Großbritannien sagt „Bye, bye“. Seit dem 1. Januar 2021 ist das Vereinigte Königreich auch kein Teil des europäischen Binnenmarktes mehr. Der Brexit ist vollzogen. Das hat schon jetzt Auswirkungen auf den (europäischen) Handel und KMU. Eine Analyse der aktuellen Situation.
Es ist ruhig geworden um das Thema Brexit. Nachdem der Ausstieg der Briten nach 47 Jahren aus der Europäischen Union monatelang die Nachrichten rauf- und runtergejagt wurde, richten sich die Blicke von Medien und Gesellschaft aktuell auf andere Themen.
Doch die Ruhe ist trügerisch. Der Brexit ist seit dem 31. Januar 2020 vollzogen und er beeinflusst jetzt schon unsere Wirtschaft. Daher lohnt sich ein Blick auf den aktuellen Stand der Dinge.
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Wir müssen den Brexit akzeptieren
Vorneweg. Ich war nie und bin weiterhin kein Freund des Brexit. Ich unterstütze den europäischen Gedanken und hätte mich gefreut, wenn die Briten weiterhin Teil der Europäischen Union geblieben wären.
Doch die Entscheidung ist gefallen und mit den Folgen müssen nun alle leben. Wer am Ende wirklich profitiert steht noch in den Sternen. Aber eines ist jetzt schon klar: Der Weg zu einer Einigung und einem guten Miteinander ist extrem komplex und schwierig.
Mehrere Task Forces versuchen seit geraumer Zeit Einigungen zu erarbeiten.
Sei es der Bundesverband der deutschen Industrie oder auch die EU selbst. Die Menge an Themen, die verhandelt und gestaltet werden müssen, ist riesig. Von Dienstleistungen und digitalem Handel über geistiges Eigentum und Luftfahrt bis hin zu Strafverfolgung oder sogar dem Weinhandel.
Das Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der EU und Großbritannien
Damit der Handel zwischen Großbritannien und der EU nicht vollständig zum Erliegen kommt, gilt seit dem 1. Januar 2021 vorläufig das Handels- und Kooperationsabkommen.
Um die Komplexität des ganzen Themas zu umreißen, lohnt sich ein Blick in dieses Dokument, das mit seinen beinahe 1.500 Seiten alles andere als eine leichte Lektüre ist. Beispiel Warenverkehr. Dieses Thema nimmt über 60 Seiten im Abkommen ein.
Wer bereit ist, sich hier einmal durchzuarbeiten kann zum Beispiel nachlesen, wie mit Pflanzen und ihren etwaigen Schädlingen umzugehen ist, dass das Bügeln von Waren nicht dazu führt, dass sie als Ursprungserzeugnis einer der Vertragsparteien gelten, wie Zollagenten einzusetzen sind oder wie mit Tieren umzugehen ist, die die Grenze überschreiten wollen.
Brexit führt schon jetzt zu Verzögerungen im Handel
Dass selbst Zollbeamte bei der Lektüre des Handelsabkommens an ihre Grenzen stoßen, wird leider aktuell offensichtlich. So kommt es im Handel nämlich trotz oder vielleicht gerade wegen des komplexen Schriftstücks zu immer größeren Verzögerungen.
Wie die Tagesschau berichtet, gaben laut einer Umfrage des „Chartered Institute of Procurement & Supply“ 60 Prozent der 350 befragten Lieferkettenmanager an, dass der Warenverkehr inzwischen länger dauert als noch zu Beginn des Jahres.
Grund: die lange Bearbeitungszeit durch den Zoll. Auch neue Vorschriften, wie die Pflicht, sich für die Einfuhrumsatzsteuer registrieren zu müssen, wirken einer schnellen Abwicklung entgegen.
Zusammenarbeit muss gefördert werden
Immerhin wird im Handelsabkommen das Zusammenarbeiten internationaler Gremien gefordert. Ein ganzes Kapitel ist dem Thema Zoll und Handelserleichterungen gewidmet.
Gerade für KMU ist der aktuell sehr hohe bürokratische Aufwand ein Kraftakt. Wenn der Handel immer teurer und aufwändiger wird, wird er sich für viele Unternehmen nicht mehr lohnen.
Auch mein Unternehmen hat Verbindungen nach Großbritannien. Wir betreuen die Filialen unserer Kunden im Königreich und beschäftigen vor Ort festangestellte Service-Techniker. Die lange Zeit der Verhandlungen konnten wir nutzen, um uns auf den Brexit vorzubereiten.
Für uns im Dienstleistungssektor läuft es daher aktuell nahezu wie vor dem Brexit. Ich habe die große Hoffnung, dass Wirtschaft und Handel hier bald nachziehen können, um die negativen Auswirkungen des Brexit für alle Beteiligten so gering wie möglich zu halten.
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