Wenn man Porsche hört, denkt man unweigerlich an Sportwagen. Das gilt besonders für den Porsche 918. Der Mythos und der Erfolg von Porsche sind ohne Frage zu großem Teil in ihrem bis heute andauernden Motorsport Engagement begründet. Aber schaut man sich die verschiedenen Modelle an, dann merkt man schnell, dass Porsche nicht mehr die reine Sportwagenschmiede ist, als die sie mal angefangen haben, sondern, dass sie mittlerweile ein viel breiteres Spektrum abdecken.
Angefangen hat dieser Trend sicherlich mit dem sehr erfolgreichen SUV, etwa dem Cayenne, welcher bei seiner Vorstellung einen Aufschrei der Empörung unter der eingeschworenen Porschegemeinschaft verursacht hat: Ein Geländewagen von Porsche; das geht doch nicht!?
Der Erfolg des Cayenne ist sicher einer der Grundsteine für die gesamte Unternehmensentwicklung gewesen. Neben dem Cayenne gibt es auch den kleinen Geländewagen-Bruder, den Macan, sowie die Limousine Panamera.
Im März 2010 stellte Porsche auf dem Genfer Autosalon zum ersten Mal den Porsche 918 vor. Die Auslieferung der auf 918 Stück limitierten Fahrzeuge fand im November 2013 bis 2015 statt.
In diesem Artikel möchte ich heute auf den Porsche 918 zurückschauen und erklären, weshalb dieser nicht nur seiner Zeit voraus war, sondern warum er meiner Meinung nach sogar richtungsweisend für den Weg in die Elektrifizierung für Porsche war.
Ausschlaggebend für meine Bemühungen, den Porsche 918 testen zu können, war die Tatsache, dass auf mehreren Porsche-Events zu anderen Fahrzeugen immer wieder auf den 918 verwiesen wurde. Ich möchte ganz ehrlich mit euch sein, es fiel mir sehr schwer zu glauben, dass der Porsche Cayenne Turbo S E-Hybrid irgendwelche Gemeinsamkeiten mit dem Porsche 918 haben könnte.
Technische Daten Porsche 918 Spyder
Schaut man auf die technischen Daten des Porsche 918, fällt es einem schwer zu glauben, dass es sich um ein fast 8 Jahre altes Auto handeln soll.
Die Kombination von Verbrenner-Motor mit zwei (!) Elektromotoren ist sogar für heutige Zeiten eher selten.
Motorbauart | 4,6 L V8-Saugmotor und 2 Synchronmotoren |
Einbaulage | mittig längs |
Hubraum | 4593 cm³ |
Bohrung × Hub | 95,0 × 81,0 mm |
Leistung (Ottomotor) | 447 kW (608 PS) bei 8500/min |
Literleistung | 97,3 kW/l |
Leistung (Elektromotoren) | vorne 95 kW hinten 115 kW |
Gesamtleistung | 652 kW (887 PS) |
Max. Drehmoment | 1280 Nm (im 7. Gang) bei 1000 min−1 |
Kraftübertragung | |
Antrieb | Allrad |
Getriebe | 7-Gang-Doppelkupplung |
Abmessungen | |
Länge × Breite × Höhe | 4645 × 1940 × 1167 |
Radstand | 2730 mm |
Leergewicht | 1.674 |
Fahrleistungen (Werksangaben) | |
Höchstgeschwindigkeit | 345 km/h |
Beschleunigung (0–100 km/h) |
2,8 s |
Beschleunigung (0–200 km/h) |
7,9 |
Beschleunigung (0–300 km/h) |
23 |
Fahrleistungen (Testergebnisse) | |
Höchstgeschwindigkeit | 351,5 km/h |
Beschleunigung (0–100 km/h) |
2,53 s |
Beschleunigung (0–200 km/h) |
7,0 s |
Beschleunigung (0–300 km/h) |
19,1 s |
Ich weiß, dass die Angaben zum Verbrauch auch heute bei Hybrid-Fahrzeugen gerne kontrovers diskutiert werden. Der Porsche 918 ist hier auch keine Ausnahme, denn der von Porsche angegebene Verbrauch (NEFZ) beträgt 3,1 Liter. An dieser Stelle kann ich bereits verraten, ich habe im meinem Test deutlich mehr verbraucht.
Die 6,5 kWh große Batterie reicht für bis zu 30 km reinelektrisches Fahren.
Der Grundpreis des Porsche 918 betrug 768.026 € und der von mir mit dem Weissach Paket ausgestatte 918 fängt bei 839.426 € an.
Porsche 918 – Mein Fahreindruck
Ein Blick in den porscheeigenen Onlineshop zeigt zurzeit 4 gebrauchte 918, welche zum Verkauf stehen. Preislich bewegen sich diese zwischen 1 -1,4 Millionen Euro. Dementsprechend gefreut habe ich mich, als Porsche es mir auf meine Nachfrage ermöglichte, einen Porsche 918 aus dem Porsche-Museum einen Tag lang zu fahren. Mein Story Pitch war es, einen Artikel sowie ein Video zusammen mit dem BMW i8 zu machen, welchen ich auch für einen Wagen halte, der seiner Zeit weit voraus war.
