Eine Umfrage unter 1.100 Marketern ergab, dass das Affiliate Marketing auch in diesem Jahr zu den Wachstumstreibern gehört. Aber welchen Chancen und Risiken beschäftigen die Branche im Jahr 2022? Das beleuchten wir in einer dreiteiligen Serie. Teil 3 von 3: Neue Publisher-Modelle und Technologie-Partner.
Trend zu neuen Publisher-Modellen und Technologie-Partnern
67 Prozent der Advertiser sehen in neuen Affiliates das größte Wachstumspotential für 2022. Nach wie vor gehören dabei Content-Publisher mit 57 Prozent mit zu den bedeutendsten Publisher-Modellen.
Die Chancen im Bereich Content Commerce
Vor allem große Verlagshäuser stehen dabei vor (Umsatz-)Herausforderungen. Als Chancen wird dabei der Bereich Content Commerce gesehen, der für die engere Verzahnung der Inhalte (Content) mit angegliederten Einkaufsmöglichkeiten (Commerce) steht.
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Die diversen Kooperationen zwischen Gutscheinseiten und Verlagen wie Spiegel, Focus oder Welt stehen exemplarisch für diese Verzahnung. Gleiches gilt für Preisvergleiche, die über RTL oder NTV eingebunden sind. Laut einer Auswertung von PressGazette sind es zudem auch Produkttests oder Bestenlisten, die für zusätzlichen Traffic sorgen.
Dass dabei große Erfolge verzeichnet werden zeigen beispielsweise die Resultate von „The Independent“, die mit dem eigenen Content Hubs „Indy Best“ mehr als 15 Mitarbeiter:innen beschäftigen und monatlich über fünf Millionen Besucher:innen verzeichnen können.
Auch Future, ein Verlag mit Titeln wie Tech Radar, PC Gamer und Marie Claire, generiert mit Affiliate-Provisionen in Höhe von mehr als 79 Millionen Pfund mehr als 20 Prozent der gesamten Einnahmen. Doch auch Cashback, Bonus-Affiliates (61 Prozent), Gutscheine, Couponing-Seiten (59 Prozent) und Deal-Seiten (46 Prozent) zählen für Advertiser weiterhin mit zu den wichtigsten Publisher-Modellen.
Aiffiliate Marketing und die Rolle von Influencern
Neues Wachstum erhoffen sich Advertiser auch von Influencern. 34 Prozent sehen diese dabei als Wachstumstreiber für 2022. Auch aufgrund der Entwicklungen, dass Instagram seit 2021 jedem Influencer den Link-Sticker freigeschaltet hat, ermöglicht es noch viel mehr Influencern für Produkte Werbung zu machen und diese mit Affiliate-Links zu versehen.
Vor allem die Akquise von zielgruppenspezifischen Micro-Influencern bietet dadurch viel neues Umsatzpotential. Auch die News, dass Instagram in den USA bereits einen eigenen Affiliate-Marketplace testet und Influencer dadurch direkt die Möglichkeit haben, Advertiser mit einem eigenen Instagram-Shop zu bewerben, bietet viel neues Potential.
Laut Business Insider ist der geschlossene Beta-Test des Instagram-Affiliate-Tools in den USA mit rund 100 Influencern und 30 Marken bereits gestartet. Und auch Pinterest bietet seit 2021 die Möglichkeit, über die neuen Shoppable Pins anhand von Affiliate-Links auf Shops zu verlinken.
Publisher-Modelle auf Basis Künstlicher Intelligenz (KI)
Auch neue Publisher-Technologien auf Basis von Künstlicher Intelligenz (KI) und Machine Learning gehören zu den Wachstumstreibern im Affiliate-Marketing. So bieten z. B. neue Publisher wie UpSellit die Möglichkeit personalisierte Conversion Experience zu erstellen und entwickeln. Advertiser können dabei auf Performancebasis die Conversion im eigenen Shop durch diese Technologie verbessern.
Auch das Start-up Recommendy aus Bielefeld bietet Advertisern eine Technologie an, die mithilfe von künstlicher Intelligenz die gesamte Erstellung und Verwaltung von Cross-Sellings automatisiert. Zudem sorgt die Technologie für die individuelle Erstellung von Sets sich ähnlicher Artikel.
