Die bevorstehende Bundestagswahl am 26. September 2021 steht unter besonderen Voraussetzungen. Pandemiebedingte und parteipolitische Interessen prallen aufeinander. Wie aber sind die Parteien im Online-Wahlkampf aufgestellt? Und: Wie viel Geld geben sie aus?
Wahlkampf findet längst nicht mehr nur auf der Straße und in Talkshows statt. Vor allem im Kontext der Pandemie spielen die sozialen Medien und das Internet eine immer größere Rolle. Mit Wahlplakaten, Infoständen und Fernsehauftritten ist es beileibe nicht mehr getan.
Denn potentielle Wähler:innen verbringen immer mehr Zeit im Internet. Laut dem Digital 2021 Global Overview Report waren die Deutschen im Jahr 2020 im Schnitt 326 Minuten pro Tag online.
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Das sind mehr als fünfeinhalb Stunden täglich. Fünfeinhalb Stunden, in denen Politiker:innen die Möglichkeit haben, im Internet auf sich aufmerksam zu machen. Welchen Stellenwert der Online-Wahlkampf für die Parteien hat, zeigt auch ein Blick auf deren Wahlkampf-Budgets.
Über sechs Millionen Euro für Online-Anzeigen
Alle großen Parteien betreiben Online-Wahlkampf. Bereits seit einigen Jahren bauen sie ihre Online-Präsenzen kontinuierlich aus. Die Covid-19-Pandemie hat diese Entwicklung beschleunigt. Im aktuellen Wahlkampf geben die Parteien so viel Geld wie nie zuvor für Online-Werbung aus.
Über sechs Millionen Euro haben alle im Bundestag vertretenen Parteien beispielsweise seit 2019 für Facebook- und Google-Anzeigen ausgegeben. Aufschluss darüber geben entsprechende Transparenz-Seiten, die beide Unternehmen seit rund zwei Jahren betreiben.
Transparenz-Seiten von Google und Facebook
Spitzenreiter sind laut der Transparenz-Seite von Google die Grünen. Über 844.000 Euro hat die Partei von Spitzenkandidatin Annalena Baerbock seit dem 20. März 2021 in Google-Anzeigen investiert.
Knapp dahinter die CDU, die im gleichen Zeitraum über 720.000 Euro ausgab. Es folgen die FDP mit über 400.000 Euro und die SPD mit über 300.000 Euro. Den letzten Platz belegt die Linke mit rund 35.000 Euro.
Wie Google betreibt auch Facebook eine Transparenz-Seite, die Auskunft über die Werbeausgaben der Parteien gibt. Allerdings listet das soziale Netzwerk nur größere Facebook-Seiten. Kleinere Accounts von Orts- und Kreisverbänden fallen aus der Statistik.
Spitzenreiter hier: die CDU. Über eine Million Euro hat die Partei von Spitzenkandidat Armin Laschet seit April 2019 über 20 aktive Facebook-Seiten investiert. Es folgen die FDP und die SPD mit jeweils über 900.000 Euro. Knapp dahinter die Linke mit über 800.000 Euro. Schlusslicht sind die Grünen mit rund 200.000 Euro.
Wahlkampf-Budget: Parteien geben nur bedingt Auskunft
Genaue Angaben, wie viel Budget für den Online-Wahlkampf zur Verfügung steht, machen jedoch die wenigsten Parteien. Immerhin haben drei Parteien ihr Gesamtbudget für den Wahlkampf veröffentlicht: Die CDU (20 Millionen Euro), die SPD (15 Millionen Euro) und die FDP (6,5 Millionen Euro).
Die Grünen wiederum schlüsseln etwas genauer auf und geben für den Online-Wahlkampf ein Budget von rund 2,5 Millionen Euro an. Das wiederum seien rund 20 Prozent des Gesamtbudgets. Den Linken stünden Berichten zufolge 500.000 Euro Online-Budget zur Verfügung.
Online-Wahlkampf: Vor allem kleinere Parteien profitieren
Im Online-Wahlkampf sind kleinere Parteien deutlich im Vorteil. Aus der Opposition heraus können sie Inhalte wesentlich zugespitzter formulieren als die Regierungsparteien. Das wiederum entspricht den Kommunikationsmechanismen sozialer Medien, weshalb oftmals auch ein geringeres Budget ausreicht, um eine große Reichweite zu erzielen.
Im Gegensatz zur CDU/CSU und SPD ist die Wählerschaft von FDP und Grünen zudem deutlich jünger. Das Social Web bietet ihnen daher eine größere Zielgruppe. Die Linke wiederum, die im Schnitt zwar auch eine ältere Wählerschaft anspricht, profitiert vom jahrelangen Aufbau der eigenen Facebook-Präsenz.
Im Gegensatz zu manch anderen Parteien versteht die Partei von Spitzenkandidat Dietmar Bartsch soziale Medien nicht ausschließlich als Sendeplattform. Bei den Linken stehen vor allem die Community und Interaktion im Vordergrund.
Auffallend ist jedoch, dass die Ausgaben für Online-Anzeigen das angegebene Budget der Linken übersteigen. Das wiederum dürfte sich allerdings lediglich auf das Jahr 2021 beziehen, während die Ausgaben bis ins Jahr 2019 zurückreichen.
Die Macht der Algorithmen
Der Online-Wahlkampf steht dennoch im Schatten der Konzerne. Zwar können Parteien eine Zielgruppe für ihre Anzeigen festlegen. Allerdings bestimmen die Algorithmen von Facebook und Google anhand unserer Angaben und Interessen, welche Inhalte wir zu sehen bekommen.
Zudem sehen sich die Parteien zunehmend mit Fake-Profilen und Desinformation konfrontiert. Eindeutige Regulierungen und Kontrollmechanismen gibt es nicht. Um auch online einen fairen Wettbewerb zu garantieren, wäre es deshalb möglicherweise sinnvoll, Wahlwerbung unabhängig von Algorithmen und Zielgruppen auszuspielen.
Das wiederum würde verhindern, dass wir ausschließlich Anzeigen von ohnehin präferierten Parteien zu sehen bekommen. Zudem könnten auch User, die aufgrund fehlender Angaben durch das Raster fallen, erreicht werden. Ein Plädoyer für politische Vielfalt und die Neutralität der Medien.
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