Die Digitalisierung verändert unsere Arbeitswelt von Grund auf. Deshalb entstehen neue Berufsbilder. Doch was versteckt sich hinter den Bezeichnungen? Das möchten wir in „Und was machst du so?“ greifbar machen. Heute: Thomas Bedenk, Vice President Extended Reality bei Endava.
Die Aufgaben als Vice President Extended Reality
BASIC thinking: Hallo Thomas, du arbeitest als Vice President Extended Reality bei Endava. Beschreibe uns doch einmal in vier Sätzen, wie du deinen Beruf neuen Freunden erklärst.
Meistens erzähle ich Freunden nur, dass ich Firmen dabei helfe, Virtual-Reality- und Augmented-Reality-Anwendungen zu erschaffen. Das führt dann meistens schon zu neugierigen Fragen und interessanten Unterhaltungen. In der Realität ist mein Job aber natürlich um einiges komplexer und vielfältiger.
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Welche Aufgaben fallen in deinen Bereich?
Ich bin bei Endava für Themen wie VR, AR, Games und Metaverse zuständig. Das heißt, ich helfe sowohl intern unseren verschiedenen Unternehmensabteilungen als auch extern unseren Kunden dabei, Strategien und Produkte zu entwickeln.
Darüber hinaus beobachte ich die neuesten Entwicklungen am Markt, unterstütze beim internen Wissensmanagement sowie Community-Building und leite ein interdisziplinäres Team, das XR-Produktionen umsetzt.
Dabei gehöre ich in unserer Firmenstruktur in den Bereich Catalyst, quasi der Beratungsarm von Endava, der Experten aus allen technischen, strategischen sowie branchenspezifischen Bereichen umfasst.
Wie sieht ein normaler Tag in deinem Beruf aus?
Ein Großteil meines Arbeitstags besteht aus der Kommunikation mit Kollegen, Partnern und Kunden aus der ganzen Welt. Das Spannende daran ist, dass jede Woche andere Themen anstehen und man immer wieder neue Menschen kennenlernt.
Konkret geht es beispielsweise darum, Strategien zu besprechen und anzupassen, Teams für Projekte zusammenzustellen und Kontakte zu vernetzen, von aktuellen Entwicklungen zu berichten oder Anfragen und Ausschreibungen zu prüfen. Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Leitung meines direkten Teams.
Das bedeutet mir vor allem deshalb sehr viel, weil viele von uns schon seit vielen Jahren zusammenarbeiten und ein großartiges Vertrauensverhältnis zwischen uns besteht. Zudem halte ich immer wieder auch Vorträge bei Konferenzen, schreibe Artikel für unseren Endava Blog (zum Beispiel diesen zum Thema Metaverse) oder besuche Messen.
Der Start in den Tag als Vice President Extended Reality
Womit startest du in den Tag?
Als Erstes mache ich mir einen Kaffee und helfe meinen Kindern, sich für die Schule fertigzumachen. Ich genieße gerade auch die Tage, an denen ich die Kinder mit dem Fahrrad zur Schule bringen kann.
Da ich weiterhin sehr viel von Zuhause arbeite, habe ich mir angewöhnt, täglich ein wenig Virtual Reality Fitness in Beat Saber zu machen. Ich liebe dieses Spiel, seitdem ich es das erste Mal auf der Game Developers Conference 2017 ausprobiert habe.
Zum Start in den Arbeitstag plane und priorisiere ich zunächst meinen Tag – was sind heute die wichtigsten Aufgaben – checke meine E-Mails und LinkedIn und schaue, welche Neuigkeiten und Entwicklungen es rund um XR gibt.
Wie definierst und interpretierst du deinen Job als Vice President Extended Reality persönlich?
Mir ist es wichtig, ein verlässlicher und offener Ansprechpartner zu allen Fragen rund um XR bei Endava zu sein und damit sowohl Endava selbst als auch unsere Kunden weiterzubringen. Außerdem versuche ich, für mein Team Bedingungen zu schaffen, die ihnen die Arbeit erleichtern, und sie bei ihrer professionellen Entwicklung zu unterstützen.
