Die USA sind eine der größten Tech-Nationen dieser Welt. Doch wie stehen eigentlich die Amerikaner selbst zu all dem? Welche Trends begeistern sie, welche gehen völlig an ihnen vorbei? Genau darüber berichtet Marinela Potor – direkt aus den USA im BASIC thinking US-Update. Diesmal geht es um die Beauty-Marke „Glossier“, die vor allem durch Instagram in den USA zur Kultmarke wurde und die nun – durch Social Media – einen großen Skandal erlebt.
Du hast noch nie was von Glossier gehört? Dann kann das daran liegen, dass du nicht zur Zielgruppe der Beauty-Marke gehörst: sehr jung, modeinteressiert, US-amerikanisch.
Glossier ist nämlich eine Beauty-Marke aus den USA, die durch Social Media groß geworden ist und in wenigen Jahren insbesondere über Instagram zur Kultmarke von vielen Millennials und der Gen-Z dort geworden ist.
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Der Aufstieg von Glossier zur Kultmarke
Nun könnten aber die gleichen sozialen Medien, die der Marke zum Erfolg verholfen haben, ihren Niedergang einleiten. Die Geschichte von Glossier liest sich dabei zunächst wie ein Klischee des amerikanischen Traums (2.0).
Im Jahr 2014 startete die Beauty-Bloggerin Emily Weiss die Marke „Glossier“. Doch es war weniger ihre Expertise in der Beauty-Branche, die Weiss zum Erfolg verhalf. Vielmehr hat Weiss so gut wie wenige verstanden, wie man eine erfolgreiche Marke über Social Media aus dem Nichts aufbaut und kontinuierlich pusht.
Glossier setzt auf Mikro-Influencer, bevor das überhaupt trendy ist
Das begann bereits mit der Entwicklung des allerersten Produktes von Glossier: dem Milk Jelly Cleanser. Bevor der Gesichtsreiniger in die Online Shops kam, fragte Weiss Social-Media-Nutzer, was sie genau von einer Kosmetik-Marke erwarteten.
Die Antwort mag vielleicht überraschend klingen. Doch die Umfrage verdeutlichte: Junge Menschen wollen Make-up tragen, das natürlich und mühelos aussieht, so als ob man gar kein Make-up trüge. Rund um dieses Bedürfnis hat Glossier sein ganzes Branding aufgebaut und ist damit unglaublich erfolgreich.
Das liegt zum Einen daran, dass Glossier mit einem solchen Konzept eindeutig eine Marktlücke füllt. Die meisten Kosmetik-Marken werben schließlich damit, wie sehr dich ihre Produkte verändern. Doch das ist offenbar nicht mehr zeitgemäß und Glossier hat dies sehr früh erkannt und kapitalisiert.
Doch da hörte die Social-Media-Strategie von Glossier nicht auf. Als nächstes rekrutierte das Unternehmen nämlich rund 500 Super-Fans über Instagram – allesamt Mikro-Influencer mit weniger als 50.000 Followern.
Wie Studien heute zeigen: Es sind insbesondere diese Influencer, die glaubhaft wirken, wenn sie Produkte promoten. Auch das hat Glossier früher gemerkt als andere.
So konnte Glossier schon recht früh eine große Gruppe von Influencern rekrutieren, um die eigenen Produkte auf Instagram zu vermarkten. Entsprechend achtet das Unternehmen auch darauf, dass die Produkte „instagramtauglich“ sind – also besonders gut auf Fotos auf Instagram aussehen.
All das hat die Marke populär gemacht. Doch zum Kultstatus führte besonders diese Marketing-Strategie: Marketing als Nicht-Marketing.
Werbung, die nicht wie Werbung wirkt
Da das komplette Branding von Glossier auf Natürlichkeit beruht, findet man das auch in der Werbesprache wieder. Angefangen von den Texten über die Bildsprache bis hin zur Qualität der Fotos: Nichts wirkt besonders glamourös.