Durch die Automatisierung in diesem Bereich können Händler über 90 Prozent der Kosten einsparen. Ebenso bietet das Startup Bounce Commerce eine Technologie für KI-basiertes Bounce Management und Produkt-Recommendations. Laut einer DPD-Studie von 2019 haben bis zu 62 Prozent der Kund:innen den Einkaufsvorgang schon einmal abgebrochen.
Genau darauf baut Bounce Commerce mit seiner KI-Technologie auf. Erste Case-Studies belegen, dass mit Bounce Commerce bis zu 30 Prozent der Besucher:innen, die einen Onlineshop verlassen würden, weil sie nicht das richtige Produkt gefunden haben, mit KI-basierten Produkt-Recommendations wiederangesprochen werden und die Conversions dadurch um bis zu 10 Prozent gesteigert werden können.
Publishing und App-Platzierung
Bei einzelnen Onlineshops lag der Neukundenanteil dabei sogar bei über 50 Prozent. Aber auch viele weitere Publisher wie intent.ly, retailrocket, Envolve, Presize, blueknow, RevLifter oder Increasingly bieten innovative Technologie-Lösungen und Software an.
Hinzu kommen neue Publisher aus dem Bereich Embedded Commerce wie beispielsweise Tipser, MikMak, Constant.co oder Monotote. Diese ermöglichen es Advertisern auf digitalen Medien, Plattformen oder Apps platziert zu werden.
Das heißt, es werden auf Publishingseiten von Medienhäusern, Händlern, Marketplaces oder Social-Networks keine Werbebanner mehr platziert, sondern direkt kaufbare Produkte. Die Shopping-Funktionen werden also direkt in Websites und Apps integriert.
Gerade kleine bis mittlere Onlineshops, die selbst nicht genügend technische Kapazitäten haben, können mithilfe dieser Affiliate-Technologien neues Potential erwirtschaften und durch die Automatisierung viel Zeit und Geld sparen. Hinzu kommen noch viele weitere Möglichkeiten der Trafficgenerierung über Affiliates.
TikTok, Twitch und Co.
So bietet TikTok mittlerweile, als eines der am schnellst wachsenden Social-Media-Plattformen und über 12 Millionen Usern in Deutschland, die Möglichkeit mit der passenden Kampagne beziehungsweise dem passenden Influencer Affiliate-Produkte zu bewerben.
Auch Twitch, welches mittlerweile nicht mehr nur als reine Plattform für eSports und Gamer dient, sondern auch zahlreiche Entertainment-Channels abdeckt, bietet mit über 6,2 Millionen Viewern täglich viel Potential. Immer mehr Twitch-Streamer entdecken die Möglichkeit des Affiliate-Marketings um über die Info-Box oder den Live-Stream Werbung zu platzieren.
Und auch Podcasts, welche mittlerweile von mehr als 10 Mio. Deutschen regelmäßig gehört werden, vermarkten sich mittlerweile auf Basis von individuellen Gutscheincodes mit Affiliate-Marketing.
Provisionen und Nachfrage steigen weiter an
Weitere Veränderungen gibt es nach wie vor bei der Provisionierung der Affiliates. 51 Prozent der Affiliates sehen zu geringe Provisionen als eines der größten Probleme für 2022. Dem einher geht auch, dass 31 Prozent der Affiliates intransparente Vergütungsstrategien und 57 Prozent nicht funktionierendes Tracking als Problem benennen.
Dementsprechend wünschen sich auch 66 Prozent der Affiliates generell höhere Provisionen, was dazu führt, dass immer mehr Affiliates sich das Risiko fehlender Provisionszuweisungen und fehlerhaftes Tracking mit dem Advertiser teilen wollen und hierzu Werbeplatzierungen nur noch auf Basis von Hybrid-Provisionsmodellen anbieten, das heißt fixe WKZ-Kosten für bestimmten Platzierungen in Kombination mit CPO-Provisionen.
77 Prozent der Advertiser zahlten daher in 2021 auch bereits zusätzliche Provisionen auf Basis von WKZ oder Hyridmodellen. 2020 waren es noch 58 Prozent. 54 Prozent sind deswegen auch der Meinung, dass Provisionszahlungen auf Basis von WKZ zugenommen haben. Gleichzeitig sind aber auch 55 Prozent der Advertiser der Meinung, dass sich diese Provisionsmodelle finanziell auch lohnen und sie dadurch steigende Umsätze erzielen konnten.