Die ganze Aktion hat im Sommer stattgefunden. Aber leider gibt es im deutschen Sommer auch immer wieder sehr verregnete Tage und genau so einen habe ich für meinen Fahrtag des Porsche 918 erwischt.
Bis heute hadere ich immer noch ein wenig mit dem Wetter an diesem Tag. Aber beschweren nützt bei Wetter wenig, also haben wir versucht, das beste daraus zu machen. Wir sind übrigens: Jonas Speck für die Fotos, Jonas Bomba und Julian Pfeil für das Video. Auf meinem privaten Blog habe ich den Tag nochmal etwas ausführlicher Revue passieren lassen. Das Ganze könnt ihr hier lesen:
Wie sagt das Sprichwort? Es kann nichts so schlecht sein, dass es nicht auch für etwas gut ist.
In dem Fall der verregneten Porsche 918 Ausfahrt war es für mich die Tatsache, dass ich wahrscheinlich mehr Zeit und Konzentration für die Details und Bedienelemente im Innenraum hatte. Daher werde ich den Fahreindruck hier ein wenig abkürzen – wer mehr dazu sehen will, kann das im o.g. Blog von mir tun.
Um den Fahreindruck kurz zusammenzufassen: der 918 ist ein Hypercar! Er fährt sich auch so, wie man es von einem Hypercar erwartet.
Porsche 918 der Elektrowegpunkt
Viel wichtiger als meine Eindrücke vom Fahren sind die technologischen Aspekte, welche ich im Porsche 918 entdeckt habe, die man auch heute noch in neuen Porsche Modellen wiederfindet.
Die erste Parallele zu modernen Porsche-Hybrid-Fahrzeugen stellt man sofort beim Start fest. Dreht man den Start-Schalter, hört man nichts. Bis heute ist das etwas, womit man bei einem Hybrid Porsche die Leute verwirren kann: das Wegbleiben von Motorengeräuschen ist etwas, das man einfach nicht mit Porsche verknüpft. Jeder Hybrid Porsche seit dem 918 startet in dem Elektro Modus.
Meiner Erfahrung nach kann man immer noch regelmäßig die Verwirrung in den Gesichtern der Fußgänger ablesen, wenn auf einmal ein Porsche Cayenne lautlos an ihnen vorbeirollt. Und wenn man die Lautlosigkeit schon nicht bei einem Geländewagen erwartet, dann erst recht nicht bei einem Sportwagen wie dem Porsche 918.
Mit 30 km Reichweite ist der Hybrid-Antrieb sicher nicht dafür gedacht, primär rein elektrisch bewegt zu werden. Deshalb nutzt man meist unmittelbar nach dem Start ein Feature, das es vom Porsche 918 in nahezu alle modernen Porsche geschafft hat.
Den Drehknopf zur Auswahl des Fahrprogramms findet man heute in leicht abgewandelter Form in nahezu jedem neuen Porsche. Im Porsche 918 wurde das Ganze noch „Map-Schalter“, in Anlehnung an den Motorsport, genannt. Map steht in diesem Fall für Kennfeld. Entsprechend eurer Wahl steuert der 918 die bestgeeignete Betriebs- und Boost Strategie, ohne weiteres Zutun des Fahrers.
Die fünf Modi für die drei Motoren beschreibt Porsche wie folgt:
- Leise und elegant: “E-Power„
- Effizient und komfortabel: “Hybrid”
- Sportlich und dynamisch: “Sport-Hybrid”
- Für schnelle Runden: “Race-Hybrid”
- Für die Pole Position: “Hot Lap”
Man merkt natürlich, dass die Fahrmodi auf die besonderen Anforderungen eines extremen Sportwagens angepasst wurden. Aber die Grundidee und die Position des Drehschalters sind bis heute gleichgeblieben.
An dieser Stelle sei auch noch kurz die Art und Position des Gangwahlhebels erwähnt, welche in dem Taycan fast 1:1 übernommen wurde und in anderen aktuellen Wagen zumindest fast die gleiche Form und Haptik hat.
Eine weitere Verwandtschaft wird einem beim Fahren bewusst. Die Art und Weise, wie die Verteilung des Antriebs auf die drei Motoren geschieht und deren Zusammenarbeit koordiniert wird, erinnert sehr stark an das, was man auch heute aus den neuen Porsche Hybrid Modellen gewohnt ist. Das Zusammenspiel und die „Verzahnung“ von Verbrenner- und Elektromotoren ist bei Porsche meiner Meinung nach besonders gut gelungen. Das alltägliche Fahren ist absolut unaufgeregt, was bei 880 PS schwer zu glauben ist. Entscheidet man sich für eine sportlichere Fahrweise, dann nutzt der Porsche die Elektromotoren dazu, um besonders im unteren Drehzahlbereich den zügigen Vortrieb nach vorne sicherzustellen, so dass der Verbrenner nahtlos übernehmen kann.
