Marketing Unterhaltung

Diese alte YouTube-Show verdirbt die Influencer von morgen – noch immer

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Die YouTube-Show Instant Influencer setzt dem Influencer-Wahnsinn die Krone auf. (Foto: Screenshot / YouTube)
geschrieben von Vivien Stellmach

Instant Influencer ist eine Casting-Show für Beauty-Influencer auf YouTube. Die Sendung von und mit Make-up-Artist James Charles ist im Frühling 2020 gelaufen und hat schon damals – gewollt oder nicht – aufgezeigt, was im Influencer Marketing alles falsch läuft. Das gilt auch heute noch.

In der Casting-Show Instant Influencer hat der erfolgreiche YouTuber und Beauty-Influencer James Charles ein neues Influencer-Nachwuchstalent gesucht – und es natürlich auch gefunden. Die vierteilige Sendung wurde von YouTube finanziert und millionenfach geklickt, alles an ihr wirkt extrem inszeniert und geleckt.

Das Format der Sendung ist aus anderen Casting-Shows längst bekannt: Charles hat vorab sechs Teilnehmer ausgewählt, die er in jeder Episode in verschiedenen Challenges auf die Probe stellte. Die Influencer-Talente sollten beweisen, wer von ihnen das Zeug zum Beauty-Superstar hat.


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Der Gewinner erhielt am Ende 50.000 US-Dollar und den Titel des Instant Influencer.

Instant Influencer: Influencer sind keine Schauspieler – oder doch?

Doch wie das mit Casting-Shows grundsätzlich so ist, mussten die Teilnehmer bestimmte Erwartungen erfüllen, um weiterzukommen. Fehler wurden sofort bestraft, denn sie entschieden über Erfolg und Misserfolg in der Sendung.

Aber das war nicht das einzige Problem. Charles brachte seinen Schützlingen damals nämlich auch bei, dass Influencer schauspielerisches Talent mitbringen müssen. In der dritten Episode sollen die Influencer zum Beispiel kurze Clips drehen, um sich bei ihren Followern für folgende Vergehen zu entschuldigen:

  • Zu viele Clickbait-Titel für Klicks
  • Das eigene Fantreffen verpasst
  • Fotos zu sehr bearbeitet
  • Zweites Entschuldigungsvideo für Werbeanzeigen im ersten

Die Challenge trainiert den Influencern erfolgreich Lügen und Schauspielen an. „Meine Nase sieht so viel dünner aus als im echten Leben, weil ich eine Thaddäus-Nase habe“, schluchzt zum Beispiel Benny Cerra. Er entschuldigt sich für seine überarbeiteten Fotos, während künstliche Tränen gewollt sein Make-up ruinieren.

Instant Influencer verdirbt die Influencer von morgen

Instant Influencer hat nichts mit Authentizität zu tun. Aber genau darum sollte es im Influencer Marketing gehen. In einer weniger kapitalistischen Welt inspirieren Menschen, die über die sozialen Netzwerke eine hohe Reichweite aufgebaut haben, andere Menschen mit dem, was sie ehrlich selbst mögen.

Das Prinzip ist einfach und natürlich. Nur schaffen wir mit dem Influencer Marketing ein weiteres Feld, um hinterhältig Geld zu machen. Und Instant Influencer trainierte schon 2020 den Teilnehmer:innen genau diese Einstellung an.

Beobachten können wir das auch in der zweiten Challenge der Episode, bei der die Influencer gemeinsame Videos mit Profi-Künstlern drehen dürfen.

Influencer Marketing ist ein Wettbewerb

Cerra, der als Sieger aus der vorherigen Challenge hervorgegangen ist, durfte sich seinen Partner aussuchen und die übrigen Profis auf seine Konkurrenten verteilen.

Er drehte ein überzogen unterhaltsames Video mit Bretman Rock, für das Charles ihn in einigen Punkten konstruktiv kritisierte. Diese Kritik scheint bei Cerra aber überhaupt nicht positiv anzukommen. Vielmehr scheint er nur daran zu denken, dass seine Fehler nun das Aus in der Casting-Show bedeuten könnten.

Und es kommt noch dicker: Auf die Frage, welche Strategie Cerra verfolgt habe, als er die Profi-Influencer auf seine Konkurrenten verteilt habe, antwortete er: „Ich habe geschaut, welche Paare zusammen am besten funktionieren.“

Ein ehrenwerter Gedanke, für den Charles ihn gleich rügt: „Das hier ist ein Wettbewerb“, antwortet er überheblich.

James Charles: „Sei du selbst, stich heraus!“

Wie verlogen und hinterhältig das Konzept von Instant Influencer wirklich ist, sehen wir ganz deutlich auch nochmal am Ende der Episode.

Charles lobt die Kandidaten für ihre Arbeit und fordert sie am Ende dazu auf, sie selbst zu sein und herauszustechen. Die Show wirkt wie ein Trainingslager für Influencer, die ihre Follower unterhalten und ihnen immer das geben sollen, was sie wollen. Wie die Kandidaten sich selbst dabei fühlen, scheint zweitrangig zu sein.

Genau dieses Denken prägt leider auch unsere Gesellschaft vor dem Jahreswechsel 2021/2022. Wir sind größtenteils dazu erzogen worden, das zu tun, was andere von uns erwarten. Dass man sich dabei oft selbst belügt  vor allem, wenn sonst der Erfolg darunter leidet, wird einfach totgeschwiegen. Und das sollten wir ändern.

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Über den Autor

Vivien Stellmach

Vivien Stellmach war von Mai 2019 bis November 2020 Redakteurin bei BASIC thinking.