Ob bei den Olympischen Sommerspielen in Tokio oder bei der Fußball-Europameisterschaft: Tik Tok Werbung ist omnipräsent. Doch welche Strategie verfolgt die Video-Plattform dabei? Darüber haben wir mit Lars Ernst, Head of Marketing DACH bei Tik Tok, im Interview gesprochen.
Erinnerst du dich noch zurück an die Spiele der Fußball-Europameisterschaft 2021 – beziehungsweise der Euro 2020? Nach jedem Spiel und in fast jeder Werbe-Unterbrechung waren kurze Clips der offiziellen Sponsoren des Fußball-Großevents zu sehen.
Neben klassischen Partnern war im Jahr 2021 auch erstmals ein überraschender Marketing-Partner an Bord: Tik Tok. Richtig, eine Kurzvideo-Plattform, die primär von Jugendlichen und jungen Erwachsenen genutzt wird, wirbt bei großen Ereignissen wie der Fußball-Europameisterschaft oder den Olympischen Spielen.
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Das wirft natürlich Fragen auf. Wieso sehen wir plötzlich überall Tik Tok Werbung? Warum schaltet Tik Tok plötzlich in fast allen Umfeldern Werbung, obwohl die eigentliche Zielgruppe doch deutlich jünger ist?
Genau über diese Fragen haben wir mit Lars Ernst gesprochen. Erst ist als Head of Marketing DACH bei Tik Tok für die Werbestrategie in Deutschland, Österreich und der Schweiz verantwortlich.
BASIC thinking: Lars, Tik Tok hat in diesem Jahr einige Meilensteine erreicht. Fass uns doch einmal die wichtigsten Tik Tok Kennzahlen zusammen.
Lars Ernst: Wir konnten 2021 einige echt Meilensteine feiern. Weltweit haben wir mittlerweile eine Milliarde monatlich aktive Nutzer:innen. Außerdem hat in diesem Jahr als erster Europäer Khaby Lame die Marke von 100 Millionen Follower:innen geknackt – inzwischen sind es sogar 122 Millionen.
Worauf wir als Team echt stolz sind: Tik Tok verbindet Welten miteinander – über Kulturen, Alter, ethnische Gruppen und Sprache hinweg. Und wir bringen dieser diversen Community eine ganz neue Art von Entertainment.
Tik Tok: Werbung bei Olympia und der EM
2021 war ein Jahr der Großereignisse. Wir denken dabei beispielsweise an die Fußball-Europameisterschaft und die Olympischen Spiele. Überall gab es Tik Tok Werbung. Warum?
Sport ist ein elementarer Teil unserer deutschen Kultur und wir möchten als Plattform ebenfalls ein Teil davon sein. Wir hatten bereits viele Inhalte auf der Plattform, zu denen sich sportbegeisterte Fans ausgetauscht haben. Mit den starken Partnerschaften in diesem Jahr konnten wir das Momentum weiter ausbauen.
#Olympic2020 hat beispielsweise über 1,5 Milliarden Aufrufe erzielt. Neben diesen Erfolgen haben wir auch eng mit dem Formel-1-Team von Aston Martin zusammengearbeitet und konnten Sebastian Vettel gewinnen, eine Challenge für die Community zu launchen.
Bei der Fußball-Europameisterschaft war Tik Tok sogar offizieller Sponsor. Was hat euch zu diesem Schritt bewogen?
Als Marke, die viele Bereiche der Gesellschaft prägt, möchten wir während relevanter Momente präsent sein. Unser Ziel ist es, eine Plattform zu sein, auf der unterschiedlichste Fans zusammen feiern können.
Mit unserer Kampagne zur Euro 2020 „Wir sind mehr Fußball als du denkst“, an die „Das Spielfeld für alle Fans“ direkt angeknüpft hat, konnten wir auch prominente Unterstützer:innen begeistern – von Bibiana Steinhaus, der ersten weibliche Schiedsrichterin der Bundesliga, Freestyle-Fußball-Weltmeisterin Liv Cooke bis hin zu Ahmed Rakaba, einem der besten Straßenfußballer der Welt.
Die Zielgruppe von Tik Tok in Deutschland und der Welt
Nun ist es ja so, dass Tik Tok primär von jungen Menschen genutzt wird. Wie sieht die Altersverteilung bei euch in Deutschland aus?