Auch hier will ich noch einmal auf das lange YouTube Video, welches zu meinem Podcast gehört, verweisen. Dort könnt ihr sehr schön sehen, wie das Zusammenspiel stattfindet. Es gibt auch noch mal einen eigenen Artikel dort mit Behind-The-Scenes Informationen
Das besondere bei Porsche ist, dass der Hybrid Antrieb nicht nur ein Lippenbekenntnis für mehr Umweltfreundlichkeit ist. Er hat unbestreitbar eine positive Auswirkung auf die Umweltfreundlichkeit des Wagens, aber gleichzeitig macht er den Verbrenner-Antrieb besser: Das Beste aus zwei Welten.
Schaut man sich die Anordnung des Cockpits und Infotainmentsystems an, erkennt man eine klare Trennung zwischen dem Cockpit und der Mittelkonsole. In den drei Rundinstrumenten befindet sich alles rund um die für das Fahren notwendige Informationen.
Medien, Kommunikation und Fahrzeugeinstellungen sind in dem Infotainment Bereich in der Mittelkonsole zu finden. Die hochgezogene Mittelkonsole findet man heute in etwas destillierter Form im vollelektrischen Porsche Taycan.
Eine Unterteilung, die man auch so heute noch in allen Porsche Modellen findet.
Der Taycan teilt sich noch ein weiteres Design Merkmal mit dem Porsche 918. Als Fahrer sieht man beim Blick über die „Motorhaube“ die deutlich ausgebildeten Buckel der vorderen Radkästen. Ein Detail, welches wahrscheinlich nur die wenigsten erkennen werden, weil man die Erfahrung braucht, welche man nur bekommt, wenn man den Porsche 918 gefahren ist.
Porsche auf dem Weg in das Elektrozeitalter
Von der Öffentlichkeit weitestgehend eher unbemerkt hat Porsche mit dem 918 auf einen Weg in eine Zukunft mit emissionsfreien Fahrzeugen eingelenkt. Bis 2025 sollen die Hälfte aller Fahrzeuge mit E-Antrieb verkauft werden.
Porsche arbeitet auf vielen verschiedenen Ebenen daran, nachhaltigere Autos zu bauen. Elektromobilität ist dabei ein wesentlicher Baustein. Meiner Meinung nach ist der Porsche Taycan Turbo zurzeit das Referenzauto unter den BEV. Ich habe den Porsche Cayenne Turbo S E-Hybrid als Vernunftauto bezeichnet und würde es wieder tun, da ich mir keinen Grund vorstellen kann, warum man auf den Hybrid-Antrieb verzichten sollte. Ab dem Jahr 2022 wird es den Macan nur noch elektrisch geben.
Neben all der Elektrifizierung wird Porsche aber auch einer der Hersteller sein, die zumindest für einige wenige Modelle auch noch in langer Zukunft einen Verbrenner im Programm haben werden; wobei diese in Zukunft dann eher die Exoten in dem Produktportfolio sein werden.
Aber bis Porsche ganz auf Verbrenner verzichten wird, wird es wohl noch einige Zeit dauern. Neben zukünftigen Autos sollte man auch nicht außer Acht lassen, dass Porsche Fahrzeuge sehr lange gefahren werden. Es kursieren im Internet immer wieder Zahlen, die besagen, dass heute noch 70% aller gebauten 911 gefahren werden.
Aus diesem Grund hat man bei Porsche im September bekanntgegeben, dass man an synthetischen Kraftstoffen forscht. So genannte eFuels werden mit Hilfe von regenerativer Energie aus CO2 und Wasserstoff hergestellt. Sie unterscheiden sich in ihren Grundeigenschaften nicht von Kerosin, Diesel oder Benzin aus Erdöl. Sie sind im Idealfall aber ein klimaneutraler Treibstoff.
Laut Porsche Entwicklungsvorstand Michael Steiner wird der Verbrennungsmotor die Autowelt noch viele Jahre dominieren.
[mg_blockquote cite=“Michael Steiner“]„Die Elektromobilität ist eine absolut begeisternde und überzeugende Technologie. Aber für sich allein genommen, bringt sie uns in Richtung Nachhaltigkeit weniger schnell voran, als wir vorankommen wollen. Deshalb engagieren wir uns zusätzlich beim Thema eFuels – auch im Hinblick auf etwaige Einsatzmöglichkeiten im Motorsport.“[/mg_blockquote]Ich weiß, dass eFuels oftmals zurzeit kontrovers diskutiert werden. Auch bei Porsche ist man sich bewusst, dass es deutlich effizienter ist, Elektroautos direkt mit regenerativer Energie zu laden, als dass man sie erst aufwendig dazu nutzt, um einen synthetischen Kraftstoff herzustellen. Aber das allein kann kein Grund sein, nicht an einem Weg zu arbeiten, all die bereits existierenden Verbrenner nicht auch emissionsfrei, zumindest auf dem Papier, fahren zu können.
Denn einer Sache bin ich mir sicher: Der Porsche 918 ist bereits heute eine Legende und ein Wegweiser und auch in 10, 20 oder 30 Jahren wird es noch Spaß machen, ihn zu fahren.