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Finanz Influencer: Die gefährlichen Bankberater aus dem Internet

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geschrieben von Christian Erxleben

Insbesondere junge Menschen interessieren sich verstärkt für Finanzen. Viele User vertrauen dabei den Tipps von Finanz Influencer auf Instagram und Co.. Doch gerade diese digitalen Meinungsmacher bergen eine reale Gefahr, obwohl die Beeinflussung nicht einmal beabsichtigt ist. Eine Einordnung.

Mit knapp 30 Millionen monatlich aktiven Nutzer:innen gehört Instagram nicht nur zu den größten sozialen Plattformen in Deutschland. Nein, mit einer Durchbringung von mehr als 30 Prozent der deutschen Bevölkerung ist Instagram tatsächlich auch ein zentrales Nachrichten- und Informationsmedium geworden.

Während wir früher Magazine gelesen oder TV-Sendungen konsumiert haben, um uns über Aktuelles aus der Welt, Ernährungstipps oder Dekorationsinspirationen zu informieren, scrollen wir heutzutage durch unsere Social-Media-Feeds.

Podcasts, Social Media und Finanz Influencer: Wichtige Informationsquelle

Selbstverständlich gilt das nicht nur für die Gestaltung unserer Wohnung oder unser Essen, sondern auch für unsere Finanzen. Das offenbart auch eine repräsentative Studie des Marktforschungsinstituts YouGov aus dem Juni 2022.

Die Meinungsforscher:innen hatten insgesamt 2.040 Teilnehmer:innen zur Rolle von sozialen Medien bei der Informationssuche zu Geldthemen befragt. Die Ergebnisse sind grundsätzlich sehr gespalten.

Während in der Gesamtbetrachtung über alle Altersgruppen hinweg nur 18 Prozent sagen, dass sie soziale Medien zur Finanz-Recherche nutzen, und acht Prozent dazu Podcasts hören, sieht die Verteilung bei jungen Menschen anders aus.

Mehr als zwei Drittel der jungen Deutschen vertrauen auf Finanz Influencer und Social-Media-Posts

In der relevanten Zielgruppe der 18- bis 34-Jährigen folgen immerhin 68 Prozent mindestens einem Finanz Influencer auf Instagram, Facebook und Co. Ergänzend hören immerhin 23 Prozent Finanz-Podcasts an.

Das zeigt mehr als deutlich: Vor allem junge Menschen beschäftigen sich einerseits mehr mit der Geldanlage und setzen dafür andererseits mehr auf soziale Medien als ältere Menschen. Das birgt Chancen und Gefahren.

Chance oder Risiko? Finanz Influencer und ihre zwiegespaltene Rolle

Wie so oft gibt es auch beim Thema Finanz Influencer zwei unterschiedliche Perspektiven. Dabei haben beide Blickwinkel eine Berechtigung und sollten deshalb auch bei der persönlichen Betrachtung der Thematik beachtet werden.

Pro: Was spricht für Finanz Influencer auf Instagram und Co.?

Zunächst einmal nehmen Finanz Influencer auf Instagram und Co. eine sehr wichtige Rolle ein. Schließlich bringen sie eines der zentralen Themen unserer Welt und unseres Lebens in den Vordergrund: die finanzielle Vorsorge.

Insbesondere in Deutschland haben Aktien und ETFs einen schlechten Ruf. Und auch in der Schulbildung findet die Geldanlage kaum statt. Beide Entwicklungen sind äußerst problematisch, weil die gesetzliche Rente insbesondere für junge Menschen nicht mehr genügt, um fürs Alter vorzusorgen.

Stattdessen ist es essenziell, möglichst frühzeitig mit alternativen Geldanlage-Möglichkeiten die persönliche Zukunft abzusichern. Auf eben jene Problematik und die vorhandenen Optionen machen Finanz Influencer durch ihre Arbeit in den sozialen Medien aufmerksam. Das verdient Lob.

Contra: Was spricht gegen Finanz Influencer auf Instagram und Co.?

Zugleich ist es entscheidend im Hinterkopf zu behalten, dass die (allermeisten) Finanz Influencer auf Instagram und Co. keinesfalls altruistisch unterwegs sind. Mit zunehmenden Follower-Zahlen beginnen die meisten Accounts damit, über Affiliate Marketing zusätzliche Einnahmen zu generieren.

Was bedeutet das? Wenn bestimmte Konten oder Depots empfohlen werden, geschieht dies (nicht nur) aufgrund eines guten Angebots. Je nach Finanz Influencer werden auch Empfehlungen ausgesprochen, die durch Bonuszahlungen besonders lukrativ sind.

Und noch ein weiterer Faktor ist bei der Analyse entscheidend: die unterbewusste Beeinflussung. Indem bestimmte Aktien oder ETFs auf Instagram oder Twitter von verschiedenen Accounts immer wieder genannt werden, entsteht der Eindruck, dass es sich um eine „gute“ Investition handelt.

