Eine kleine Umfrage unter den Nutzern des amerikanischen Online-Marktplatzes Retrevo hat interessante Einblicke in deren Nutzungsverhalten in Bezug auf Soziale Netzwerke offenbart. Demnach checkt rund die Hälfte der 1.000 Befragten morgends und abends als Erstes beziehungsweise Letztes ihre Accounts bei Twitter, Facebook und Co. Das kommt mir in ähnlicher Form bekannt vor. André hatte es neulich in seinem Basic Flashback-Artikel explizit zugegeben, ich zuvor schon einmal durchschimmern lassen: Das Internet ist sehr stark in unser Leben eingedrungen und hat unsere Gewohnheiten etwas geändert. Die im Netz zugebrachte Zeit ist signifikant gestiegen und die Situationen, in denen gesurft wird, haben sich gewandelt. Dies liegt bei mir aber in erster Linie an meinem Smartphone und in zweiter Linie an meiner Web 2.0-Affinität (und natürlich dem Job). Social Networks haben aber nicht diesen Stellenwert bei mir.
Besonders krass ist dabei ein Ergebnis, das fast schon die Frage nach einer Art von Abhängigkeit aufwirft: Demnach können viele der Befragten selbst dann nicht komplett abschalten und ihre Social Networks aus den Köpfen verbannen, wenn sie mit ihrem Partner intim werden. Bei den Unter-25-Jährigen ist es nach eigenen Angaben jeder Zehnte, bei den Älteren jeder Vierzehnte, der während des Aktes nochmal seine Status-Updates checkt.
Nun sind Online-Umfragen und deren Ergebnisse, vor allem solche wie zuletzt genannt, natürlich so eine Sache für sich und sollten mit Vorsicht genossen werden. Gerne klickt der eine oder andere Teilnehmer mal ein Antwort aus Spaß an oder um sich „besonders“ zu fühlen und von der vermeintlichen „Masse“ abzuheben. Bei Marktforschungsuntersuchungen, bei denen Interviews von Angesicht zu Angesicht durchgeführt werden, sind die Ergebnisse häufig valider, wie ich aus meiner eigenen Zeit in dieser Branche weiß. Trotzdem ist nicht ganz von der Hand zu weisen, dass 10 beziehungsweise knapp 7 Prozent weit über eine Toleranzgrenze für Fehlerabweichungen liegen.
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Ein weiteres Ergebnis, das mich sehr überrascht hat, ist das in Bezug auf Soziale Netzwerke als Nachrichtenquelle. Dem Online-Portal zufolge nutzt etwa ein Viertel der befragten 1.000 User Facebook und Co als Medium, um sich über das Tagesgeschehen zu informieren. Meine Schätzung wäre deutlich höher ausgefallen, wobei hierbei hinzugefügt werden muss, dass es sich um die morgendliche Lektüre handelt. Die tatsächliche Zahl jener, die somit Social Networks als Newsportale nutzen, dürfte etwas höher liegen.
Aber gerade in Deutschland scheint die – auch von mir – beschworene Gefahr für klassischen Zeitungen geringer, als landläufig angenommen. Eine aktuelle Studie von Emnid zu dem Thema kommt zu dem Schluss: „Nur wenige Zeitungsleser, die zugleich Internetnutzer sind, legen Wert auf angebotene interaktive Online-Angebote wie den Microbloggingdienst Twitter“. Natürlich ist hierbei explizit die Rede von Zeitungslesern, also einer dem „alten“ Medium ohnehin zugewandeten Gruppe. Das Ergebnisse finde ich aber dennoch erstaunlich.
Aber kommen wir zurück zu Retrevo. Weitere Ergebnisse der Umfrage ergaben, dass es 18 Prozent der Unter- und 11 Prozent der Über-25-Jährigen nicht schaffen, länger als ein paar Stunden auf Facebook zu verzichten. Und 61 beziehungsweise 55 Prozent checken ihre Accounts mindestens einmal pro Tag. Mit weiteren Zahlen verschone ich euch jetzt, die könnt ihr euch bei Interesse aber gerne bei Retrevo angucken. Ich möchte nämlich zum Schluss noch auf eine Sache eingehen.
Ich habe ja oben erwähnt, dass mein iPhone Schuld daran ist, dass ich nun noch mehr im Netz surfe. Deutlich wird dies beispielsweise an meinem „Bettritual“. Ich habe früher schon immer mein Handy als Wecker genutzt, checke nun aber nach dessen Einschalten als letztes immer noch meine Mails und die hier geposteten Kommentare. Und nach dem Aufwachen gleiches Spiel. Ein bißchen Surfen nicht ausgeschlossen. Ich habe bisher immer gedacht, das liegt an meiner Web 2.0-Affinität (beziehungsweise nun auch meinem Job). Laut Retrevo gilt dies aber offenbar auch für 28 Prozent der Befragten, die ein iPhone besitzen.
Die Frage, die sich mir nun aufdrängt, ist diese: Ist wirklich ein Trend zur Abhängigkeit von Sozialen Netzwerken und dem Internet erkennbar oder surft man diese Seiten so häufig an, weil es so einfach und zu jeder Zeit möglich ist? Wir wachsen ja heutzutage quasi mit dem Smartphone in der Hand und einer Standleitung ins Internet auf. Zudem erfordern viele Lebenssituationen, dass man ständig erreichbar und vernetzt ist. Ist da der Drang, ständig „upgedatet“ zu sein, nicht die logische Konsequenz? Die salopp formulierte Frage würde also lauten: Anerzogenes Verhalten oder Sucht? Bin gespannt, wie eure Meinungen dazu sind.
(Marek Hoffmann)