Sonstiges

Studie: Verschiebung der Zeitungsleserschaft zum Netz hin

nennt sich
Erosion der Intensivleserschaft (.pdf), Eine Zeitreihenanalyse zum Konkurrenzverhältnis von Tageszeitungen und Nachrichtensites, im Journal „Medien- und Kommunikationswissenschaft
von Castulus Kolo / Robin Meyer-Lucht

Die Studie kommt zum wenig überraschenden Ergebnis, dass tatsächlich Substitionsprozesse vorliegen, von Tageszeitungen weg, hin zu Onlinenewssites:

In Abbildung 5 konnte gezeigt werden, dass die Tageszeitungen in jenen Alterssegmenten besonders Intensivleser verlieren, die sich zugleich besonders stark dem Internet zuwenden. In diesen Alterssegmenten, namentlich den 25- bis 34-Jährigen und den 35- bis 44-Jährigen, kommt es offenbar zu einer Nachfrageverschiebung im Sinne der mikroökonomischen Nachfragetheorie. Diese Alterssegmente zeigen sich für die Vorteile der neuen Distributionstechnik besonders offen und bauen sie besonders stark in ihren Informationsalltag ein. Dies ist das klassische Muster des Generationen-Effekts. Die Rezipienten urteilen im Sinne des Uses-and-Gratifications-Index, dass Nachrichtensites die gewünschte Informationsfunktion besser oder kostengünstiger erfüllen, und wenden sich entsprechend von der Tageszeitung ab. Auf der Ebene der Altersgruppen zeigen sich damit Ersetzungsprozesse im Sinne der klassischen Nachfragetheorie. Es ist also plausibel anzunehmen, dass zwischen den funktionsähnlichen Angeboten Abonnementstageszeitung und Nachrichtensite ein substitutes Verhältnis auf der Ebene der Nutzungsintensität besteht. Die beiden Angebote ergänzen sich nicht, sondern nehmen einander Zuwendungsressourcen. Jüngere aber auch Breitbandnutzer und solche mit längerer Onlineerfahrung binden das Internet am stärksten in ihr Alltagsleben ein. Damit wird die zuvor bereits eingeleitete „Domestizierung“ (Silverstone 1993, 1995, 2005; Silverstone/Haddon 1996) des Internets als generelle Informations- und Kommunikationstechnologie beschleunigt bzw. im Speziellen auch die „Habitualisierung“ (vgl. u. a. Oehmichen/Schröter 2002, 2003; Schweiger 2004) von Online-Angeboten verstärkt. Der bewussten erstmaligen Auseinandersetzung mit dem neuen Medium in einer Phase des Experimentierens, des Sowohl-als-auch von altem und neuem Medium folgt eine sukzessive Einbettung in Alltagsroutinen… Mit dem Altern dieser sukzessiv weniger printaffinen Alterskohorten wird auch die Substitution insgesamt beschleunigt fortschreiten.

Obacht, die Studie geht interessanterweise nicht explizit auf die Frage ein, wie sehr sich die momentane Informationstechnik und damit einhergehend die Möglichkeiten, sich seine Informationen nach individuellen Bedürfnissen zusammensuchen zu können, auf die Substitutionsprozesse auswirken. Es wird nirgends erwähnt, ob die Verlage diese individuellen Informationsbedüfnisse im Sinne eines Filterers bedienen können, statt klassisch News für die durchschnittliche Masse zu produzieren, die am Ende niemanden mehr aufgrund der technisch gestützen, persönlichen Individualisierbarkeit der Informationsversorgung jucken (social news, blogs, rss, social networks, foren, etcpp). Beispiel Digg.com, die User bewerten ganz andere „News“ nach oben, die sich stark von dem unterscheiden, was man in den Tageszeiten und auf Newssites vorfindet.

via FAZ

Über den Autor

Robert Basic

Robert Basic ist Namensgeber und Gründer von BASIC thinking und hat die Seite 2009 abgegeben. Von 2004 bis 2009 hat er über 12.000 Artikel hier veröffentlicht.

4 Kommentare

  • Momentan überwiegt für viele wohl noch der Vorteil einer gedruckten Zeitung, die man gemütlich im Sessel lesen kann. Sobald es aber „Papier“ gibt, dass sich seine Inhalte aus dem Netz holt und z.B. auch Videos abspielen kann wird es mit den Druckzeitungen allmählich bergab gehen (wird aber ein längerer Prozess).

    Der Bedarf nach gut recherchierten Artikeln wie bspw. auf Spiegel Online wird aber imho auch dann noch da sein. Da müssen die Journalisten halt nur ein bisschen umsatteln 🙂

  • Ich glaube, dass die Zeitungsleser stellen sich nach und nach um. Anstelle die Zeitung zum Frühstück zu lesen, werden sie zuhause nur noch frühstücken und die Zeitung in der ersten Arbeitspause im Internet lesen.

    Was aber auch eine Chance ist. Denn online kann man viel mehr Text uunterbringen oder auf mehr Text verweisen. Und es ist auch genügend Platz, das heißt die Zeitung muss nicht einen Artikel auf den nächsten tag verschieben, weil auf dem Papier kein Platz mehr ist.

  • Eine super Beispiel dafür ist PersonalNews. Kennt ihr die?
    Das ist eine Online Zeitung bei der man sich aus vielen verschieden Zeitungen seine Teile, die man gern lesen möchte zusammenstellen kann.
    Find ich super, lese sie schon täglich. (www.individuelle-zeitung.de)