22 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente: So viel muss Bundesverkehrsminister Volker Wissing einsparen, wenn das Klimaschutzgesetz nicht geändert wird. Deshalb droht der FDP-Politiker jetzt mit einem Fahrverbot am Wochenende. Damit versucht er geschickt, von seinem eigenen Versagen abzulenken. Ein Kommentar.
Volker Wissing hat ein Problem. Er ist seit 2021 Bundesverkehrsminister und steht seit seinem Antritt vor einer Mammutaufgabe. Er muss in die Fußstapfen von denkwürdigen Vorgängern wie Dr. Peter Ramsauer, Alexander Dobrindt und nicht zuletzt Andreas „Andi“ Scheuer treten.
Dass dieses Erbe nicht einfach ist, war vorherzusehen. Immerhin hat Volker Wissing, obwohl er nicht aus der CSU, sondern aus der FDP kommt, seine ersten Schritte gewagt – und das durchaus erfolgreich. Den Großteil seiner Amtszeit hat er damit verbracht, nichts oder umstrittenes wie das Volocopter-Investment zu tun.
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Volker Wissing liebäugelt mit Fahrverbot am Wochenende
Anstatt den lokalen Nahverkehr zu stärken, kürzt Wissing im Bahn-Budget hunderte Millionen Euro ein, um sie einem mehr als fragwürdigen Start-up zu geben, das noch kein überzeugendes Konzept für den Transport der Zukunft geliefert hat.
Doch das war nur der erste Streich. In einem Interview mit dem Deutschlandfunk holt der Bundesverkehrsminister gleich zum zweiten Streich aus: Er fordert ein Fahrverbot am Wochenende. Die Hintergründe und Ursachen dafür sind mannigfaltig.
Klimaschutzgesetz sofort oder Fahrverbot am Wochenende
Kurz zusammengefasst steht Volker Wissing vor dem Problem, dass er mit seinem Bundesverkehrsministerium in kürzester Zeit einen Plan vorlegen müsste, wie er noch in diesem Jahr 22 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente einsparen kann. Das gehe laut eigenen Aussagen nur mit einem Fahrverbot am Wochenende. Oder anders ausgedrückt: Der Verkehr muss an zwei Tagen in der Woche ruhen.
Und anstelle, dass er sich in den vergangenen knapp drei Jahren Gedanken zur Umsetzung der Vorgaben des bisherigen Klimaschutzgesetztes gemacht hat, setzt er der Bundesregierung und der ohnehin schon streitenden Ampel-Koalition die sprichwörtliche Pistole auf die Brust, weil er selbst nicht dazu in der Lage ist, seine Arbeit zu erledigen.
Was ändert sich beim Klimaschutzgesetz?
Das Klimaschutzgesetz ist per se keine Neuigkeit. Es existiert schon seit 2019 und macht verbindliche Vorgaben wie viel CO2 bestimmte Bereiche und Ministerien einsparen müssen, damit Deutschland bis zum Jahr 2045 die Treibhausgas-Neutralität erreichen kann.
Seit dem vergangenen Jahr diskutiert der Bundestag darüber, das Gesetz leicht anzupassen. So sollen in Zukunft die Vorgaben für Deutschland als Gesamteinheit gelten. Die Kontrolle der einzelnen Bereiche würde damit entfallen. Das wäre für den Bereich Verkehr, für den Wissing mit seinem Ministerium verantwortlich ist, eine große Erleichterung.
Klimaschutzgesetz gegen Solarförderung
Schließlich erzeugt der Verkehr, der weitestgehend auf fossilen Brennstoffen beruht, sehr viele CO2-Emissionen. Zugleich ist der Fortschritt durch neue Technologien noch sehr gering. Deshalb erpresst die FDP die anderen Regierungsparteien quasi. Nur wenn das Klimaschutzgesetz kommt, geben die Freien Demokraten die Zustimmung für die Solarförderung.
Es ist ein absurder Tauschhandel, der hinter den Kulissen in Berlin diskutiert wird. Und es ist genau diese Form der Mauschelei, die dafür sorgt, dass die demokratischen Parteien bei den Wählern immer mehr in Ungnade verfallen. Das hat nichts mehr mit dem Willen des Volkes zu tun.
Tempolimit als Lösung fürs Wissings Dilemma
Wie bereits zwischen den Zeilen angedeutet, ist es mehr der Untätigkeit Wissings denn den fehlenden Möglichkeiten geschuldet, dass in Deutschland überhaupt über ein Fahrverbot am Wochenende diskutiert wird. Schließlich hat das Umweltbundesamt schon seit dem Jahr 2018 ein Forschungsprojekt mit dem Titel „Flüssiger Verkehr für Klimaschutz und Luftreinhaltung“ am Laufen.
Die Erkenntnisse sind eindeutig: Sollte auf Autobahnen das Tempolimit 120 km/h eingeführt werden, werden im Jahr 6,7 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente eingespart, da durch das geringere Tempo auch mehr Personen auf Alternativen wie die Bahn umsteigen würden. Führt man zusätzlich noch außerorts Tempo 80 als Höchstgrenze ein, steigt die Ersparnis sogar auf 8,0 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente.
Mit einem relativ einfachen Schritt hätte Volker Wissing nicht nur seinem Jahresziel deutlich näher kommen können. Er hätte zudem ein Zeichen setzen können, dass es ein Freier Demokrat war, der den Klimawandel und die Zukunft unserer Erde über das Rasen auf deutschen Autobahnen gestellt hat.
Wo ist die Rechtsgrundlage für ein Fahrverbot am Wochenende?
Dieser Ruhm wäre jedoch einem Verkehrsminister nicht angemessen. Stattdessen pocht Wissing darauf, dass das fehlende Tempolimit als letzte Instanz in unserer sich stetig wandelnden Welt bleiben muss. Dass er sich damit selbst Probleme bereitet, ist ihm offensichtlich egal.
Achja: Und selbst wenn Volker Wissing den Plan verfolgen sollte, die CO2-Emissionen durch ein Fahrverbot am Wochenende einzusparen, bleibt ein Problem: Es gibt keine Rechtsgrundlage, die diesen schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Bürger rechtfertigen würde.
Ein etwaiger Vorschlag dazu müsste von Volker Wissing und dem Bundesverkehrsministerium selbst kommen. Und das wiederum ist dann doch sehr unwahrscheinlich, wenn bislang selbst naheliegende Lösungen wie Tempolimits einfach ignoriert werden.
Hinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Kommentar. Das ist eine journalistische Darstellungsform, die explizit die Meinung des Autors und nicht des gesamten Magazins widerspiegelt. Der Kommentar erhebt keinen Anspruch auf Sachlichkeit, sondern soll die Meinungsbildung anregen und ist als Meinungsbeitrag durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt.
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