Die Entwicklung zu hybriden Provisionsmodellen und steigenden Provisionen wird sich also auch 2022 weiter durchsetzen, solange die Advertiser kein transparentes und zukunftssicheres Tracking gewährleisten können, um damit den Affiliates auch die Werbeleistung fair und korrekt zu vergüten.
War for Talents
Einer der größten Wachstumsbremsen in den nächsten Jahren könnte allerdings der Fachkräftemangel werden. Aufgrund des Wachstums der Branche bedarf es entsprechender Spezialisten für die Umsetzung der Kampagnen.
Der zunehmende Fachkräftemangel, der derzeit viele Branchen betrifft, ist daher mittlerweile auch im Affiliate-Marketing angekommen und das unabhängig davon, wie viele Jahre Berufserfahrung jemand hat oder um welche Jobs es geht.
Auch die Corona-Pandemie und die damit einhergehenden Veränderungen in der Arbeitswelt haben weitere Herausforderungen mit sich gebracht, denen sich die Unternehmen stellen müssen. So müssen die Unternehmen ein Umfeld schaffen, in dem sich die Talente wohlfühlen und so am Ende des Tages auch einen hervorragenden Job machen können.
Ausbildungsoffensive
Zudem sollte noch mehr darauf geachtet werden, dass sie entsprechend ihrer jeweiligen Stärken eingesetzt werden und dadurch Verantwortung übernehmen können. Es bedarf daher dringend einer Ausbildungsoffensive für neue Fachkräfte in der Affiliate-Branche.
Beispielsweise bietet der BVDW für den Bereich SEO bereits ein Fachkräftezertifikat für Berufseinsteiger mit ein bis zwei Jahren Berufserfahrung an. Ähnliche Modelle sollten zukünftig auch für die Affiliate-Branche entwickelt werden.
Ebenso sollten Unternehmen ihren Mitarbeiter:innen aufgrund der immer komplexer werdenden Veränderungen in der Affiliate-Branche Weiterbildungsmöglichkeiten anbieten. Neben Schulungen gehören hierzu Konferenzbesuche (derzeit hauptsächlich in digitaler Form) oder Teilnahmen an MeetUps.
Grundsätzlich gilt zudem, dass man sich Entwicklungen anschauen und nicht blind von einem vermeintlichen Hype anstecken lassen sollte. V. a. aufgrund der entsprechenden Ressourceneinsätze sollten hauptsächlich Trends verfolgt werden, die auch wirklich nachhaltig sind.
Nachhaltigkeit und Quick Commerce werden das Jahr 2022 prägen
Viele Experten sind sich einig, dass Nachhaltigkeit und Klimawandel das Marketingjahr 2022 am meisten prägen werden. Laut einer Untersuchung der Serviceplan Consulting Group und Facit glauben 39 Prozent der Marketingentscheider in der DACH-Region, dass diese Themen die wichtigsten im kommenden Jahr sein werden.
Zudem sind neun von zehn CMOs der Meinung, dass Nachhaltigkeitskommunikation an Bedeutung gewinnen wird. Und auch auf der Verbraucherseite steigt laut GfK das Bewusstsein für Nachhaltigkeit. 71 Prozent aller Konsument:innen weltweit glauben, dass Unternehmen Verantwortung für die Umwelt übernehmen sollten. Laut der Unternehmensberatung Accenture kaufen 61 Prozent der Verbraucher:innen mittlerweile umweltfreundlicher, nachhaltiger und umweltbewusster ein.
Aus diesem Grund steigt auch der Wunsch nach umweltfreundlichen Shoppingmöglichkeiten. Laut dem Portal Digiday wurden bei großen Verlagen wie der BBC, The Economist, Financial Times oder Bloomberg eine steigende Nachfrage an Werbeplatzierungen festgestellt, bei denen es um Klima- und Nachhaltigkeitsthemen geht.
Affiliate Marketing und Lieferdienste
Laut Awin melden sich derzeit vermehrt neue Affiliates im Netzwerk an, welche diese Nachhaltigkeits-Nische bedienen und gleichzeitig integrieren auch immer mehr Advertiser Nachhaltigkeitsaspekte in ihre Unternehmensziele. Eine weitere Entwicklung für den eCommerce dürfte das Thema Quick Commerce sein. Das heißt die zeitnahe Lieferung von Produkten an die Verbraucher:innen. Derzeit entstehen jede Menge neuer Liefer-Plattformen im deutschen Markt.
