Mein werter Kollege André hat hier erst jüngst mit seinem Artikel Der verlorene Pakt der Piratenjäger bewiesen, dass das Thema der Verfügbarkeit von Musik im Netz weder etwas von seiner Brisanz verloren hat, noch auch nur ansatzweise einen Schritt vorangekommen ist. Die Fronten scheinen nach wie vor verhärtet, ambitionierte Projekte wie roccatune geraten zwischen diesen Fronten unter die Räder und man wartet nach wie vor auf den Dienst, die Idee, das Label, welches uns alle – Musiker, Fan und die Industrie – glücklich macht.
Marek hat mit Guvera einen ambitionierten Dienst vorgestellt, bei dem sich noch zeigen muss, ob er gleichermaßen den Konsumenten als auch Musiker und die Labels befriedigen kann. Spotify ist da schon einen gehörigen Schritt weiter. In Deutschland noch nicht verfügbar, begeistert man die Fans in Schweden und in den Vereinigten Staaten und heimst auch bei der schreibenden Zunft im Tech-Bereich reichlich Lob ein.
Jetzt gibt es ganz aktuelle Zahlen, was ein Megastar – Lady Gaga – daran verdient, dass ihre Songs bei Spotify millionenfach gehört werden. Sie kann sich über sage und schreibe 113 Euro freuen – ein Betrag, den sie vermutlich nach einem Konzert in den Flipper-Automaten wirft. Rechnet mal eine Million gestreamte Songs durch 113 und ihr werdet sehen, dass es nicht die Summe ist, die dafür sorgt, dass man als Musiker entspannt die Beine hochlegen kann.
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Lily Allen zurück im Geschäft
Aber jetzt kommt die große Preisfrage: Muss es denn überhaupt mehr sein? Wenn ich einen großen Namen habe und somit das ausgesprochene Glück, weltweit Konzerthallen auszuverkaufen und Millionen MP3s – trotz illegaler Downloads – bei iTunes und Co. an den Mann zu bringen, reicht mir das nicht zum glücklich sein? Ich kenne mich nicht genug in der Branche aus – vielleicht kann mir da ja einer unserer Leser auf die Sprünge helfen – aber was verdient denn ein Top-Act am Radio-Airplay?
In Zeiten, in denen ein etablierter Künstler mehr Geld mit dem Klingelton eines Songs verdient als mit der dazugehörigen CD, muss man wohl auch in diesem Punkt umdenken.
Apropos Umdenken: Eine Weile war es ja etwas ruhiger geworden um Lady Gagas Musiker-Kollegin Lily Allen, zumindest was ihren amazonenhaften Kampf gegen Piraterie angeht. Während sich einige Musiker um die Band Radiohead versammelt haben, um sowohl für ihre Rechte als auch für neue Business-Modelle zu kämpfen (und dabei die illegalen Downloads als nicht eliminierbares Übel anzuerkennen), hat Allen andere Prominente wie beispielsweise Gary Barlow von Take That auf ihrer Seite, wenn es darum geht, jeden noch so kleinen Downloader zum Teufel zu jagen.
Jetzt meldet sie sich zurück im Ring und zwar mit einem Statement, bei welchem ich ehrlich gesagt zweimal hinschauen musste, weil ich es nicht glauben konnte:
Wenn jemand mit einer gebrannten Kopie meiner CD auf dich zukommt und sie dir für vier Pfund anbietet, habe ich kein Problem damit. Solange der Käufer meine Musik wertschätzt.
Darum geht es? Es geht gar nicht um legal oder illegal, sondern nur darum, dass irgendwer irgendwem irgendwas bezahlt, um dadurch den Wert der Musik anzuerkennen? Ich fürchte, die gute Frau Allen hat sich jetzt komplett verheddert im Geflecht von Möchtegern-Argumenten. Oder glaubt ihr, dass irgendeiner ihrer Musiker-Kollegen ihre Meinung teilt, dass man weiterhin nach Leibeskräften alles aus dem Netz zusammensaugt, was man kriegen kann, solang man das gegen Kohle im Bekanntenkreis weiter verschachert?
Unabwendbarer Umbruch in der Musiklandschaft
Tut mir leid, Leute – aber diese Person kann ich einfach nicht ernst nehmen. Vorher schon nicht, nach den jüngsten Äußerungen aber erst recht nicht. Ich kann eine Raubkopie nicht dadurch legitimieren, dass ich sie für Geld weitergebe. Jenseits dieses Paradoxons sollte man sich lieber auf die wenigen feststehenden Parameter beschränken, die in diesem Umbruch in der Musiklandschaft gültig sind. Eigentlich ist es nur ein einziger Parameter: Die illegalen Downloads finden statt. Egal, wie toll ein Businessmodell sein wird, wie klasse das neue Album von XY ist oder wie energisch der Gesetzgeber bei Raubkopierern durchgreift, es werden immer wieder Dateien illegal den Besitzer wechseln, sich im Netz vervielfältigen, ohne dass die Labels und Künstler einen Cent dafür sehen.
Je eher man das erkennt und akzeptiert, desto eher kann man sich darauf konzentrieren, wirklich funktionierende Ideen umzusetzen. Dabei werden viele auf der Strecke bleiben. Musiker müssen erkennen, dass man viel härter arbeiten muss, um auch nur annähernd von seiner Kunst leben zu können, Labels werden dichtmachen, weil immer mehr Künstler sich über das Netz selbst vermarkten und generell habe ich das Gefühl, dass die Musikindustrie personell in den nächsten Jahren stark ausgedünnt wird.
Das ist aber auch gut und üblich so. Wir unterliegen einem steten Wandel und auch die Gesetze der Musikindustrie sind nicht in Stein gemeißelt.
(Carsten Drees / Foto: Pixelio – Fotograf: „ich“)