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Zwingt die Studiobosse sich "The Artist" anzusehen, bis sie die Botschaft verstanden haben


Die beiden großen Gewinner der gestrigen Oscar-Nacht sind der Stummfilm „The Artist“ und der 3D-Film „Hugo“ mit jeweils 5 Trophäen. Ein Stummfilm in Schwarz-Weiß und ein Abenteuerfilm in 3D; Gestern trifft in Hollywood auf Morgen. Hoffentlich ziehen die Studio-Bosse die richtigen Schlüsse daraus.

Denn beide Filme stehen für eine Zeitenwende: Zu „The Artist“ schrieb ich an dieser Stelle schon früher etwas: Der Stummfilmstar George Valentin hält nichts von der vermeintlichen Zukunft, dem Tonfilm. Er will weiterhin Stummfilme drehen. Die Studios des Jahres 1929 aber setzen auf die Technik der Zukunft, ebenso wie sie heute 3D als Zukunftsträger sehen; der Erfolg von „Hugo“ dürfte der Beweis dafür sein. Ein Trugschluss, denn 3D ist nicht die Zukunft, die den Studios das Leben retten wird.

Seid brav, liebe Kunden!


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Die Zukunft heißt Nutzererlebnis und Kundenfreundlichkeit. Nichts hat sich in den vergangenen 20 Jahren so sehr verändert, wie die Sichtweise eines Kunden. Er weiß heute ganz genau, was er für sein Geld bekommen kann. Er vergleicht, bevor er kauft, er verlangt Top-Service für sein Produkt, er will den Dialog mit dem Verkäufer. Er will sich mit anderen über ein Produkt austauschen. Er will alles, jetzt und sofort. Und das Internet gibt ihm die Möglichkeiten dazu: Hohe Markttransparenz und unbegrenzte Produktvielfalt dank Online-Shopping; Echtzeitinformation auf Du und Du mit dem Anbieter. Praktisch jeden Film zum Download, legal wie illegal. Der Kunde bekommt, was er will. So oder so.


Und die Hollywood-Studios? Haben noch nicht erkannt, dass sie längst selbst zum George Valentin geworden sind. Sie geben Millionen dafür aus, dass die bekannten Modelle bestehen bleiben: Die Leute sollen brav sein und zahlen: an der Kinokasse, im Supermarkt (DVD und Bluray) und immer schön drauf warten, bis die jeweilige Frist eingehalten wurde, bis ein Film oder eine Serie auf DVD erscheint oder im Fernsehen gezeigt wird. Erst langsam scheinen die Studios einen Schritt weiter zu gehen: Man findet alle Nominierten der Oscar-Verleihung als legalen Download im US-amerikanischen (!) iTunes Store und fast jeden Film im US-Filmangebot von Amazon. Beim Abo-Portal Netflix hingegen: gähnende Leere, wie GigaOm schön auflistet. Wer Geld für eine Monatspauschale der Zukunft Video-on-Demand ausgibt, wird verhöhnt.

Lasst die Studiobosse nicht eher aus ihrem inneren Gefängnis raus, bis sie erkannt haben, dass sie dem Kunden das geben müssen, was er will. Weil sie sonst früher oder später selbst zu Grunde gehen.

(Jürgen Vielmeier, Bilder: Delphi, Paramount)

Über den Autor

Jürgen Vielmeier

Jürgen Vielmeier ist Journalist und Blogger seit 2001. Er lebt in Bonn, liebt das Rheinland und hat von 2010 bis 2012 über 1.500 Artikel auf BASIC thinking geschrieben.

10 Kommentare

  • Es muss endlich auch bei Filmen ein grundsätzliches Umdenken bei den Machern geben. Sonst geht bald niemand mehr ins Kino und zieht sich einfach den gewünschten auf seinen Rechner. Irgendwo findet man schon den gewünschten Film. Und die Produzenten schauen in die Röhre.

  • mal ganz Ehrlich warum macht sich die ganze Welt immer mehr von diesen Hollywood Filmen oder Serien Abhängig?
    Die Hälfte davon ist zudem nur plumpe Propaganda für Millitär. Machtinteressen und Besitzstands Wahrungen
    Kann Europa denn keine Fime mehr Produzieren? mit Flugzeugen haben wir es doch auch Geschafft die Welt von Boeing zu emanzipieren.
    Die Zukunft des Films liegt vermutlich sowiso im Digitalen Bereich ob es in 50 Jahren noch Schauspieler gibt?
    Vielleicht kann ja bald jeder mit einfachen Equipment einen Kinotauglichen Film erschaffen die virtuelle Realitäten dafür machen ja gerade riesen Sprünge.