Mit Doordash ist jetzt ein neuer Anbieter gestartet, der Pizzen, Bier und Blumensträuße in Rekordzeit an die Haustür bringen will und es soll nicht nur bei diesem Sortiment bleiben. Bald schon könnten Lieferdienste auch Schrauben an Heimwerker ausliefern oder Fashionprodukte direkt zum Anprobieren vorbeibringen.
Diese Entwicklung sollte traditionelle Händler und Markenhersteller aufhorchen lassen, denn wer den Zugang zum Endkunden kontrolliert, wird zukünftig auch die Macht in der Produktvermarktung haben. Anbieter wie Flink, Gorillas oder andere Lieferdienste könnten bald schon zum logistischen Dienstleister von Markenerlebnissen werden, die im stationären Handel allein schon an den Öffnungszeiten scheitern würden.
Die Händler müssen sich daher Gedanken machen, mit welchen Lieferdiensten sie zukünftig zusammenarbeiten und welchen Dienstleister sie in den eigenen Vertriebsstrategien einbinden möchten.
Fazit und Entwicklung der Affiliate-Branche in 2022
Als im März 2020 die Corona-Pandemie begann, dachte wohl niemand, dass diese so lange dauern wird. Viele Händler und Onlineshops haben aufgrund des veränderten Kaufverhaltens davon profitiert und sich mittlerweile der Situation angepasst.
Laut einer Studie von IBM hat die Pandemie die Verlagerung hin zum digitalen Shopping um etwa fünf Jahre beschleunigt. Auch bei Advertisern und Publishern führte die Pandemie zur Beschleunigung von technischen Innovationen.
Aufgrund des starken Wachstums der Branche in 2021 rechnen die meisten Marktteilnehmer auch in 2022 mit einer steigenden Verbrauchernachfrage und steigenden Umsätzen, vor allem auch weil Affiliate-Marketing mit seinem Performancemodell für viele Unternehmen ein kosteneffizienter und risikofreier Marketingkanal darstellt.
Auch die Umstellung auf First-Party-Tracking, sowie die Anpassung der Consent-Management-Plattformen haben viele Advertiser mittlerweile vollzogen und sind damit für 2022 gut aufgestellt, auch wenn es bei einigen Advertisern noch Nachholbedarf gibt, die technische Infrastruktur anzupassen.
Die weiteren Herausforderungen liegen damit vor allem in der Maximierung der Consent-Raten durch Consent Optimization, sowie die weiteren Maßnahmen durch die Orientierungshilfe der DSK und der daraus resultierenden konkreten technischen und organisatorischen Anforderungen für Cookie-Opt-Ins.
Affiliate Marketing 2022: Zwischen Influencern und Fachkräftemangel
Deswegen werden uns flexible und innovative Trackinganpassungen und -alternativen auch in den kommenden Jahren begleiten.
Auch die Dauerbrenner Customer-Journey- und Cross-Device-Tracking werden weiter diskutiert werden müssen. Das mögliche Potential durch die Technologien wird derzeit von der Affiliate-Branche größtenteils nicht genutzt. Budgetallokationen können deshalb nicht genügend stattfinden und Provisionsattributionen teilweise nicht fair ablaufen.
Neue Publisher-Modelle aus dem Bereich Content-Commerce, sowie zahlreiche Technologie-Partner und der Zugriff auf tausende von Influencern werden dem Affiliate-Marketing einen weiteren Schub geben. Hinzu kommen viele weitere Möglichkeiten der Trafficgenerierung über TikTok, Twitch und Podcasts. Dabei könnte es weiter zu Veränderungen in der Provisionierung kommen, so dass der Anteil der WKZ-Kosten und der CPOs steigen könnte.
Auch die Themen Nachhaltigkeit und Quick Commerce werden den eCommerce in 2022 prägen und an Bedeutung gewinnen. Dementsprechend müssen die Händler und Markenhersteller ihre Unternehmensstrategie anpassen und sich Gedanken über ihre weitere Ausrichtung machen.
Affiliate-Marketing wird also auch 2022 weiterwachsen und Marktanteile im Online-Marketing-Mix dazu gewinnen. Der Fachkräftemangel könnte allerdings das Wachstum bremsen. Daher muss die Branche bestrebt sein, weiterhin als attraktiver Marketingkanal wahrgenommen zu werden und Innovationen weiter zu treiben.
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