Mithilfe von NFTs sollen Digitalkünstler endlich anerkannt und vor allem fair für ihre Kunst entlohnt werden. Doch oftmals passiert genau das Gegenteil. So sorgt NFT-Diebstahl beispielsweise dafür, dass Urheberrechte verletzt und Kunstschaffende massiv abgezogen werden.
Es ist gar nicht so leicht, als Digitalkünstler:in eigene Kreationen im Netz zu schützen. Wer kann schließlich kontrollieren, ob ein Kunstwerk, das jemand auf Instagram veröffentlicht, nicht von Unbefugten heruntergeladen und an anderer Stelle ohne entsprechende Rechte verbreitet oder gar auf T-Shirts gedruckt und gewinnbringend verkauft wird?
Non-fungible Tokens (NFTs) versprechen immer wieder das Problem der Kunstplagiate zu lösen. Schließlich können Kunstschaffende damit Geld verdienen. So haben Digitalkünstler:innen wie Beepl Millionenbeträge für ihre Werke erhalten. Doch mit NFTs passiert auch das Gegenteil. Kunstwerke werden nicht nur dreist gestohlen, sondern auch noch für hohe Summen verkauft und die Künstler:innen selbst gehen leer aus.
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NFT-Hype und Milliardensummen locken Kriminelle
Das ist ein Trend, auf den vor einigen Monaten die Initiative NFT Thefts aufmerksam gemacht hat. Demnach ist NFT-Diebstahl zwar genauso alt wie die Non-fungible Tokens selbst. Doch aufgrund des aktuellen NFT-Hypes ist das Problem dramatischer geworden.
Weil die Tokens derzeit so gehypt sind und Käufer:innen dafür so viel Geld ausgeben, ist dies ein lukrativer Markt. Opensea, die derzeit größte NFT-Plattform, hat vor Kurzem eine Bewertung von 13,3 Milliarden US-Dollar erhalten.
Solche Werte machen NFT-Diebstahl damit auch für Kriminelle sehr viel attraktiver.
86.000 Werke geklaut
Ein besonders eklatanter Fall betrifft die Künstlerin Aja Trier. Sie ist für ihre von Vincent van Gogh inspirierten Werke bekannt. Sie stellte im Januar fest, dass Fremde insgesamt rund 86.000 ihrer Bilder in NFTs konvertiert und auf Opensea zum Verkauf anboten.
86 thousand times people have stolen my art and listed them on @opensea and they even had the gall to make a collection like a giant middle finger to my IP rights. Wtf?#nft #arttheft #opensea #infringement #nftcommunity pic.twitter.com/LY5Jxb2N2r
— Aja Trier (@AjaArt) January 5, 2022
Opensea hat keinen Verifizierungsprozess für NFT-Verkäufer:innen. Zudem erlaubt die Plattform „lazy minting“, also das Erstellen von Tokens, ohne dass sie vorher in die Blockchain eingeschrieben werden müssen. Das ist erst mit dem Verkauf erforderlich.
Genau das sorgt aber dafür, das Kriminelle einfach Werke von Digitalkünstler:innen klauen und als ihre eigenen auf der Plattform angeben und dann die entsprechenden NFTs zum Verkauf anbieten. Das betrtifft nicht nur Opensea, sondern auch vergleichbare Websites wie Decentraland, Superrare, Mintable und Rarible.
Bis die betroffenen Künstler:innen erfahren, dass jemand NFTs ihrer Werke ohne Erlaubnis vertreibt, kann sehr viel Zeit vergehen. Und dann stehen sie oft vor dem nächsten Problem. Sie müssen selbst dafür sorgen, dass die Plattformen ihre Kunstwerke entfernen.
Viele Beschwerden ignoriert
Im Fall der bekannten niederländischen Künstlerin Lois van Baarle war es ihr möglich, durch einen öffentlichkeitswirksamen Tweet die gestohlenen NFTs wieder von Opensea entfernen zu lassen.
I guess that's the end of my rant. I feel powerless. If you find my work minted as an NFT anywhere, please be aware that it's theft. I personally do not participate in this space in any way.
— Loish (@loishh) December 13, 2021
Doch für andere Betroffene, die nicht das gleiche Following haben wie van Baarle, ist das nicht ganz so einfach.
Dabei scheint insbesondere Opensea nicht sehr kooperativ zu sein. Es gibt zwar ein Online-Formular, das man ausfüllen kann. Doch das scheint oftmals ignoriert zu werden, wie NFT Thefts festgestellt hat.
Darum empfiehlt die Initiative, sich in dem Fall an den Host von Opensea zu wenden, Google. Das scheint häufig erfolgreicher zu sein und das Löschen von Fake-NFTs schneller zu erwirken.
