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Datenschutz und Tracking dominieren auch 2022 das Affiliate Marketing

Affiliate Marketing 2022, Tracking, Datenschutz
unsplash.com/ Campaign Creators
geschrieben von Markus Kellermann

Affiliate Marketing gehört auch im Jahr 2022 zu den Wachstumstreibern im Online-Marketing. Das ergab eine Umfrage unter 1.100 Affiliate-Marketeers. Aber welchen Chancen, Risiken und Herausforderungen beschäftigen die Branche? Das beleuchten wir in einer dreiteiligen Serie. Teil 2 von 3: Datenschutz und Tracking. 

Affiliate Marketing 2022: Datenschutz und Tracking-Themen dominieren

Nach wie vor gibt es immer noch keine finale Verabschiedung der seit Jahren geplanten ePrivacy-Verordnung (ePV), auch wenn zumindest seit 2021 die Trilog-Verhandlungen mit dem Europäischen Parlament begonnen haben.

Angesichts einiger Streitpunkte hinsichtlich des aktuellen Verordnungstextes durch die portugiesische Ratspräsidentschaft und dem Entwurf der EU-Ministerrates werden sich diese allerdings noch ziehen. Daher ist mit einem Inkrafttreten der ePV nicht vor 2023 zu rechnen. Unter Berücksichtigung einer Übergangszeit von womöglich 24 Monaten ergäbe sich damit ein Geltungsbeginn etwaiger Neuregelungen nicht vor 2025.

Aus diesem Grund ist der deutsche Gesetzgeber vorgeprescht und hat am 1. Dezember2021 das Telekommunikation-Telemedien-Datenschutzgesetz (TTDSG )verabschiedet. Die von der EU-Kommission 2009 geänderte EU-Cookie-Richtlinie in Deutschland wurde nämlich nicht vollständig umgesetzt.

Es gab unterschiedliche Auslegungen darüber, ob und wie das Consent-Erfordernis für Cookies durch die bisherigen Regelungen im TMG umgesetzt wurde. Dadurch wurde nun Klarheit geschaffen, dass vor dem Speichern und Auslesen von Daten aus dem Endgerät für das Setzen von Cookies die Webseiten- und Onlineshopbetreiber das Opt-In der Nutzer:innen einholen müssen.

Was bedeutet das für Advertiser und Publisher?

Für Advertiser und Publisher bedeutet das auf jeden Fall, dass sie ihre technische Infrastruktur neu bewerten und sich an die rechtlichen Vorgaben halten müssen, falls sie keine Abmahnungen oder Bußgelder für Datenschutzverstöße bezahlen möchten.

Zudem gibt es aktuell noch viele offene Fragen rund um Cookie-Consent und dem TTDSG hinsichtlich der konkreten Consent-Anforderungen, dem Risikoaspekt und den finalen Designanforderungen für Cookie-konforme Banner.

Diese sollen daher in einer Orientierungshilfe für Telemedienanbieter zum Anwendungsbereich der TTDSG, vor allem zum Erfordernis der Einwilligung nach § 25 Ab. 1 TTDSG auf der Konferenz von unabhängigen deutschen Datenschutzaufsichtsbehörden des Bundes und der Länder (DSK) erarbeitet werden. Der Termin hierzu soll Anfang 2022 stattfinden.

Trend-Umfrage: Datenschutz- und Browserregulierung mit negative Einflüsse auf den Umsatz?

Laut einer Trend-Umfrage sahen allerdings 42 Prozent der Affiliates und 30 Prozent der Advertiser, dass die Datenschutz- und Browserregulierungen in 2021 negative Einflüsse auf ihre Umsätze hatten. Umso wichtiger ist es, sich mit Lösungen auseinanderzusetzen, um die notwendigen Standards einzuhalten.

Ein wichtiger Faktor dabei ist vor allem, dass Advertiser ihr Tracking auf First-Party-Tracking umstellen. Zum einen, weil dadurch die Attribution über die verschiedenen Browser sichergestellt ist, welche übergreifend keine Third-Party-Cookies mehr akzeptieren, und zum anderen weil dadurch Affiliate-Netzwerk- und Technologie-Cookies ausschließlich durch den Advertiser für das Auslösen des Trackings gesetzt werden.

Dieie Verantwortung des Consent-Managements läge dann auf Seiten des Advertisers, falls das jeweilige Netzwerk das Tracking als Auftragsverarbeiter und nicht als Dateninhaber bewertet.

Dennoch haben der Umfrage zufolge immer noch 21 Prozent der Advertiser ein veraltetes Third-Party-Tracking im Einsatz. Zwar sind das weniger als Anfang 2021, wo noch 51 Prozent ein veraltetes Tracking nutzten, dennoch besteht dringender Handlungsbedarf bei Advertisern, neue Trackingalternativen zu implementieren.