Meine persönliche Motivation ziehe ich auch daraus, wenn wir dazu beitragen, wirklich innovative und zukunftsgerichtete Projekte umzusetzen. Damit meine ich nicht nur kommerzielle Erfolge, sondern auch Projekte, die die Digitalisierung nachhaltig und human gestalten.
Zum Beispiel haben wir ein Projekt umgesetzt, bei dem wir im Krieg zerstörte Bauwerke aus Instagram-Fotos rekonstruiert und dreidimensional in VR erlebbar gemacht haben. Ein weiteres sehr interessantes Projekt war „A(R)dventure“ für das Center of Science Activities (CoSA), die Umsetzung einer interaktiven Augmented-Reality-Museumstour zu wissenschaftlichen Themen für Jugendliche.
Eingliederung in die Unternehmensstruktur
Wie ist deine Stelle in die Unternehmensstruktur eingegliedert? Sprich: An wen berichtest du und mit wem arbeitest du zusammen?
Wie bereits beschrieben, arbeite ich sehr intensiv mit unterschiedlichen Leuten im Unternehmen zusammen. Das sind zum Beispiel Tahsin Avci, der den Bereich Games auf kommerzieller Seite verantwortet, oder Joe Dunleavy, unser Head of Innovation, der in Irland sitzt. Ich berichte dabei an Oliver Baier, der bei Endava den Bereich Catalyst Europe leitet.
Die Rolle als Vice President Extended Reality wird in jedem Unternehmen unterschiedlich ausgelegt. Welche Perspektiven kommen bei dir zu kurz, die grundsätzlich zum Berufsbild gehören?
Bei so einem Job spielen natürlich viele Faktoren eine Rolle und es ist kaum möglich, die Arbeit in einem Unternehmen mit der in einem anderen zu vergleichen. Hier spielen sowohl die Größe und der Schwerpunkt, aber auch die Art der Firma eine entscheidende Rolle.
Wir sind zum Beispiel keine Produktfirma, sondern ein Dienstleister, der Kunden bei der Umsetzung ihrer Projekte unterstützt. Beides hat in meinen Augen seine Vorteile. Da wir keine eigenen Produkte aufbauen und vermarkten, bekommen wir in unserer Position beispielsweise viele Einblicke und Erfahrungswerte aus ganz unterschiedlichen Branchen und lernen daraus auch immer für andere Projekte.
Spaß und Dankbarkeit im Beruf
Was macht dir an deinem Job am meisten Spaß?
Für mich stechen vor allem zwei Aspekte hervor: einerseits die Zusammenarbeit mit so vielen Menschen über so viele Grenzen und Themen hinweg, andererseits die Herausforderung, ein neues Medium von Grund auf mitzudefinieren.
In meiner Rolle vernetze ich sowohl intern als auch extern Menschen mit unterschiedlichsten Hintergründen und erhalte dadurch Einblicke und Perspektiven in fast alle Branchen und Industrien. Es ist immer wieder interessant zu sehen, wie die Dinge hinter den Kulissen funktionieren, und zu analysieren, wo man mit seiner Arbeit ansetzen kann.
So war es zum Beispiel sehr spannend, echte Siemens-Gasturbinen von innen zu sehen, als wir für die Arbeit mit diesen VR- und AR-Trainings entwickelt haben. Aber auch Projekte wie der erste aus der Cloud in Echtzeit-3D gestreamte Messeauftritt von Volkswagen zur Geneva International Motor Show 2020 machen sehr viel Spaß.
Virtual Reality und Augmented Reality werden in immer mehr Bereichen schon effektiv eingesetzt, was aber nicht heißt, dass es nicht noch sehr viel zu entdecken gibt. Wir sind gerade erst dabei, dieses neue digitale Medium zu gestalten und zu definieren. Mich fasziniert, wie wir hier Business, Technologie und die menschliche Komponente in Einklang miteinander bringen können.
