Wirtschaft

Weiterbildung: Was Start-ups von Großunternehmen lernen können (Teil 2)

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Adobe Stock/ thodonal
geschrieben von Carsten Lexa

Die Frage, ob Start-ups oder Großunternehmen „bessere“ Arbeitgeber sind, wird viel diskutiert. Wenig diskutiert wird jedoch, was Start-ups von etablierten Unternehmen lernen können. In diesem Teil der dreiteiligen Artikelserie widmen sich Gastautorin Sandra Karner und Carsten Lexa der Frage dem Thema Mitarbeiterentwicklung und Weiterbildung in Start-ups. Teil 2 von 3.

Früher Karriere, heute: Freizeit, Work Life-Balance und Weiterentwicklung

“Karriere machen” war früher in aller Munde. Die Baby Boomer und auch die Generation X und Y waren darauf getrimmt schneller, höher und weiter auf der Karriereleiter emporzusteigen. Chef sein war das ausgelobte Ziel. Verantwortung übernehmen, Macht haben – das war damals sexy.

Heute sieht es irgendwie anders aus. In Teil 1 der Serie haben wir uns mit Mitarbeiterbindung und -benefits befasst. Die passende Bezahlung war dabei ein Hygienefaktor, ausreichend Freizeit und eine stimmige Work Life-Balance die eigentlichen Zugpferde.

Persönliche Weiterentwicklung war auch ganz vorne dabei. Vielleicht will nicht jeder zum „Big Boss“ werden, aber einen guten Job machen und Dazulernen ist durchaus der Anspruch.

Zwei wesentliche Fragen

Daraus ergeben sich zwei wesentliche Fragen:

  1. Wie können Unternehmen denen, die Führungskraft werden möchten, die bestmögliche Unterstützung auf dem Weg dahin bieten?
  2. Wie können Unternehmen sicherstellen, dass Mitarbeiter:innen, die keine Führungskraft werden möchten, Entwicklungsmöglichkeiten haben?

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, tauchen wir ein tiefer in die Thematik ein.

Der Weg einer Führungskraft in einem großen Unternehmen

In großen Unternehmen ist der Weg hin zur Führungskraft oftmals ein langer. Durch gute Arbeit und Engagement auffallen, sich zeigen und auf sich aufmerksam machen lautet die Devise als Neumitarbeiter. Hat man es erstmal auf die Liste der potentiellen Nachwuchsführungskräfte geschafft, startet ein intensives, teilweise mehrjähriges Entwicklungsprogramm.

Diese Entwicklungsprogramme sind dabei oftmals wirklich Gold wert. Der Fokus liegt auf der Persönlichkeitsentwicklung und dem Führungsverständnis. Bevor man dann am Ziel ist, wartet nicht selten noch ein Assessment Center. Da kann es schon gut und gerne sein, dass drei bis fünf Jahre vergangen sind, bis man seinen ersten Job auf Führungsebene startet.

Zugegeben, manchmal wird der Weg dahin unnötig in die Länge gezogen, und bestimmt ist nicht jede Führungskraft in großen Unternehmen ein Vorbild. Fakt ist aber, dass in großen Unternehmen heutzutage viel Wert darauf gelegt wird, wer den Führungsnachwuchs bildet. Man ist sich darüber bewusst, dass Führungskräfte einen entscheidenden Einfluss auf die Unternehmenskultur haben. Nicht umsonst heißt es: “Man kommt wegen der Firma und geht wegen des Chefs.”

Weiterbildung: Führungskraft werden in Start-ups

Sieht man sich das Ganze bei Start-ups an, so hört man nicht selten davon, dass ein Berufseinsteiger quasi über Nacht zum Chef wurde. Ins kalte Wasser schmeißen ist eine Praxis, die Menschen schnell lernen lässt. Gerade wenn es um Führung geht kann dabei allerdings einiges schief gehen. So ist eine Führungskraft nicht mehr nur für sich selbst verantwortlich, sondern auch für ihr Team.

Es lohnt sich sicherzustellen, dass die angehende Führungskraft zum einen das nötige Handwerkszeug besitzt, um zu führen und das auch wirklich möchte. Klar ist, dass Start-ups häufig nicht über ausgeklügelte Führungsprogramme verfügen. Mittlerweile gibt es allerdings hervorragende Anbieter, die derartige Programme anbieten.

„Wavemakers“ und „10morein“ sind nur zwei, die ich wärmstens empfehlen kann. Muss es mal schnell gehen und ein:e Mitarbeiter:in wird doch von heute auf morgen Führungskraft, dann sollte die Überlegung angestellt werden, ihm oder ihr einen Coach an die Hand zu geben.

