Sharing-Anbieter fordern immer wieder: Parkplätze in Städten sollten für geteilte Fahrzeuge günstiger sein als für Privatfahrzeuge. Ist das sinnvoll?
Nervige Staus, lästige Parkplatzsuche und auch noch ein bequemer öffentlicher Personennahverkehr: Eigentlich ist ein eigenes Auto in großen Städten in Europa überflüssig. Fast.
Denn es gibt immer wieder Anlässe, für die man einen eigenen fahrbaren Untersatz braucht. Für den Ausflug zum Möbelgeschäft. Für den Großeinkauf. Oder für die Familienfahrt zum See. Genau für diese Gelegenheitsfahrten bieten Unternehmen wie Share Now, Flinkster oder Cambio Carsharing-Fahrzeuge an.
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Das Angebot ist günstig, praktisch und – so die Hoffnung – könnte auch dazu führen, dass immer mehr Menschen das eigene Auto aufgeben. Das wäre wiederum gut fürs Klima, würde Staus vermeiden und auch das Platzproblem in Großstäden mindern.
Weil sie so viele Probleme mit ihrem Angebot lösen, fordern Carsharing-Unternehmen aber im Gegenzug auch mehr Unterstützung von Städten.
Parkplätze hundertmal teurer für Sharing-Anbieter
Eine Forderung, die dabei häufiger zu hören ist: Parkplätze sollten für Sharing-Fahrzeuge günstiger sein als für private PKW-Besitzer.
Erst vor Kurzem sagte die Plattform Shared Mobility, ein Verbund mehrerer Sharing-Anbieter: „Wir können eine Ausweitung unserer Geschäftsgebiete in Berlin nicht stemmen, nicht zuletzt wegen der hohen jährlichen Parkkosten.“
Parkplätze seien für die Sharing-Anbieter teilweise hundertmal so hoch wie für einen Privat-PKW. Daher wünschen sie sich hier eine finanzielle Unterstützung der Stadt. Haben die Sharing-Anbieter damit recht?
Carsharing ist nicht gleich Carsharing
Dazu muss man zunächst zwischen den zwei verschiedenen Formen von Carsharing unterscheiden: stationsgebundenes Carsharing und das Free-Floating-Modell.
Beim stationsgebundenen Carsharing haben Fahrzeuge feste Stellplätze. Das heißt: Du kannst die Autos nur an bestimmten festgelegten Parkplätzen abholen und auch wieder abstellen. Das bedeutet aber auch, dass du unter Umständen mehr Wegstrecke zwischen deinem Standort und dem Carsharing-Fahrzeug zurücklegen muss.
Das Free-Floating-Modell dagegen funktioniert ohne feste Stellplätze. Fahrzeuge können, innerhalb eines definierten Gebietes (in Berlin ist das zum Beispiel der S-Bahn-Ring) überall abgestellt und abgeholt werden. Das ist bequemer für Nutzer:innen, hat aber einen entscheidenden Klimanachteil.
Free-Floating fördert die Bequemlichkeit
Um das Free-Floating-Modell attraktiv zu machen, müssen viel mehr Fahrzeuge zur Verfügung gestellt werden als beim stationsgebundenen Modell. Nur so können Anbieter schließlich garantieren, dass Kund:innen jederzeit und überall ein Fahrzeug finden.
Gleichzeitig fördert man damit auch die Bequemlichkeit. Wenn überall ein Auto steht, dass man sich ganz leicht ausleihen kann, ist es verlockender mit dem Carsharing-Auto zu fahren als mit der U-Bahn oder gar zu Fuß zu gehen. So hat man am Ende mehr Autoverkehr statt weniger.
Studien haben auch gezeigt, dass Free-Floating überwiegend nicht dazu führt, dass Menschen ihren eigenen PKW aufgeben, sondern im Gegenteil, öfters mit dem Auto unterwegs sind und dafür seltener zu Fuß, mit dem Rad oder mit dem ÖPNV. Und: Das eigene Auto geben dafür die wenigsten auf.
Free-Floating kann andere Zielgruppen erreichen
Damit scheint es unterm Strich sinnvoll zu sein, stationsbasierte Angebote zu fördern. Das passiert auch schon durch das Carsharing-Gesetz. Doch wie sieht es beim Free-Floating aus? Sollte es auch hier Vergünstigungen fürs Parken geben?
Nach der Einschätzung von Hannes Schreier, Experte beim Beratungsunternehmen „Team Red“, durchaus. Schreier hat bereits 2015 genau diese Frage für das damals noch brandneue Carsharing-Angebot in München untersucht. Damals lautete seine Empfehlung: Städte sollten Carsharing-Angebote auch finanziell fördern.
Erst vor Kurzem hat er im Rahmen des Projekts „Share North“ ebenfalls eine Carsharing-Untersuchung in der Stadt Bremen geleitet. Und auch jetzt glaubt Hannes Schreier noch, dass Parkplätze für Carsharing-Autos günstiger sein sollten, auch für Free-Floating-Modelle.
Er kann zwar die Kritik an Free-Floating-Modellen nachvollziehen. Dennoch glaubt er, dass auch diese Angebote Vorteile haben. „Durch diese Angebote wird eine deutlich autoaffinere Zielgruppe angesprochen, als durch stationsbasierte Angebote“, sagt er gegenüber BASIC thinking.
Diejenigen, die etwa nicht bereit sind, etwas weiter für ein geteiltes Auto zu laufen, nutzen nämlich durchaus die bequemeren Free-Floating-Angebote. „Das führt sicherlich bei dem ein oder anderen zu einem Überdenken des eigenen PKW-Besitzes“, glaubt Schreier.
Parkplätze günstiger machen reicht nicht
Durch eine Kostenreduzierung für Parkplätze könnten so auch die Free-Floating-Unternehmen ihr Angebot erweitern und dennoch wirtschaftlich bleiben und somit möglicherweise auch in entfernteren Stadtteilen dafür sorgen, dass Bürger:innen ihren Autobesitz überdenken.
Doch Parkplätze für Carsharing-Anbieter günstiger zu machen, wird allein nicht reichen, um die Mobilitätswende zu erreichen, sagt Hannes Schreier. Er ist der Meinung, dass vielmehr eine Vielzahl von Maßnahmen ineinander greifen müssten.
„Städte könnten noch viel mehr zur Förderung und Begleitung von Shared-Mobility-Angeboten unternehmen. Zum Beispiel: Eine Lizenz für öffentliche Stellplätze in begehrten Innenstadtlagen, aber mit der Pflicht, auch weniger lukrative Stadtgebiete zu bedienen.“
Er glaubt auch, dass Mobilitätshubs, wie etwa Jelbi in Berlin, sinnvoll wären, um den Umstieg von einem Transportmittel zum anderen einfacher zu machen. Gleichzeitig sieht Schreier aber auch Grenzen bei der Förderung von Carsharing-Fahrzeugen.
Nicht jedes Automodell ist seiner Meinung nach förderungswürdig. Bestimmte Fahrzeuge sollten von der Förderung ausgeschlossen sein, sagt er. „Car2Go hatte mal einen Mercedes-AMG mit 250 PS im Angebot, wozu braucht man das in der Innenstadt?“
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