Tik Tok ist erwachsen geworden. Der Großteil unserer Nutzer:innen ist über 18 Jahre alt. Dennoch war die Generation Z in erster Instanz maßgebend für die Entwicklung unserer Plattform. Sie hat viele bemerkenswerte Trends erst ermöglicht. Jetzt zieht Tik Tok Menschen aller Altersgruppen und Kulturen an.
Das reicht von Kleinunternehmer:innen und mittelständischen Unternehmen, die die Plattform als starkes Instrument zum Aufbau ihrer Marke nutzen, bis hin zu ganzen Familien, die Spaß an den kreativen Inhalten auf Tik Tok haben.
Dem gegenüber steht das lineare Fernsehen. Selbstverständlich schauen bei den großen Sport-Events auch einige Kinder und Jugendliche zu. Sie sind jedoch in der Minderheit. Provokant gefragt: Kommuniziert ihr an eurer Zielgruppe vorbei?
Tik Tok hat bereits eine ausgeprägte junge Community. Es geht hier vielmehr darum, neue Zielgruppen zu erschließen. Auf Tik Tok sind längst Nutzer:innen aller Altersgruppen aktiv, die eben auch Inhalte für alle Altersgruppen erstellen. Durch den Für-dich-Feed finden alle Nutzer:innen die Inhalte, die ihren Interessen entsprechen.
Offensichtlich verfolgt Tik Tok das Ziel, auch ältere Menschen ab 30, 40 oder sogar 50 Jahren anzusprechen. Wieso erfolgt dieser Schritt?
Wie bereits gesagt, sind unsere Nutzer:innen älter als oft angenommen. Das ist auch einer der Gründe für unsere „Wir sind mehr als du denkst“-Kampagne im Jahr 2021. Auf Tik Tok findet mittlerweile jede:r seine passende Community.
Tik Tok Werbung bei der Fußball-EM: Über 21 Milliarden Aufrufe
Mit Sicherheit habt ihr eure Kampagnen rund um die Europameisterschaft analysiert. Was ist dabei herausgekommen?
Tik Tok ist als erste digitale Unterhaltungsplattform eine Partnerschaft mit der UEFA Euro 2020 eingegangen. Ziel war es, ein Zuhause für alle Fußballfans zu werden. Durch die Partnerschaft mit der UEFA wollten wir zudem unsere Bekanntheit als Heimat für Fußballbegeisterte festigen.
Das hat unserer Ansicht nach sehr gut funktioniert. Der Hashtag #Euro2020 hat über 21 Milliarden Aufrufe und mittlerweile sind auch Sportgrößen wie Toni Kroos, Thomas Müller, Mario Götze und etliche Bundesliga-Clubs auf Tik Tok aktiv.
Lässt sich ein kausaler Zusammenhang zwischen euren Werbekampagnen und Registrierungen oder anderen Erfolgs-KPIs feststellen?
Mit der dritten Weiterentwicklung unserer deutschen Kampagnen-Plattform „Wir sind mehr als du denkst“ haben wir eine der erfolgreichsten lokalen Markenkampagnen geschaffen.
Mit Tests und Auswertungen der Performance von „Wir sind mehr als du denkst 1.0“ und „Wir sind mehr Fußball als du denkst“ konnten wir wertvolle Erkenntnisse sammeln mit denen wir die Kampagne noch optimiert haben.
Dabei bringen wir die Kampagnenbotschaft durch unsere Creator:innen rüber, um spontane Ad Awareness und relevante Brand Awareness zu schaffen. Kernelement bleiben unsere Creator:innen mit User-generated Content.
„Tik Tok ist und war nie eine Social-Media-Plattform“
Tik Tok wird immer nutzer- und werbefreundlicher. Videos werden länger. Die Formate einfacher. Verspielt ihr damit eure größten Unterscheidungsmerkmale?
TikTok ist und war nie eine Social-Media-Plattform. Denn es geht nicht darum, mit wem oder mit wie vielen Personen unsere Nutzer:innen vernetzt sind. Der Kern von Tik Tok liegt im Bereich Entertainment. Die kreativen Inhalte und der Austausch zwischen Creator:innen, Nutzer:innen und Marken stehen im Mittelpunkt.
