Erst Instagram mit „Story“, jetzt WhatsApp mit „Status“, bald vermutlich noch mehr Dienste. Warum klont Facebook die Snapchat Story-Funktion ständig?
Als Snapchat 2013 die „Story“-Funktion einführte, galt diese noch als besonders neu und innovativ. Durch die Snapchat-typische Kurzlebigkeit der von den Nutzern erstellten Inhalte ging ein enorm großer Reiz vor allem bei jüngeren Generationen aus.
Als nun vor einigen Monaten Instagram die Funktion mehr oder weniger 1 zu 1 kopierte und in die eigene App einbaute, wuchtete sich auf einmal ein riesiger Konkurrent in den Social-Media-Himmel. Schon jetzt nutzen mehr Menschen die neue Instagram-Funktion als Snapchat insgesamt Nutzer hat. Nur mit der eingangs erwähnten Innovation hat das nicht mehr viel zu tun.
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Auch nicht die brandneue „Status“-Funktion von Whatsapp (siehe hier, unteres Drittel). Genau wie Snapchat „Stories“ und Instagram „Stories“ bietet „Status“ eine Aneinanderreihung von Bildern und Videos in chronologischer Reihenfolge, mit einer Haltbarkeit von 24 Stunden.
Instagram und Whatsapp gehören beide zum Facebook-Imperium. Und mit „Messenger Day“ (Facebook Messenger) und „Facebook Storys“ stehen vermutlich noch zwei weitere Story-Klone des Social Media-Riesen in den Startlöchern.
Was bietet Whatsapps Status?
Neben der Eigenschaft, größtenteils eine Kopie der Funktion einer anderen App zu sein, hält Whatsapp-„Status“ ein paar wenige, kleine, exklusive Funktionen und Eigenheiten bereit. So lässt Whatsapp bekanntermaßen nur Menschen kommunizieren, die die Handynummer des jeweils anderen besitzen.
Folglich kann man nur den Status bzw. die Story einer Person anschauen, die im eigenen Telefonbuch gespeichert ist. Außerdem ist die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, die schon normale Nachrichten über Whatsapp angeblich spionagesicher machen soll, in die Status-Funktion übernommen worden. Was Status darüber hinaus von den anderen Diensten abheben soll: Es lassen sich Gifs in die Story einbinden. Hut ab, Whatsapp (Ironie off).
Aber weshalb das alles? Warum kopiert Facebook so energisch und so oft die Funktion eines Konkurrenten? Schafft sich der Riese aus dem Silicon Valley damit nicht selbst Konkurrenz? Für die vielen Klone sehe ich mehrere Gründe.
Back to the Roots
Die Möglichkeit, seinen Status bei Whatsapp preiszugeben, ist alles andere als neu. Genau genommen ist er die erste Funktion überhaupt, die Whatsapp vor knapp 8 Jahren enthielt.
Die Möglichkeit, Nachrichten zu versenden, kam erst später hinzu. Whatsapp startete als App, die es ermöglichte, seinen Freunden und Bekannten mitzuteilen, was man gerade tut. In Form eines kurzen Satzes, den alle Kontakte lesen konnten.
Nun wird die Funktion einen Schritt weiter geführt. Bilder und Videos (und Gifs) lassen sich nun in den Status einbinden. Doch im Grunde genommen bleibt sich der Messenger seinen Wurzeln treu.
Übrigens kehrt WhatsApp im nächsten Update noch näher zu seinen Wurzeln zurück. Die alte Textversion des Status, die dem neuen Snapchat-Klon weichen musste, wird bald wieder eingeführt.
Die Rache des Mark Zuckerberg
Vor knapp 3,5 Jahren versuchte Facebook, Snapchat für 3 Milliarden Dollar zu kaufen. Die Überraschung war relativ groß, als Snapchat ablehnte. Immerhin konnten vorher die Macher hinter Instagram und Whatsapp dem Duft des Geldes nicht widerstehen.