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Wofür bist du besonders dankbar?
Vor allem freut es mich, dass ich schon seit über fünf Jahren mit meinem herausragenden interdisziplinären Kernteam zusammenarbeite, auf das ich mich in jeder Situation verlassen kann! Wenn man über Jahre hinweg gemeinsam Herausforderungen meistert und immer wieder große und kleine Erfolge feiert, schweißt das fest zusammen.
Und wie wird man jetzt Vice President Extended Reality ?
Vor allem in der Digital-Branche gibt es häufig nicht mehr die klassische Ausbildung. Wie bist du zu deiner Stelle gekommen?
Ich beschäftige mich inzwischen seit über 25 Jahren mit digitalen Produktionen. Angefangen habe ich ungefähr 1996. Damals habe ich neben der Schule Computerspiele entwickelt und Websites programmiert und gestaltet.
Später habe ich während meines Studiums – Mediendesign und Human Factors – immer wieder Projekte angestoßen und als Freelancer für zunehmend größere Kunden auch Anwendungen programmiert oder Corporate Designs entwickelt. Ein halbes Jahr lang habe ich zudem digitale Effekte für Kinofilme bearbeitet. Für mich waren das viele lehrreiche Jahre als Designer und Programmierer.
2008 habe ich dann mit Studienkollegen das Gamestudio Brightside Games gegründet. Wir haben sehr früh die Chance erkannt, Spiele ausschließlich für die digitale Distribution auf Konsolen oder später auch in den AppStores zu entwickeln. Dabei konnte ich viel über den Spielemarkt, die Leitung eine Firma und auch den Aufbau von Teams lernen.
Keine geradlinige Karriere
Daneben habe ich angefangen, an Hochschulen zu unterrichten. Zugegeben, ein Ziel war zu diesem Zeitpunkt auch, so die besten Talente für unsere Firma zu gewinnen. Die Themen VR und AR interessieren mich schon von Anfang an und spielten auch in meinem Studium eine Rolle, weshalb ich mich ab 2015 tiefer ins Thema stürzte und mehr und mehr Vorträge dazu hielt.
Bei einem der unzähligen Networking-Events in Berlin traf ich auf Frank Zahn, der damals für seine Digitalagentur Exozet Unterstützung für eine VR-Produktion für VW suchte. Darauf bauten wir auf und ergründeten ein neues Geschäftsfeld für die Agentur. Seit Ende 2019 ist Exozet nun ein Teil von Endava und ich nicht mehr Director Immersive Media, sondern VP Extended Reality.
Als einer von über 11.000 Mitarbeitern statt „nur“ 250 verändert sich natürlich auch die eigene Rolle.
Wie man sieht, war meine Karriere nicht unbedingt geradlinig und sie hätte niemand so vorhersehen können. Ich denke, meine Offenheit für Neues und die Fähigkeit, die technische, gestalterische und geschäftliche Ebene zu vereinen, haben mich auf diesen Weg geführt.
Welchen Tipp würdest du Neueinsteigern oder interessierten Quereinsteigern geben, die auch Vice President Extended Reality werden wollen?
Seid offen für Neues und versucht, den Dingen wirklich auf den Grund zu gehen. Betrachtet sie nicht nur oberflächlich. Versteckt euch nicht und kommuniziert offen und ehrlich. Habt keine Angst vor Budgets, KPIs oder Geschäftsstrategie. Und ich denke, es lohnt sich durchaus, sich mit Psychologie und dem menschlichen Verhalten auseinanderzusetzen.
Das hilft mir in Bereichen wie der Teamführung und Kommunikation mit Kollegen, Partnern und Kunden, aber auch dabei, das Beste aus unseren digitalen Produktionen herauszuholen. Die Zukunft wird noch stärker als heute schon von der Beziehung zwischen Mensch und Technik geprägt sein.
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