Die Fotos wirken eher wie Schnappschüsse und sind damit das genaue Gegenteil von den Hochglanz-Fotos, die wir von Beauty-Marken gewohnt sind. Oftmals sind sie lediglich Re-Posts von Beiträgen der Mikro-Influencer.
Genau darum wirken die Produkte aber auch nie wie Werbung oder angestrengtes Marketing, sondern vielmehr authentisch. Und genau das ist schließlich das neue Zauberwort für Verkaufserfolg unter Millennials.
Es ist genau diese Bodenständigkeit, die Glossier zur Beauty-Kultmarke der jungen Generation in den USA gemacht hat. Der Wert des Unternehmens wurde 2019 auf 1,2 Milliarden US-Dollar geschätzt. Das Unternehmen beginnt nun auch erstmals mit Offline-Stores den eigenen Hype weiter auszubauen.
Doch nun könnte genau das, was Glossier so erfolgreich gemacht hat, zum Niedergang führen: Social Media.
So hat jetzt eine Gruppe von ehemaligen Angestellten unter dem Namen „Outta the Gloss“ sowohl auf Instagram als auch über Medium schwere Vorwürfe gegen die Geschäftsführung erhoben.
Unhygienische Bedingungen, Diskriminierung
Zum einen kritisieren die Ex-Mitarbeiter dort, dass man die Angestellten regelmäßig überfordert habe. Es habe zu viel Arbeit und zu wenig Personal gegeben. Außerdem seien die Arbeitsbedingungen sehr unhygienisch gewesen.
Ein weiteres Problem sieht die Gruppe bei der Gleichberechtigung. Während die große Mehrheit niedrig bezahlter Positionen mit Mitarbeitern mit dunkler Hautfarbe oder Angestellten aus der LGBTQIA+-Community gefüllt werden, seien die Führungspositionen fast durchweg durch weiße Frauen besetzt.
Das kam nicht sonderlich gut bei den Fans an. Viele zeigten sich enttäuscht davon, dass die Kultmarke so rückschrittliche Personalpolitik betreibe.
Doch die Antwort von Glossier ließ nicht lange auf sich warten – zumindest auf den sozialen Medien. Auf die ehemaligen Angestellten sei das Unternehmen bislang nicht direkt zugegangen, sagen diese.
Gründerin Emily Weiss sagte aber in einem Blog-Post, dass man schon vor einiger Zeit diese Vorwürfe an sie herangetragen habe und das Unternehmen seitdem an einem Fahrplan arbeite, um die Arbeitsbedingungen bei Glossier zu verbessern. Auf Instagram postete Glossier eine Entschuldigung an die Angestellten.
Die Reaktionen sind gemischt. Einige zeigen sich sehr enttäuscht von der Marke. Andere wiederum begrüßen das öffentliche Schuld-Eingeständnis.
Ob damit der Skandal abgewendet ist oder gerade erst beginnt, ist noch nicht abzusehen. Denn, und das sollte eine Marke wie Glossier besonders gut wissen, auf Social Media können sich die Dinge von einem Tag zum nächsten ändern.
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„Während die große Mehrheit niedrig bezahlter Positionen mit Mitarbeitern mit dunkler Hautfarbe oder Angestellten aus der LGBTQIA+-Community gefüllt werden, seien die Führungspositionen fast durchweg durch weiße Frauen besetzt.“
Und wo liegt jetzt das Problem?
Wir brauchen keine Quoten.
Hallo Bine,
im Fall von Glossier geht es den Mitarbeitern nicht um eine Quote, sondern um eine ausgeglichenere Repräsentation verschiedener Gruppen in der Führungsetage. Glossier ist auch eine Marke, die mit Diversität wirbt. Die Forderung der Mitarbeiter-Gruppe ist daher, dass sich das auch auf Manager-Ebene widerspiegeln soll.