Nicht jeder muss Führungskraft werden

Das auf Führungspositionen nicht jeder und jede Lust hat ist gut so. Mit einer Führungsposition geht jede Menge Verantwortung einher und nicht immer spiegelt sich diese in der Bezahlung wider. Auch gilt, dass nicht jeder zum Führen gemacht ist. Vermutlich war das schon immer so.

Die Generation, die aktuell auf den Arbeitsmarkt strömt, traut es sich zu äußern und aus den veralteten gesellschaftlichen Zwängen des “höher, schneller, weiter” auszubrechen. Sie definieren Ihren Purpose anders und finden ihre Selbstverwirklichung auf anderem Weg.

Unternehmen sollten Entwicklungsperspektiven bieten

Unternehmen müssen sich überlegen, welche Entwicklungsperspektive sie diesen Mitarbeiter:innen bieten. In großen Unternehmen spricht man hier von einer Fach- beziehungsweise Expertenlaufbahn. Man wird nicht zum Experten geboren, man entwickelt sich zum Experten. Und zwar durch Weiterbildung.

Erfolgreiche Unternehmen investieren in Weiterbildung, auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. Weiterbildung gilt als bedeutsames Mittel im Kampf um die besten Mitarbeiter:innen.  Wie wichtig Weiterbildung für Unternehmen und Mitarbeiter:innen ist haben HR Pepper und die Bitkom Akademie in der Weiterbildungsstudie 2022 untersucht.

Die Haufe Akademie hat sich mit der Frage auseinandergesetzt, warum sich Menschen weiterbilden möchten und hat interessante Aspekte herausgefunden. Menschen machen berufliche Weiterbildungen, weil sie einfach gerne dazulernen und sich weiterentwickeln und zum Unternehmenserfolg betragen möchten.

In einem Unternehmen mit einer Kultur des lebenslangen Lernens zu arbeiten und die Möglichkeit zur persönlichen Weiterentwicklung zu haben, lässt Menschen wachsen und bindet sie, weil sie Erfüllung am Arbeitsplatz erfahren.

Start-ups verfügen natürlich auch hier nicht über die internen Ressourcen eines großen Unternehmens. Dennoch gibt es Wege. Es lohnt sich beispielsweise ein persönliches Weiterbildungsbudget je Mitarbeiter:in zur Verfügung zu stellen und dessen Nutzung auch nachzuhalten. Zeit und Budget für Weiterbildung müssen vorhanden sein beziehungsweise zur Verfügung gestellt werden. Es darf nicht dazu kommen, dass Stress im Tagesgeschäft zur Ausrede wird, weshalb der Budgettopf noch zum Bersten voll ist.

Fazit: Mitarbeiterentwicklung und Weiterbildung in Start-ups

Was können Start-ups nun aus diesen Ausführungen für sich und ihre Mitarbeiter:innen mitnehmen? Sie sollten zum einen akzeptiert, dass nicht in jedem eine Führungskraft steckt. Wenn sie aber Führungskräfte in entsprechende Positionen bringen, dann sollten sie diese ordentlich ausbilden, damit sie ihre neuen Rollen auch ausfüllen können, insbesondere wenn sie nicht erst lange auf diese Position vorbereitet wurden.

Wenn erforderlich, dann können externe Anbieter von Führungs- und Entwicklungsprogramme gute Hilfe bieten. Da aber nicht jede:r Mitarbeiter:in Führungskraft werden kann oder möchte, Weiterbildung aber eine große Rolle spielt, sollten sich Start-ups mit Expertenlaufbahnen beschäftigen, überlegen, wie sie diese bei sich einrichten und wie Mitarbeiter:innen persönliche Weiterbildungsbudgets nutzen.

Im dritten und letzten Teil dieser Serie geht es dann schließlich noch um die Frage, wie große Unternehmen Tradition als ihren größten Asset nutzen können. Konkret geht es dabei um die Nutzung von Strukturen, um Prozesse und um das Thema Diversity.

Über die Co-AutorinSandra Karner ist selbständige Team-Coachin, Beraterin und Trainerin. Sie verfügt über langjährige Erfahrung aus der Arbeit bei Mercedes-Benz und Daimler Truck und begleitet Mitarbeiterteams sowohl in Konzerne und mittelständische Unternehmen als auch in Start-ups, um deren Motivation und Performance zu steigern.

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Über den Autor

Carsten Lexa

Rechtsanwalt Carsten Lexa berät seit über 10 Jahren deutsche und internationale Unternehmen in allen Angelegenheiten wirtschaftsrechtlicher Art, z.B. bei Gründungen, Strukturierungen oder Vertragsgestaltungen aber auch zu rechtlich-strategischen Fragen. Darüber hinaus war er Weltpräsident der G20 Young Entrepreneurs Alliance (G20 YEA), Mitglied der B20 Taskforces und Rechtsbeistand der Wirtschaftsjunioren Deutschland. Bei BASIC thinking schreibt er über unternehmensrechtliche Fragen.