Die neuen Story-Klone scheinen nun wie ein später Vergeltungsschlag Mark Zuckerbergs. Wenn sich Snapchat nicht kaufen lassen will, dann vernichtet man sie eben im harten Konkurrenzkampf und kopiert einzelne Funktionen, auch wenn das noch so dreist erscheinen mag.
Snapchat gilt noch immer als unglaublich innovativ und, im Gegensatz zu Facebooks Plattformen, als der coolere und jüngere Social-Media-Dienst auf dem Markt. Wer Snapchat aktiv nutzt, ist cool. Facebook, Instagram und Whatsapp hingegen sind älter, etablierter und vielleicht etwas schwerfälliger, weisen jedoch eine viel größere Nutzergemeinde auf.
Die Kopie einer innovativen Funktion des frischen Konkurrenten scheint da wirtschaftlich betrachtet sinnvoll zu sein. Der massive Erfolg der Instagram-Stories gibt der Strategie offenbar recht.
Rückgang auf Facebooks Timeline
Eine Studie der Marketing-Plattform MAVRCK, der knapp 25.000 Facebook-Beiträge zugrunde liegen, zeigt, dass Facebooks Timeline einen Rückgang in der Aktivität seiner Nutzer aufweist. Im Jahr 2016 wurden Beiträge auf Facebook im Schnitt 37,47 Prozent weniger kommentiert und 27,8 Prozent weniger geteilt als noch im Jahr davor.
Bisher kein allzu großer Grund zur Sorge, viele Veränderung der Aktivität liegen auch an den immer wieder neuen Veränderungen der Algorithmen. Jedoch posteten 2016 die Nutzer auf Facebook auch 29,49 Prozent weniger eigene Inhalte. Der Social-Media-Riese droht also zu einer Plattform für die Verbreitung professioneller Inhalte wie Nachrichten und Marketing-Content von Social-Media-Abteilungen zu verkommen.
Je weniger normale Nutzer die Plattform mit Leben füllen, desto weniger attraktiv wird sie. Die Story-Funktion soll also Facebook (später) und seine verschiedenen Dienste (schon jetzt) zu mehr Nutzer-Aktivität verhelfen und wieder mehr private Inhalte hervorbringen.
Mehr Geld, Whatsapp!
Darüber hinaus bedeutet ein Rückgang der Aktivität auf der Facebook-Timline auch das Risiko, für Werbekunden in Zukunft weniger attraktiv zu sein. Ein Umsatzrückgang scheint zumindest im Bereich des Möglichen.
So müssen nun auch hauseigene Dienste wie Whatsapp so verändert werden, dass die 1,2 Milliarden aktiven Nutzer pro Monat in Zukunft zu mehr Geld führen und einer vielleicht bald schwächelnden Timeline finanziell gegensteuern können.
Wie eine stärkere Monetarisierung des Dienstes aussehen könnte? Durch das Anbieten exklusiver Gifs und Filter etwa an normale Nutzer und Werbekunden, ähnlich dem Vorbild der (Werbe-)Filter auf Snapchat.
Die Qual der Wahl
Es gibt also ein paar handfeste Gründe für Whatsapp beziehungsweise Facebook, die „Story“-Funktion Snapchats zu kopieren. Ob nun die einfache Fortführung einer ohnehin schon vorhandenen Funktion, verletzter Stolz und späte Rache oder rein wirtschaftliche Motivationen: Der Schritt erscheint dem ein oder anderen vielleicht unverschämt, ist aber genauso auch konsequent und logisch.
Nutzer haben nun jedoch die Qual der Wahl. Snapchat, Instagram, Whatsapp und bald vielleicht noch Facebook und Facebook Messenger. Am Ende entscheiden persönliche Präferenzen über die bevorzugte Story-Plattform (oder dieser Beitrag). Denn ein bisschen unterscheiden sich die Dienste ja schon voneinander.
Oder man nutzt einfach alle Netzwerke simultan. Wenn man mag.
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