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Affiliate Marketing 2022: Zukünftige Tracking-Modelle

Hinsichtlich zukunftsfähiger Tracking-Modelle im Affiliate-Marketing sehen 89 Prozent der Advertiser und 62 Prozent der Affiliates das Server-to-Server-Tracking als Zukunftsmodell, auch wenn aktuell nur 27 Prozent bereits ein Server-to-Server-Tracking im Einsatz haben.

Es handelt sich dabei um eine Lösung, welche Tracking-Informationen beispielsweise mit php direkt in eine Datenbank oder ein Logfile des Advertiser schreibt und die Verarbeitung der Informationen häufig direkt auf dem Web-Server erfolgt. Das heißt, der Advertiser speichert Sales und Umsätze datenbankseitig direkt bei sich und transferiert diese dann serverseitig an das Affiliate-Netzwerk/Technologie.

Nur 3 Prozent der Advertiser sehen derzeit Login-Systeme oder ID-Lösungen wie zum Beispiel die NetID als alternative Lösung. Das liegt womöglich daran, dass derzeit immer noch die Akzeptanz bei den Endkunden fehlt und die Log-in-Allianzen noch viel Werbeleistung erbringen müssen, um die Thematik beim Kunden zu verankern.

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Eine spannenden Entwicklung

Auch zukünftig bleiben daher die Entwicklungen und die Restriktionen der Browserhersteller, sowie politischer und gerichtlicher Entscheidungen spannend. Die Branche muss auch weiter mutig und innovativ bleiben, damit die großen GAFA-Unternehmen sie nicht substituieren.

Auch die weitere Entwicklung von sogenannten Personal Information Management Systems (PIMS), welche das TTDSG unter §26 nennt, bleibt weiterhin spannend.

Bei PIMS handelt es sich um Systeme beziehungsweise Softwareanwendungen, die der Nutzerschaft mehr Kontrolle über ihre Daten geben sollen. So sollen Besucher:innen von Webseiten zukünftig auf ihren Endgeräten und nicht wie bisher in ihren Browsereinstellungen beziehungsweise über Cookie-Banner speichern, welche Einwilligungen wofür erteilt werden sollen.

Neue Dienste mit zentraler Verwaltung

Zukünftig soll es dadurch neue Dienste geben, über die die Nutzer:innen nur einmalig und zentral angeben müssen, ob, wo und unter welchen Bedingungen sie Cookies zustimmen oder nicht. Diese Informationen werden anschließend vom Anbieter des PIMS an alle Websites weitergeleitet.

Cookie-Banner könnten also, wenn es so kommen sollte, künftig nicht mehr zwingende Notwendigkeit für das Tracking sein. Allerdings ist es bis dahin noch ein weiter Weg, denn solche Systeme müssten erst einmal zertifiziert werden, wozu ein Anerkennungsverfahren durch eine Rechtsverordnung der Bundesregierung nötig ist. Zudem ist der Einsatz von PIMS unter den verschiedenen Akteuren im Datenschutz noch umstritten.

Consent-Management Optimierung wird zur neuen Disziplin

Bis es also neue und innovative Tracking-Alternativen gibt, sind die Affiliate-Beteiligten weiterhin verpflichtet, das Cookie-Opt-In der Nutzer einzuholen und entsprechend zu verarbeiten.

38 Prozent der Affiliates und 20 Prozent der Merchants sehen derzeit allerdings negative Einflüsse auf die Affiliate-Umsätze durch die Nutzung einer CMP. Überraschend ist auch, dass 43 Prozent der Advertiser die Opt-In-Raten ihrer CMP noch gar nicht analysieren. Immerhin 38 Prozent der Advertiser bewerten die Opt-In-Raten bei über 70 Prozent.

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Umso wichtiger wird es daher auch die Consent-Management-Plattform so zu optimieren, dass die Zustimmungsraten möglichst hoch sind. Dadurch wird die Consent Optimization zu einer neuen Disziplin. Denn je mehr User für die Cookies einwilligen, desto besser kann der Advertiser die Bestellungen den Affiliates zuweisen.

Möglichkeiten zur Steigerung der Zustimmungsrate gibt es einige. A/B-Testings können die Opt-In-Raten dabei steigern. Das CMP-Design kann dabei sehr unterschiedlich ausfallen. Advertiser sollten daher mit der Gestaltung von Bannern und Buttons experimentieren, um die Opt-In-Raten zu maximieren.

Die Position des Cookie-Banners spielt eine entscheidende Rolle

Auch die Position des Cookie-Banners spielt dabei eine wichtige Rolle. Desto präsenter der Banner platziert ist, desto aktiver kann man die Rückmeldung der User:innen erzwingen. Und auch im Wording liegt noch Potential. Desto transparenter man den Nutzen von Cookies kommuniziert und Verständnis bei den Nutzer:innen aufbaut, desto höher wird die Akzeptanz.