  • Auch das Internet wird sich verändern.
    In 10 Jahren wird es nicht mehr so frei wie heute sein. Momentan haben wir ja den wilden Westen im Netz.
    Alper hatte vor einigen Jahre dazu doch einen sehr guten Artikel geschrieben.

    Fakt ist, die Film-Industrie will nicht den Preis senken, denn einmal gesenkt, wir man nie wieder so viel dafür verlangen können, wie vorher.

  • Jürgen, proklamierst du, dass Filme ohne Auswertungsfenster direkt für alle verfügbar sind? Damit paralell zum Kinostart die Möglichkeit, sich Filme im Internet anzusehen/ herunterzuladen?

  • – 3D ist in den meisten Fällen total unnötig und eher störend
    – hab ich die Wahl zwischen 2D und 3D wähle ich 2D, ist ausserdem auch noch billiger
    – ich würde für Filme online bezahlen wenn sie a. einfach zu kaufen sind, b. einen vernünftigen Preis haben und c. Originalton mit Untertitel als Option anbieten
    – ist dies nicht der Fall ‚muss‘ ich leider andere Quellen anzapfen

  • Also ich hab nen 3D-TV daheim und wenn ich die Möglichkeit hab, den in 3D zu schauen, dann mach ich das auch.

    Ich find 3D nämlich geil!

    Ich sehe auch nicht das Problem wieso ein Film im Kino nicht zeitgleich mit dem Download zuhause verfügbar sein soll?
    Oder 2 Wochen später eben…
    Das würde wohl vorallem Filmen helfen, die man gerne sehen würde, aber dafür nicht extra ins Kino will.

    Ich geh ja ins Kino wegen der Atmosphäre, der großen Leinwand, dem tollen Sound und dem weggehen mit Freunden – und natürlich dem Film!

    Und niemand braucht mir hier erzählen das „zuhause auf meinem tollen TV“ das gleiche wie ein Kinobesuch ist.
    „Hey, hast du Lust mit mir ins Kino zu gehen?“ kommt bei einem Mädel wohl immernoch besser an wie „Bock bei mir daheim auf der Couch nen Film anzuschauen“
    (die Kommentare, mit dem Inhalt:
    – ich bin der größte Stecher dann sind wir schon bei mir
    könnt ihr euch sparen, ich weiß, ihr habt alle nen 20cm Prügel – und damit immernoch 5cm weniger als der Internetdurchschnittskommentator!)

    Seh das wie @Paul:
    Einmal gesenkt ist für immer gesenkt.
    Sollten sich die studios für ein neues Modell entscheiden und das scheitert, können sie nie wieder zurück zu dem alten.

    Was man nie hatte, vermisst man nicht.
    Habe ich was und es wird mir weggenommen, schreie ich!

  • @Ulf: „Jürgen, proklamierst du, dass Filme ohne Auswertungsfenster direkt für alle verfügbar sind?“

    Tja, warum eigentlich nicht? Wenn ein neues Album auf den Markt kommt, gehst du ja auch nicht zuerst in die Disco, um es zu hören, sondern willst es gleich zu Hause haben. Es gibt Filme, die ich nie im Kino sehen würde (und deswegen warte, bis sie auf DVD oder bei iTunes heraus kommen) und solche, für die ich alles gäbe, sie im Kino sehen zu können. Meinetwegen aber lass ein kleines Zeitfenster von 1-4 Wochen, bis die Dinge nach dem Kino online zu haben sind. Mehr halte ich heutzutage schon für zu viel.

  • @RDemmerich: „“Hey, hast du Lust mit mir ins Kino zu gehen?” kommt bei einem Mädel wohl immernoch besser an wie “Bock bei mir daheim auf der Couch nen Film anzuschauen”“

    Muss ich mir merken. 😉

  • Ich finde vor allem das sich die Rechteinhaber endlich von der Rechteverwertung auf nationaler Ebene verabschieden müssen. Das Internet macht nicht an Grenzen halt und genau hier ist der Knackpunkt.

    Ohne einheitliche Verwertung wird das ganze nicht funktionieren. Solange jeder sein eigenes Süppchen kocht wird nichts wirklich schmackhaftes daraus entstehen. Man muss sich dabei mal vor Augen führen wieviele Rechteverwerter an einem Film oder Musikalbum beteiligt sind.

    Die wollen alle mitverdienen und mitverhandeln und alle haben Sie Angst um ihre Arbeitsplätze. Keine gute Ausgangssituation für unseren Wunsch nach Medienverfügbarkeit!

  • Ich finde es nicht gut, dass man immer so lange darauf warten muss, dass Kinofilme auf DVD erscheinen.
    Und 3D wird die Filmindustrie auch nicht retten. Also ich hab´mir noch nie ´nen Film in 3D angesehen.