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Super Mario Run Test – Die Konkurrenz läuft flotter

Es ist soweit! Nintendo, eine Firma die in ihren Presseankündigungen manchmal wirkt, als hätte sie das Internet erst Anfang 2016 entdeckt, wagt einen bedeutenden Schritt und bringt erstmals selbst ein Spiel für den Mobilemarkt heraus. Wo Nintendo sonst Eigenmarken ausschließlich für eigene Konsolen anbietet, kommt mit Super Mario Run jetzt eines ihrer erfolgreichsten Franchises für iOS.

Das Staunen bei der Ankündigung auf dem Apple iPhone 7 Event im September war groß und ebenso die Erwartungen. Grafisch steht der Mobile-Ableger des weltberühmten Klempners den Vorbildern auf den großen Konsolen in nichts nach. Über den Rest müssen wir allerdings nochmal reden, Nintendo …

 

Solides Grundgerüst …

Die ersten drei Levels gibt’s gratis. Wer weiterspielen will, muss satte 9,99 Euro blechen. Die Mechanik des Spiels ist genauso simpel wie gelungen. Im Gegensatz zu Super-Mario-Spielen wie wir sie von der Konsole kennen, müssen wir in Super Mario Run nicht selbst laufen. Wie für »Run«-Spiele typisch, rennt unser pummeliger Klempner von selbst, zurück geht es nicht.

Wir reagieren lediglich auf die Hindernisse, Sammelobjekte und Feinde die sich ihm in den Weg stellen, indem wir im richtigen Moment hüpfen. Im Gegensatz zu Genrekollegen wie Rayman, die bereits vor einigen Jahren den Sprung auf die mobile Plattform mit Bravour gemeistert haben, kann Mario aber nicht mehr als Hüpfen. Fäuste schwingen wie Rayman oder gar mit hübschen Anzügen Feuerbälle schleudern, wie wir es von ihm schon seit Jahrzehnten gewohnt sind, kann er auf dem Smartphone nicht.

 

Das macht aber nichts, denn mit dem Leveldesign kann man den Mangel an Fähigkeiten in der Regel geschickt ausgleichen. In Super Mario Run gelingt das bis zu einem gewissen Punkt sehr gut. Es gibt geheime Wege, die nach oben führen, altbekannte Items wie den 1-Up-Pilz oder Super-Stern, Blöcke, die uns einen Satz nach hinten machen lassen und abwechslungsreiche Levelführung.

All das sorgt dafür, dass Super Mario Run ein solides Mobilegame ist, mit dem wir rund eineinhalb bis zwei Stunden Spaß haben können. Doch was kommt danach? Haben wir die sechs Welten mit je vier Levels abgeschlossen haben, können wir noch im Ralley-Modus gegen die Geister von Spielern antreten, um Verbesserungen für unser Pilzkönigreich freizuschalten. Das sind kleine Spielereien wie täglich spielbare Bonuslevels oder kosmetische Veränderungen für den Startbildschirm.

So richtig viel Langzeitmotivation kommt da aber nicht auf. Auch die Kampagne können wir wieder und wieder durchspielen, um den Münzsammel-Score unserer Freunde zu überbieten oder alle farbigen Bonus-Münzen in den einzelnen Levels zu bekommen. So richtig Spaß macht das aber nicht. Denn auch, wenn das altbewährte Mario-Spieldesign, die Kunddelgrafik und die klassischen Mario-Sounds in jedem Hüpfspielfreund Nostalgiegefühl wecken, so kommt Mario Run vom Spielspaß doch nicht an klassische Mario-Titel heran.

 

… mit deutlichen Schwächen

Zu allererst, weil es zu kurz ist. Die sechs Welten haben erfahrene Jump-&-Run-Spieler in gerade mal einer Stunde durch. Da sich, wenn wir alle Sammelmünzen in einem Level sammeln, das Level leicht verändert, besteht aber durchaus Wiederspielwert.

So richtig motiviert die Sammelwut aber nur wirkliche Trophäenjäger. Jedes Level dreimal bis zur Perfektion durchzuackern, grenzt bei komplexen Spukschlössern oder Lava-Levels nämlich schon fast an Arbeit. Wer richtig eifrig ist, bekommt für je 120 Stück einer Münzfarbe noch ein Bonuslevel als Belohnung. Das ist ganz so wie wir es aus den großen Vorgängern der Reihe kennen … in einer abgespeckten Variante zumindest.

Viel schwerwiegender ist jedoch, dass Super Mario Run eine permanente Internetverbindung braucht. Laut offizieller Angabe aus Kopierschutzgründen. Man mag wohl argumentieren, dass viele Spiele, unter anderem Pokémon Go, auch ständig online sein müssen. Jedoch ist das Jump & Run, im Gegensatz zu Pokémon, fürs laufende Spiel nicht darauf angewiesen, da es keine Google-Maps-Daten beziehen muss.

Das größte Problem an der Sache ist, dass die meiste Zeit auch noch eine Highspeed-Datenverbindung benötigt wird. Schwacher Empfang oder gar wankendes Netz wie in der U-Bahn machen das Spielen fast unmöglich. Einige User klagen sogar über Verbindungsabbrüche in schwachen, öffentlichen oder stark frequentierten W-Lan-Netzen.

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So vergrault sich Nintendo schnell seine Mobile-User. Denn wenn ich Mario nur zuhause auf der Couch spielen will, kann ich gleich zur Wii U oder noch besser, zum 3DS greifen. Da bekomme ich nämlich vollwertige Mario-Titel, sogar für unterwegs.