Genau das ist jedoch nicht zwingend der Fall. Nur weil ein oder mehrere Accounts eine bestimmte Form der Geldanlage empfehlen, wird dir nicht die Aufgabe genommen, selbst zu recherchieren. Bilde dir deine eigene Meinung und vertraue nicht blind auf die Hinweise anderer.

Finanz Influencer: Wie gehe ich richtig mit ihnen um?

Insbesondere der letzte Hinweis ist für alle Privatanleger:innen essenziell. Auch wenn es schwer fällt, ersetzt ein Instagram Post niemals die eigene Analyse eines Unternehmens oder einer Geldanlageform.

Gute Finanz Influencer auf Instagram und Co. zeichnen sich auch dadurch aus, dass sie nicht nur Aktien vorstellen, sondern auch Tag für Tag auf die Risiken hinweisen. Solltest du also einem Account folgen, der niemals vor den eigenen Empfehlungen warnt, sollten bei dir die sprichwörtlichen Alarmglocken schrillen.

Im Endeffekt ist es dein Geld, das auf dem Spiel steht. Kein Instagram-Account, dem du folgst, wird die Verantwortung für deine Gewinne oder Verluste übernehmen. Letzten Endes bist du für deine Investitionen selbst verantwortlich.

Deshalb solltest du immer wissen, warum du eine Aktie kaufst und welche Strategie du dabei verfolgst. Und nein: Weil Finanz Influencer XY eine Aktie empfohlen hat, ist kein gutes Argument!

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Über den Autor

Christian Erxleben

Christian Erxleben arbeitet als freier Redakteur für BASIC thinking. Von Ende 2017 bis Ende 2021 war er Chefredakteur von BASIC thinking. Zuvor war er als Ressortleiter Social Media und Head of Social Media bei BASIC thinking tätig.

2 Kommentare

  • Wow, ein klasse Post, zu einem sehr interessanten Thema!

    Als Erweiterung eventuell noch die Quellennennung. Das trifft wahrscheinlich weniger auf die Social-Media-Influencer zu, denn dort werden ja wirklich selten Quellen angegeben. Aber auf der eigenen Website sollte die Meinung doch auch mit Referenzen belegt werden können.

    Wie aber soll der Nutzer und der Tippgeber transparent erfahren, warum ein bestimmtes Produkt empfohlen wird? Ich hatte dies meist so gehandhabt, dass es zwei Links gibt, einen Affiliate-Link für die Menschen, die meine Arbeit unterstützen möchten. Und einen normalen Link, für alle anderen. Allerdings fallen damit die zu erwartenden Einnahmen tatsächlich drastisch.

    Allerdings ist alles andere schlicht Schleichwerbung, wird aber zu selten geahndet.

    Die eigene Meinung zu bilden, wird allerdings immer schwerer. Denn viele Portale verstecken ja ihre Intention. Hast du hier einen Tipp, wie man dies herausfinden kann?

    Ein weiterer Punkt ist, dass sich Dinge ja auch verändern. Daher sollten Leser immer das Datum des Tipps betrachten! Klingt eigenartig, aber solche Angaben variieren gern, oder sind nicht direkt ersichtlich.

    Ich habe auf meiner Seite beispielsweise derzeit noch keine Werbung, für kein Produkt, für keine Firma. Kein Affiliate. Das kann und wird sich sicherlich ändern, aber ist nicht allzu schnell geplant 😉 Daher sind viele Dinge auch, als Momentaufnahme zu verstehen!

  • Vielen Dank, habe den Artikel eben sehr gerne gelesen! Ich sehe es auch als schwierig an, dass so viel Unwissenheit herrscht beim Thema Finanzen und Anlage – auch und gerade im Hinblick auf die Altersvorsorge. Da kann es schnell gefährlich werden, blind zu vertrauen.

    Da in der Schulzeit kaum bis keine Vermittlung von Inhalten stattfindet, braucht es sehr viel Eigeninitiative, um Wissen zu erhalten oder zu entwickeln. Wenn das Interesse an der Thematik generell nicht allzu groß ist, da der Fokus auf anderen Bereichen liegt, wird genau das zum Problem – da ist es natürlich einfacher, sich durch Social Media Posts zu scrollen.

    Ich glaube, jeder sollte sich bewusst sein, dass die Finanzen in der eigenen Verantwortung liegen, wie es auch im Artikel klar wird. Wenn man dann noch die Möglichkeit hat, Vertrauen zu schenken, am besten zu einer erfahrenen Person, die persönlich bekannt und ansprechbar ist, kann man sich wertvolles Wissen aneignen. Es geht ja nicht um eine Studium, sondern um das Wissen, das für die eigene, für die individuelle Situation relevant ist.