Wirtschaft

„Kill your darlings“ oder: Wie Gründer den richtigen Fokus finden

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Unsplash.com/ Cameron Ballard
geschrieben von Carsten Lexa

Englischsprachige Autoren erhalten oftmals einen Tipp, wenn es darum geht, einen Text zu verbessern: „Kill your darlings“. Tatsächlich eignet sich dieser Tipp aber auch ausgezeichnet für Gründer, die Probleme haben, ihren Fokus zu finden.

Worauf Gründer:innen im Hinblick auf den Fokus achten sollten, darüber habe ich vor vier Wochen mit Blick auf Enten und in der vergangenen Woche mit Blick auf Fussballspieler geschrieben. In diesem dritten und letzten Teil zum Thema „Fokus“ geht es nun um die Lieblinge, die sterben müssen. Dabei tippe ich mir an meinen imaginären Hut in Richtung meines guten Freundes Oliver Grytzmann, der den entscheidenden Hinweis für diese Kolumne gab.

Sinnvolle und weniger sinnvolle Aktivitäten

Auch wenn das Zitat oftmals William Faulkner zugeschrieben wird, so war es der englische Autor Sir Arthur Quiller-Couch, der meinte, dass Autoren ihre Lieblinge „ermorden“ müssten: „Murder your darlings“. Und auch der Horrorschriftsteller Stephen King hatte für angehende Autoren den Hinweis parat: „Kill your darlings, kill your darlings!“. Doch was hat das mit Gründer:innen zu tun?


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Dazu muss man in meinen Augen das Folgende verstehen: Gründer:innen müssen sich auf die wesentlichen Aufgaben konzentrieren, die ihrer Geschäftsidee und ihrem jungen Unternehmen zum Erfolg verhelfen. Oftmals ist das aber schwierig. Zum einen gibt es generell viel zu tun für Gründer, unabhängig davon, ob diese Aktivitäten nun sinnvoll sind oder nicht.

Zum anderen gibt es aber auch viel Ablenkung, also Dinge die man für sein Business mal ausprobieren kann oder auch Dinge, die gar nichts mit dem Business zu tun haben und dennoch getan werden oder getan werden müssen.

„Kill your darlings“: Lieb gewonnene Aktivitäten

Und dann gibt es noch eine weitere Kategorie an Aktivitäten. Das sind solche, die mit dem Business zu tun haben und die man aus irgendwelchen Gründen lieb gewonnen hat. Das können Aktivitäten sein, die man gut kann, wie beispielsweise Facebook-Werbekampagnen erstellen oder gute Fotos machen für den Instagram-Kanal.

Es können aber auch Aktivitäten sein, die man immer schon gemacht hat und die auch einen gewissen Erfolg bringen, auch wenn sie insgesamt vielleicht aufwendig sind. Dazu gehören beispielsweise Teilnahmen an Konferenzen oder die selbst durchgeführten Buchungen für die Buchhaltung.

Das grundsätzliche Problem mit dem Nutzen

Es gibt jedoch ein Problem mit diesen Arten von Aktivitäten: Wenn man sich genau anschaut, welchen Nutzen sie für das Ziel bringen, das Gründer:innen oder ein Unternehmen anstreben, dann sind diese Aktivitäten nicht besonderes sinnvoll oder Nutzen bringend.

Das gilt insbesondere im Vergleich mit anderen Aktivitäten, die man vielleicht nur noch nicht näher in Betracht gezogen oder sogar durchgeführt hat. Solche Aktivitäten bringen letztendlich also so viel Erfolg wie andere. Diese andere Aktivitäten werden wiederum einfach nur nicht durchgeführt, unabhängig von den Gründen.

Mein Freund Oliver Grytzmann erwähnte in diesem Zusammenhang den Vertriebsmitarbeiter, der jeden morgen ein Posting auf Facebook, auf Instagram und auf Twitter absetzt, um so auf sich und auf sein Produkt aufmerksam zu machen. Dies macht er schon seit Monaten so und er ist inzwischen auch gut darin, passende Bilder und Texte herauszusuchen.

Das Problem ist nur, dass systematisch durchgeführte Cold Calls bei potentiellen Kund:innen ihm mehr bringen würden. Mit diesen jedoch hat der Vertriebsmitarbeiter keine Erfahrung und deshalb bleibt er bei seinen Postings, denn damit kennt er sich aus. Nur der Erfolg lässt auf sich warten.

„Kill your darlings“: Aktivitäten und Erfolg

Und das ist nun genau der Moment, in dem der Tipp „Kill your darlings“ ins Spiel kommt. Denn im Laufe der Zeit entwickeln Gründer:innen ein Faible für bestimmte Aktivitäten, vielleicht weil sie diese besonders schnell machen können, besonders gut können oder einfach weil sie diese schon immer gemacht haben.

Doch das reicht nicht, um erfolgreich zu sein. Das sind nämlich die Lieblinge, die „darlings“, die man zwar besonders mag und wertschätzt, die aber eben nicht den Erfolg bringen, den man haben könnte, wenn man anderen Aktivitäten den Vorzug geben würde.

Erfolg und das Ziel

„Kill your darlings“ bedeutet also, dass man das, was man besonders mag und wertschätzt, nicht mehr tut, um so mehr Erfolg zu haben. Zwei Dinge sind dabei aber wichtig. Zum einen muss man dazu wissen, welches Ziel man verfolgt. Wenn man das als Gründer:in nicht weiß, dann kann man gar nicht erkennen, welche „darlings“ man hat, die man mit Blick auf das Ziel eliminieren muss.

Und zum anderen sollte man jetzt natürlich als Gründer:in einfach so alles über Bord werfen, was einem lieb und teuer ist. Beseitigt werden muss vielmehr das, was aus irgendwelchen Gründen zu einer Routine geworden ist, obwohl es bessere Handlungsalternativen gibt, die mehr Erfolg bringen. Das erfordert natürlich einen kritischen Vergleich der Möglichkeiten und bedeutet darüber hinaus, dass es überhaupt Handlungsalternativen gibt.

„Kill your darlings“: Fazit

Ich kann Gründer:innen diesen Satz „Kill your darlings“ nur wärmstens ans Herz legen. Denn allzu oft sehe ich Routinen oder Aktivitäten, deren Existenz mir Gründer:innen nicht plausibel genug erklären können. Das jedoch ist ein Warnsignal! Gründer:innen haben nicht endlos Zeit und Kapazitäten.

Deshalb sollten sie sich genau überlegen, wie sie ihre Ressourcen einsetzen. Allzu schnell jedoch kommt es zu Gewohnheiten, die nicht sinnvoll gerechtfertigt werden können. Dann wird es Zeit zu prüfen, ob man sich nicht von diesen Lieblingen trennen muss, um anderweitig mehr Erfolg zu haben. Und das führt am Ende – zu mehr Fokus!

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Über den Autor

Carsten Lexa

Rechtsanwalt Carsten Lexa berät seit über 10 Jahren deutsche und internationale Unternehmen in allen Angelegenheiten wirtschaftsrechtlicher Art, z.B. bei Gründungen, Strukturierungen oder Vertragsgestaltungen aber auch zu rechtlich-strategischen Fragen. Darüber hinaus war er Weltpräsident der G20 Young Entrepreneurs Alliance (G20 YEA), Mitglied der B20 Taskforces und Rechtsbeistand der Wirtschaftsjunioren Deutschland. Bei BASIC thinking schreibt er über unternehmensrechtliche Fragen.