alles weiter ausgebaut wird.

    Generell frage ich mich auch, wann das Thema Gaming endlich überall im „Mainstream“ so weit angekommen ist, das es viel präsenter wird. Ich glaube irgendwann kommt der Tag, an dem wir E-Sport-Turniere im TV verfolgen können. Wenn man sich das letzte Jahrzehnt anschaut in dem das streamen auf Twitch boomt und „Gamer“ teilweise schon zum Beruf geworden ist dann wird einem bewusst, wie stark die Entwicklung im Gaming-Sektor voranschreitet. Ich behaupte einfach mal, wir stehen noch ganz am Anfang.

    Noch kurz zum mobilen Markt: Ich glaube tatsächlich, dass hier das größte ungenutzte Potential liegt. Allerdings sieht es auch so aus, dass die Entwickler von mobile Games es sich m.E. selbst versauen. Man sehe sich die viele Werbung und In-App-Käufe an. Das ist m.E. kein Modell, dass Zukunft hat. Mit Diablo Immortal sieht man beispielsweise, dass die technische Umsetzung auf Mobilgeräten einen riesigen Sprung gemacht hat. Das Geschäftsmodell stößt aber auf große Kritik. Das es technisch möglich ist Spiele wie Fortnite, Apex o.ä. auf dem Smartphone zu spielen ist großartig – doch das Smartphone hat in Zukunft sicher noch mehr zu bieten.