Ein weiteres Problem ist auch die Erwartungshaltung der Spieler. Treuen Mario-Jüngern ist der Funktionsumfang des Mobile-Ablegers schlichtweg zu gering. Klar, dass man im Rahmen eines Smartphone-Spiels für 10 Euro nicht auf einen vollwertigen Konsolentitel hoffen darf, ein bisschen mehr hätten wir uns aber von einem großen Namen wie Nintendo erhofft. Schließlich ist der Preis für Genre und Spielumfang ganz schön happig.

 

Rayman rennt rasanter

Natürlich will sich nicht jeder Mobile-Gamer gleich eine Konsole zulegen. Aber wer Lust auf Run-Spiele hat, findet im App- und Playstore eine große Auswahl, die dem Latzhosenträger mit Leichtigkeit das Wasser reichen können. Rayman zum Beispiel. Mit Jungle- und Fiesta Run hat der nämlich ordentlich vorgelegt. 40 Kernlevels, statt nur 24 wie bei Mario, umfasst Fiesta Run.

Auch hier gibt es Sammel-Lums für die es sich lohnt, das Level noch einmal zu spielen, selbst wenn hier keine Bonus-Levels am Ende warten. Rayman besinnt sich ebenfalls auf die Stärken seiner großen Vorgängertitel auf Konsole und PC und setzt sie perfekt in seinem Mobile-Lauf um, genau wie Mario auch.

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Der Vorteil der Rayman-Spiele ist jedoch, dass das Level- und Artdesign auch im Mobile-Ableger deutlich aufregender als die ollen Nintendo-Kamellen daherkommt. Klar fährt Nintendo mit der Super-Mario-Knuddelschiene seit Jahrzehnten gut, und daran ist auch absolut nichts auszusetzen. Für den Umfang eines Mobile-Spiels wäre jedoch etwas frischer Wind nicht verkehrt gewesen.

Im Vergleich mit den Rayman-Spielen, die unseres Erachtens zu den spaßigsten Handyablegern großer Hüpfspielhelden gehören, hat Mario immerhin in einem Punkt die Nase vorn: Freischaltbare Inhalte. Das ganze Königreich-Ausbauen und Toads-Sammeln ist nettes Beiwerk, das vielen anderen Hüpfern auf dem Handy fehlt. Aber es ist eben auch nur das, Beiwerk.

 

Nintendo-Aktie bricht ein

Übrigens sind nicht nur Super-Mario-Run-Spieler unzufrieden. Bereits kurz nach dem Launch des Spiels brach die Nintendo-Aktie um 1,9 Milliarden Euro ein. So richtig geglückt ist ihnen der Ausflug auf den Mobile-Markt bisher also nicht, dabei ist das Spiel noch nicht mal für Android erschienen – aufgrund von Sicherheitsbedenken was Raubkopien angeht, wie Schöpfer Miyamoto durchklingen lies.

Bei all dem Gemecker sollten wir jedoch nicht vergessen, dass Super Mario Run durchaus ein gutes Spiel ist. Es macht Spaß und motiviert auch nach der ersten Stunde Kernspielzeit zum Weiterspielen. Es hat sich einen Platz in unserer Liste der besten Jump & Runs für iOS und Android auf jeden Fall verdient. Für den Preis bleibt es jedoch hinter günstigeren Konkurrenten und offensichtlich auch Spielererwartungen zurück.

Über den Autor

Ehemalige BASIC thinking Autoren

Dieses Posting wurde von einem Blogger geschrieben, der nicht mehr für BASIC thinking aktiv ist.

9 Kommentare

  • Vielleicht bin ich ja zu doof oder nicht uptodate, aber gibts bei iOS Games echt ein Raubkopiererproblem? Selbst die Jailbreaks sollten sich auf einem überschaubaren Level befinden…

      • Tja, warum hat dann die iOS Version auch diesen „Kopierschutz“? Könnte man ja bei der Entwicklung berücksichtigen und beim Onlinezwang differentzieren. Pfuscher!

        • Das stimmt natürlich.

          Ich bezog mich auch eher darauf das es zuerst für iOS und erst später für Android erscheint. Das wurde ja ebenfalls von Nintendo gesagt soweit ich mich erinnere. Habe es so zumindest mal irgendwo gelesen.

          Eine dauerhafte Internetverbindung hätte man bei iOS bestimmt vermeiden können. Zumindest wenn es sich wie kommuniziert um eine Kopierschutzfunktion handeln soll…..

          Wäre bei iOS bestimmt nicht nötig.

          • Bei Android auch nicht, wenn man nur einen Kopierschutz will. Und die Menge an Daten die das Überträgt ist niemals nur für Kopierschutz, So wie ich das Verstanden habe gibt es einen zeitlich begrenzten „Exklusiv“ Deal zwischen Nintendo und Apple.

        • Nintendo nutzt die „ständige“ Onlineverbindung ja nicht nur für den „Kopierschutz“, sondern greift nebenher IMEI, Serien-Nr. und den Standort des iOS-Geräts ab (steht alles in den Nutzungsbedingungen). Und was in den 75 MB Traffic pro Stunde noch so drin steckt, weiß vermutlich nur Nintendo und Apple…

  • Ohh… bitte mal bei Kontra aus Highpeed-Internetverbindung eine Highspeed-Internetverbindung machen. Wir wollen doch hier kein Chip.de Niveau.

    Wünsche euch einen beschaulichen 4. Advent.

  • Das Spiel ist nicht schlecht, aber beileibe kein Burner. Mich nervt es zumindest das Mario alleine läuft und mir würde es daher definitiv wesentlich besser gefallen wenn man selber steuern könnte !!

    Ich werde es mir daher höchstens kaufen wenn es meinen Kids gut gefällt und sie es gerne komplett spielen möchten.

    Ich bleibe lieber bei Leo’s Fortune oder Giana Sisters welches mir damals schon besser gefiel 😉