Kurz, kurz, kurz – bloß kurz. Dahin geht der Trend schon seit Jahren, könnte man meinen. Mikroblogging ergänzt Blogging, Webvideos sollten aufgrund des Aufmerksamkeitsverlusts nicht länger als 90 Sekunden sein. Und Blogtexte werden immer kürzer, damit sie noch gelesen werden.
Doch eine grenzenlose Kürze scheint nicht die Lösung zu sein: Der Kurznachrichtendienst Twitter will sich hierzulande nicht so recht durchsetzen, Smartphone-Besitzer lieben SMS-artige Dienste, bei denen es eben nicht auf die Länge ankommt, und die Twitter-Pendants 12 Seconds für kurze Videos und PhrazIT für kurze Bewertungen haben ihren Dienst längst wieder eingestellt.
Und just in diesem Moment kommt Schreibgeräte- und Schmuckhersteller Montblanc daher und feiert den 190. Geburtstag des Chronographen (Uhr mit Stoppfunktion) mit diesem ungewöhnliche Filmfestival: „The Beauty of a Second„. An dem Wettbewerb dürfen ausnahmslos Filme teilnehmen, die 1 Sekunde lang sind, nicht mehr. 1 Sekunde – was kann man in dieser kurzen Zeit schon erzählen? Welche Handlungen können da groß beschrieben werden? Was kann man da künstlerisch umsetzen? Vielleicht mehr als ihr denkt.
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Einzelne Beiträge zeigen zumindest viel Schönes: das Aufleuchten einer Glühbirne, der Zug an einer Zigarette, die Kurve einer Wasserrutsche, der Sprung in einen See, ein Uhrwerk, ein Schrecken, ein Lächeln. Der Wettbewerb besteht aus drei Runden, von der aktuell schon die dritte läuft. Von jeder Runde kommen die 20 Filme mit den meisten Stimmen in den endgültigen, sechzigsekündigen Zusammenschnitt, der im kommenden Jahr auf der Berlinale vorgestellt wird. Der deutsche Regisseur Wim Wenders soll aus den 60 besten Beiträgen einen Gewinner bestimmen. Wer nicht selbst ein Video einreichen will, darf die anderen Beiträge zu einer eigenen Auswahl zusammenschneiden. Auch hier wird Wenders den Gewinner bestimmen.
Auch wenn ich längere Filme deutlich lieber mag: Ich habe schon lange keine so schönen Videosequenzen mehr gesehen. Es erinnert mich an den YouTube-Film „Life in a Day„, auch wenn dort deutlich längere Schnipsel zu sehen waren.
(Jürgen Vielmeier)