Mit Technologie gegen NFT-Diebstahl vorgehen
Doch weil Künstler:innen keine Zeit haben, täglich das Internet nach Urheberrechtsverletzungen zu durchforsten, empfiehlt NFT Thefst auch ein Tool namens Deviant Art. Dieses scannt das Internet automatisch nach möglichen Plagiaten ab und kann dadurch Diebstahl schneller entdecken.
Damit können Kunstschaffende dann ihre Beschwerden bei Opensea und Co. einreichen.
Um diesen Prozess für Betroffene weiter zu beschleunigen und zu vereinfachen, hat sich vor Kurzem Geschäftsmann Mert Hilmi eine technische Lösung überlegt. Gemeinsam mit zwei Entwickler:innen hat er die Website Sniffles NFT ins Leben gerufen.
Die Seite nutzt ein automatisiertes Bildererkennungsprogramm. Sobald das Programm eine Urheberrechtsverletzung erkennt, verschickt es automatisch eine Entfernungsanfrage für die betroffenen Künstler:innen. Das Tool ist noch in der Beta-Phase. Doch erste Tests mit sind erfolgreich verlaufen.
Petition soll Druck auf Opensea verschärfen
Um noch mehr Druck auszuüben, gibt es außerdem eine Online-Petition, um Opensea dazu zu zwingen, einen Verifizierungsprozess zu etablieren. Ein solcher Prozess würde es Kriminellen erschweren, NFT-Diebstahl zu begehen.
Andere Plattformen, wie etwa Rarible, haben bereits ein solches System eingeführt. Rarible setzt dafür auf menschliche Interaktion, um Fake-NFTs zu erkennen.
Dabei haben User die Möglichkeit, sich von menschlichen Moderator:innen verifizieren zu lassen, etwa indem sie ihre Social-Media-Profile verlinken. Dadurch kann das Moderationsteam prüfen, ob es sich um die Künstler:innen selbst handelt und dann entsprechend ein Verifikationshäkchen vergeben.
Für Käufer:innen signalisiert dies: Hinter einem Kunst-NFT stecken die Erschaffenden selbst. Gegenüber The Verge sagte Rarible, dass seit der Einführung dieses Systems, die Plagiatsvorwürfe um 91 Prozent zurückgegangen seien.
Eine noch umfassendere technologische Lösung wäre es, User und ihre Kunstbeiträge über die Blockchain zu verifizieren. Die großen NFT-Plattformen bieten dies aber bislang nicht umfassend an.
Sammelklage gegen NFT-Diebstahl
Derweil nutzen Künstler:innen auch rechtliche Wege, um gegen NFT-Diebstahl vorzugehen. In den USA sind schon erste Sammelklagen eingeleitet. Das erfordert allerdings, dass Kunstschaffende sich nicht gegen die Plagiate im Netz beschweren, sondern die Verkäufe durchgehen lassen.
Erst dann lässt sich nämlich ein Einkommensverlust und ein konkreter Schaden vor Gericht geltend machen. Das würde immerhin dafür sorgen, dass die klagenden Künstler:innen entschädigt würden. Doch an der Plagiatspraxis würde das wenig ändern und die NFT-Plattformen selbst wären auch nicht haftbar.
Bis hier keine solide rechtliche Grundlage gebildet wird, haben Creator vorerst das Nachsehen. Und selbst dann, gibt es Kunstschaffende, die NFTs weiterhin skeptisch sehen.
Denn wenn etwa das Abändern von einigen wenigen Pixeln in einem Werk schon reichen würde, um die Urheberrechte zu umgehen, wäre den Künstler:innen auch nicht geholfen.
NFT-Diebstahl spaltet Kunstgemeinde
Die Kunstgemeinde ist daher gespalten, wie sie mit dem NFT-Diebstahl umgehen soll. Einige erstellen momentan aus Sicherheitsgründen gar keine digitale Kunst mehr. Sie setzen vorerst nur auf Offline-Kunst und hoffen, dass der NFT-Hype schnell ausstirbt.
Das ist allerdings keine gute Lösung für reine Digitalkünstler:innen. Darum sind manche dazu übergegangen, ihre Kunst lediglich auf sichereren Plattformen, wie etwa Foundation zu veröffentlichen. Diese NFT-Börse können User nur mit einer persönlichen Einladung nutzen.
Doch in einem Punkt sind sich die meisten von ihnen einig. Egal, wie man zu den Non-fungible Tokens steht, der dreiste NFT-Diebstahl schadet letztlich allen Digitalkünstler:innen.
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