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Schweinegrippe: Im Netz ansteckender als in der Offline-Welt

schweinegrippe

Eigentlich dachte ich, dass die Panik ein wenig abgenommen hätte. Vielleicht ist es auch nur die Furcht vor der Impfung, die mit der Furcht vor einer Ansteckung gleichgezogen hat – und das hebt sich dann auf. Jedenfalls war ich der Meinung, dass das Thema Schweinegrippe gegessen sei. Falsch gedacht, wie sich nun herausstellt. Erinnert ihr euch noch an Michael Moore, als er den Geheimnissen der modernen Marktwirtschaft auf der Spur war? Angst ist das beste Kaufargument und so weiter?

Nun, es zeigt sich wieder einmal, dass diese These kein Hirngespinst von linken Verschwörungstheoretikern ist – sondern sie sich in der Praxis in aller Pracht wunderbar nachvollziehen lässt. Die Rede von der Schweinegrippe kam etwa im April dieses Jahres in Mode, schon kurze Zeit später rissen sich erste Domain-Grabber entsprechende URLs unter den Nagel und verdienten sich durch Banner und Domain-Parking eine goldene Nase.

Wie uns Google Trends verrät (siehe Grafik oben) köchelte die Furchtdebatte anschließend zunächst auf kleiner Flamme weiter, bis Ende Juli die ersten Nachrichten die Runde machen, dass H1N1 bundesrepublikanischen Boden erreicht hätte. Was war da los! Den bislang jüngsten Ausreißer nach oben haben wir wiederum Frau Merkel zu verdanken. Das kleine PR-Desaster rund um das Luxus-Serum für die nichts davon ahnende Bundesregierung war dann doch größer als angenommen.


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Das alles soll nur verdeutlichen, wie Themen im öffentlichen Bewusstsein auf- und absteigen. Nicht nur einige Teile der Wirtschaft, sondern vor allem auch Bösewichter des digitalen Zeitalters können in diesen Kurven lesen, um so ganz oben auf der Welle des Hypes mitzuschwimmen. Auf diese Weise war Sophos vor wenigen Tagen gezwungen, eindringlich vor neuen, gefakten Werbemails zu warnen. Versendet werden sie von Unbekannten über das russische Affiliate-Netzwerk „Partnerka“ und immer werden gefälschte Tamiflu-Präparate beworben. Ein „Millionengeschäft“, das im Zuge der sich ausbreitenden Pandemie von Tag zu Tag mehr Profit abwirft, so Sophos.

cdc

Natürlich blieben auch die Amerikaner nicht vor dem Virus verschont – dem programmierten, meine ich jetzt. Nicht dem, der Zellen umprogrammiert. Das Center for Disease Control and Preventions warnt aktuell vor aggressiven Phising-Mails, die gerade tonnenweise über alle Staaten hinweg ausgeschüttet werden. Darin wird dem Leser mitgeteilt, dass er sich im Zuge eines staatlichen Impfprogramms dingend ein H1N1-Impfprofil im Netz zulegen soll. Doch wer den Link anklickt, tut nichts für seine Gesundheit, sondern fängt sich ZBot ein – den Trojaner, der eines der größten Botnetze im Internet antreibt. Jemand anderes übernimmt dann unbemerkt die Kontrolle über den eigenen Rechner (Keylogger inklusive), verschickt Mails und so geht es weiter und weiter.

Wie ernst die Lage im Internet ist, verdeutlichen die Mail-Sicherheitsspezialisten von AppRiver: Innerhalb der ersten Stunde der Spam-Attacke wurden über eine Millionen falsche H1N1-Warnmails verschickt, im Schnitt werden 18.000 von ihnen pro Minute durch das Netz gejagt. Im Blog heißt es dazu:

Wir haben offiziell Grippe-Saison und wenn man die derzeitigen Bedenken gegen den H1N1-Impfstoff in Betracht zieht, gehe ich davon aus, dass wir es hier mit einer hocheffektiven Kampagne zu tun haben.

Davon gehe ich ebenfalls aus. Ich halte die Botnet-Nummer im Übrigen für wesentlich cleverer, als den kurzsichtigen Affiliate-Trick der Russen. Eine ganze Armee willenloser Rechner unter Kontrolle zu haben? Ha!

Wie auch immer. Schützt eure Gesundheit – wer weiß, was da noch kommen wird. Verfallt jedenfalls nicht den Lockrufen der Panik. Erstens bringt das nichts und zweitens seht ihr, wer davon eigentlich profitiert. Dennoch aus reiner Neugier zum Abschluss noch eine kleine Frage, die Abstimmung läuft noch bis Montag:

(André Vatter)

Über den Autor

André Vatter

André Vatter ist Journalist, Blogger und Social Median aus Hamburg. Er hat von 2009 bis 2010 über 1.000 Artikel für BASIC thinking geschrieben.

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