Deshalb können Inhalte unabhängig von der Anzahl der Follower:innen auch plötzlich durch die Decke gehen. Wir bringen Menschen zusammen, die gemeinsam originelle Trends, Memes und sogar neue Sub-Kulturen formen.
Längere Videos oder auch Live-Formate geben Marken und Unternehmen noch mehr Werkzeuge an die Hand, guten Content zu erstellen.
Schutz von Minderjährigen auf Tik Tok
Oftmals steht Tik Tok dafür in der Kritik, dass gefährliche Challenges eine gesundheitliche Gefahr für User darstellen. Ein gesundheitsgefährdendes Umfeld ist für das Marken-Image von Tik Tok selbstverständlich ein Nachteil. Wie wollt ihr in Zukunft sicherstellen, dass wirklich keine Kleinkinder die App nutzen?
Sicherheit ist unsere oberste Priorität, weil wir wissen: Nur wer sich sicher fühlt, kann sich kreativ entfalten. Selbstverständlich halten wir uns an gesetzliche Normen und gehen beim Schutz unserer jüngeren Nutzer:innen sogar noch einen Schritt weiter.
So ist die App gemäß unseren Nutzungsbedingungen nur für Nutzer:innen ab 13 Jahren erlaubt. Zusätzlich sind registrierte Konten von Tik-Tok-Nutzer:innen zwischen 13 und 15 Jahren per Voreinstellung auf „privat” gesetzt. In dieser Einstellung können die Nutzer:innen selbst entscheiden, wer ihnen folgen und ihre Videos sehen und kommentieren darf.
Außerdem haben wir jüngst eine internationale Studie durchgeführt, die sich genau mit dem Thema Challenges beschäftigt. Wir wollen verstehen, wie junge Menschen mit potenziell gefährlichen Challenges oder Hoaxes in Berührung kommen.
Mit Hilfe einer Befragung von „Praesidio Safeguarding“, einer unabhängigen Agentur für Schutz im Netz, und zusätzlicher Unterstützung von Expert:innen entwickeln wir unsere Schutzmechanismen laufend weiter.
Wie geht ihr gegen gefährliche oder schädliche Trends vor?
Strenge Richtlinien sind ein wichtiger Teil unserer Sicherheitsstrategie. Diese koppeln wir mit Maßnahmen zur frühzeitigen Erkennung solcher Tendenzen. Wir haben Technologien entwickelt, die bei unseren Sicherheitsteams Alarm schlagen, wenn sich unter einem Hashtag plötzlich andersartige oder gefährdende Inhalte sammeln.
Gemeinsam mit Expert:innen haben wir auch neues Info-Material für unser Sicherheitszentrum zusammengestellt – alles im Bezug auf gefährliche Challenges. Wer auf Tik Tok gezielt nach diesen sucht, findet nun mit Expert:innen erarbeitete Warnhinweise.
Über die #SaferTogether-Kampagne leisten wir mithilfe verschiedener Creator:innen zusätzlich präventive Aufklärung für eine sicherere Nutzung.
Tik Tok Marketing: Die Ziele für 2022
Welche Marketing-Ziele habt ihr euch für 2022 gesetzt?
Wir prägen Kultur, werden von ihr geprägt und sie wird auf unserer Plattform remixed. Neues wird geboren, Einzigartiges entwickelt sich weiter. Genau dort wird Marketing anknüpfen und ebenso inspirieren und überraschen wie die Inhalte auf Tik Tok.
Und zuletzt noch: Welchem Tik Tok Account folgst du, dem alle interessierten Marketer auch dringend folgen sollten?
Es gibt super viele spannende Accounts, die „Don’t make ads, make TikToks“ perfekt umsetzen. Um nur drei zu nennen: die Deutsche Bahn, Duolingo und Aston Martin’s Formel 1 Team.
Darüber hinaus sollten sich Marketer den Account von Francis Bourgeois anschauen, um zu verstehen, wie Sub-Kulturen auf Tik Tok funktionieren. Francis ist leidenschaftlicher Eisenbahn-Fan und bringt diesen Enthusiasmus so ansteckend rüber, dass ihm schon über 1,7 Millionen Fans folgen.
Vielen Dank für das Gespräch, Lars!
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