Auch in Deutschland gibt es zahlreiche junge Gründer:innen mit innovativen Ideen. Doch sie werden noch zu wenig gefördert. Deswegen ist es wichtig, dass der Mittelstand die Vorurteile gegenüber Start-ups abbaut. Allerdings müssen auch junge Gründer:innen sich ändern.
Nicht zuletzt aufgrund einer erfolgreichen Fernsehserie sind Start-ups in aller Munde. Zu gründen ist vermeintlich zum Trend geworden. Doch es ist viel mehr als ein Trend.
Es ist zwingend notwendig, dass in dieser sich schnell verändernden Welt auch ein frisches Mindset und innovative Ideen im Business etablieren. Aber wie kann dies nachhaltig passieren, sodass sie auch wenn die Kameras aus sind, unsere Wirtschaft langfristig positiv beeinflussen?
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Bekannte und gefährliche Vorurteile gegenüber Start-ups
In meinem Unternehmer-Umfeld, gerade im mittelständischen Bereich, höre ich immer wieder Vorurteile gegenüber Start-ups. „Die machen sich doch nur einen Spaß daraus ein bisschen Unternehmer zu spielen“, „Die können doch alle nichts“ oder „Die wollen nur schnell Kohle verdienen“ ist nur ein Auszug dessen, was ich immer wieder höre und was in vielen Köpfen tief verankert ist.
Auch Trigema-Chef Wolfgang Grupp Senior warnte im Rahmen des „The Grow Summit 2021“ vor dem Mindset: „Einfach gründen und wenn es schief geht, werden die anderen schon zahlen.“
Doch so erlebe ich das nicht. Herr Grupp forderte im Nachgang zu Recht ein Verantwortungsbewusstsein bei Unternehmer:innen und speziell auch bei Gründer:innen. Offen gestanden: Genau dieses Verantwortungsbewusstsein erlebe ich bei den meisten Jungunternehmer:innen in meinem Netzwerk.
Auch im Umfeld meiner Tätigkeit als Mentor und Investor lerne ich sehr zielstrebige und engagierte junge Leute kennen. Menschen, die echte Unternehmer werden wollen oder bereits sind.
Berechtigte Vorurteile gegenüber Start-ups? Arrogante Gründer
Doch ich erlebe auch die andere Seite der Vorurteile. Es besteht eine gewisse Arroganz auf Seiten mancher Gründer:innen, die teilweise tatsächlich kurzfristig hohe Umsätze erzielt haben und ein solide gewirtschaftetes mittelgroßes Unternehmen als unwichtig abtun. Oder, die den eingesessenen Mittelstand nur als verstaubt und langweilig wahrnehmen.
Ich sage: Beiden vorurteilsbehafteten Seiten entgehen Chancen – und zwar riesige Chancen – wenn sie sich von eben diesen Gedanken nicht befreien und nicht gezielt nach einer Zusammenarbeit streben.
Prof. Dr. Nadine Kammerlander, Lehrstuhlinhaberin am Institut für Familienunternehmen und Mittelstand der WHU, hat im Rahmen der Eventreihe „The Grow“ eine Studie über die Zusammenarbeit von Start-ups und Mittelstand erarbeitet, deren erste Ergebnisse zuletzt im Magazin The Grow erschienen sind.
Was sich der Mittelstand von Start-ups erhofft
Diese zeigen, dass 70 Prozent der Umfrage-Teilnehmer bereits mit der jeweils anderen Partei kooperiert haben. Bei 50 Prozent verlief die Zusammenarbeit gut oder sogar sehr gut. Es gibt also in vielen Bereichen bereits positive Beispiele.
Dabei erhoffen sich 54 Prozent der Mittelständler von der Zusammenarbeit Lösungen von existenten Problemen im Unternehmen. 51 Prozent zielen auf Diversifikation durch neue Geschäftsmodelle ab und 45 Prozent erhoffen sich Zugang zu Technologie.
Was sich Start-ups vom Mittelstand erhoffen
Umgekehrt erhoffen sich 76 Prozent der Start-ups Zugang zu Kunden, 55 Prozent zielen auf ein finanzielles Investment ab und 44 Prozent wünschen sich Zugang zu Wissen.
Die gute Nachricht: Alle gewünschten Punkte gibt es bei der jeweils anderen Partei. Die schlechte Nachricht: Es wird noch viel zu wenig genutzt. Kapital erhalten deutsche Start-ups weiterhin hauptsächlich aus dem Ausland.
Das müssen wir ändern, um unsere Wirtschaft langfristig agil, zeitgemäß und konkurrenzfähig gegenüber China und den USA zu halten. Und um das zu ändern, müssen Plattformen des Austauschs geschaffen werden. Wir müssen es schaffen ein Verständnis zwischen Start-ups und Mittelstand zu erreichen und Vorurteile abzubauen.
Immerhin: In der Studie von Prof. Dr. Kammerlander sehen 71,5 Prozent der mittelständischen Unternehmen die hohe Innovations-Kraft der Start-ups als Top-Vorteil. Und 79 Prozent der Start-ups sehen langfristiges Denken als Top-Vorteil, den ein Partner aus dem Mittelstand bietet.
Wir sind also auf dem richtigen Weg, aber wir alle müssen diesen Weg noch konsequenter gehen.
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