Eine weitere Möglichkeit ist das sogenannte PUR-Abo-Modell. Bekannt wurde dieses Modell von Online-Portalen wie beispielsweise dem Spiegel. Nutzer:innen können dabei wählen, ob eine Version der Website wie gewohnt mit Werbung angezeigt wird oder ein kostenpflichtiger Zugang ohne Werbetracking bereitgestellt werden soll.

Affiliates können dabei mit der Nutzung eines PUR-Abo-Modells die Zustimmungsraten für das Cookie-Opt-In auf bis zu 95 Prozent steigern. In Abstimmung mit Landesdatenschutzbehörden und auch empfohlen durch den BVDW e. V. könnte dieses Modell eine faire Alternative darstellen, um die Monetarisierung von Affiliate-Seiten zu gewährleisten.

Affiliate Marketing 2022: Customer-Journey und Cross-Device-Tracking unterpräsentiert

Technologien für Customer-Journey- und Cross-Device-Tracking sind im Affiliate-Marketing weiterhin noch unterrepräsentiert.
Trotz der Entwicklung, dass sich Kaufprozesse auch durch die Corona-Pandemie verlagert haben, und der Erkenntnis Online-Marketingbudgets zu erhöhen, arbeiten immer noch zu wenig Advertiser datengetrieben.

Budgetentscheidungen können dadurch immer noch nicht effizient getroffen werden. Viele Annahmen beruhen noch immer auf dem Bauchgefühl oder veralteten Erkenntnissen, obwohl eigentlich die technischen Möglichkeiten für kundenindividuelle Attributionsmodelle vorhanden wären.

Die Nutzung von Customer-Journey-Tracking hat laut Umfrage sogar von 54 Prozent in 2020 auf 45 Prozent in 2021 abgenommen.

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Die größten Probleme für das Affiliate Marketing 2022

Für 31 Prozent der Affiliates wird eine intransparente Vergütungsstruktur das größten Probleme in 2022 sein. Für 57 Prozent gilt ein nicht funktionierendes Tracking als problematisch. Diesbezüglich sollte eigentlich das Tracking möglichst vieler Touchpoints Voraussetzung sein, um eine aussagekräftige Attribution durchführen zu können.

Nur durch die Analyse und Evaluation vieler historischer Customer-Journeys lässt sich die Grundlage für eine transparente Kanalgewichtung schaffen. Dennoch ist das Ende des Silodenkens und des Gießkannenprinzips bei vielen Unternehmen immer noch nicht in Sicht. Hierzu bedarf es tiefer organisatorischer Veränderungen, aber nur wer den Mut dafür hat, wird zukünftig Wettbewerbsvorteile erreichen.

Dasselbe gilt auch für das Cross-Device-Tracking. Obwohl 55 Prozent der Affiliates ein fehlendes Mobile-Tracking und 47 Prozent ein fehlendes Cross-Device-Tracking als die größten Probleme für 2022 sehen, setzen erst 40 Prozent der Advertiser ein deviceübergreifendes Tracking ein, um damit auch Medienbrüche durch verschiedene Devices messbar zu machen.

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Fehlender Verständnis für den Einsatz von Cross-Device-Tracking

Auch wenn es mit CrossEngage, Piwik Pro, emetriq, Google Analytics und vielen weiteren Anbietern bereits sinnvolle Technologien gibt, fehlt hierzu oftmals immer noch das Verständnis für den Einsatz von Cross-Device-Tracking.

Bereits 62 Prozent aller Sales im globalen Awin-Netzwerk werden über Smartphones ausgelöst. Über Influencer-Publisher werden sogar 83 Prozent der Sales über Apps getrackt. Am Black Friday stiegen bei Bestellungen über Smartphones die Warenkörbe im Durchschnitt um 17 Prozent.

Umso wichtiger ist es auch, dass diese Bestellungen den Affiliates auch zugewiesen werden können. Ein Umdenken bei der Nutzung von Cross-Device-Tracking ist also dringend nötig. Das gilt auch dann, wenn die Thematik komplex ist und dadurch bei vielen Advertisern nicht auf der Prioritätsliste steht.

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Über den Autor

Markus Kellermann

Als geschäftsführender Gesellschafter leitet er die Digital Marketing Agentur xpose360 GmbH mit Sitz in Augsburg. Als Autor hat Markus Kellermann neben dem Fachbuch „Affiliate Marketing INSIGHTS“ bereits eine Vielzahl von Artikeln in Fachmagazinen publiziert. Zudem organisiert er mit der Affiliate Conference die Leitveranstaltung der Affiliate-Branche in Deutschland.

1 Kommentar

  • Hallo Markus, vielen Dank für den super informativen Blogartikel. So wie es aussieht, bleibt es im Affiliate Marketing spannend. Mal sehen, was sich alles bis Ende des Jahres getan hat. 😉 Viele Grüße, Marc