Wie lässt sich der eigene Podcast vermarkten? Wie erziele ich mehr Aufmerksamkeit? Und: Worauf sollte ich überhaupt beim Aufsetzen meines Podcasts achten? Wir haben mit Rob Szymoniak und Dominic Hesse im Interview darüber gesprochen.
Rob Szymoniak und Dominic Hesse haben erkannt, dass Podcasts in den nächsten Monaten und Jahren eine entscheidende Rolle im Marketing einnehmen werden. Deshalb haben die beiden Ende 2018 gemeinsam die Full-Service-Podcast-Agentur Podcastmania gegründet.
Wir haben die beiden Gründer und Geschäftsführer zum Interview getroffen und uns mit ihnen über alle Details eines Podcasts ausgetauscht. Angefangen mit einem Überblick des deutschen Podcast-Marktes bis hin zu konkreten Finanzierungsmodellen haben wir viele Themen angesprochen, die deutsche Podcast-Szene beschäftigen.
Neue Stellenangebote
Growth Marketing Manager:in – Social Media GOhiring GmbH in Homeoffice |
||
Mitarbeiter*in (m/w/d) für Social Media, Öffentlichkeitsarbeit und Städtepartnerschaft (m/w/d) meinestadt.de in Sachsenheim |
||
Journalist (m/w/d) als Leiter PR und Social-Media NOMOS Glashütte/SA Roland Schwertner KG in Berlin |
BASIC thinking: 2018 gab es außer den Instagram Stories kein Format, das so heiß diskutiert wurde wie Podcasts. Woher kam der plötzliche Aufschwung?
Rob Szymoniak: Ich denke, viele Leute wollen einfach wieder gute Geschichten hören! Was Radio größtenteils, vor allem im Mainstream, nicht mehr oder nur noch wenig anbietet, ist gut erzählter Inhalt mit Tiefgang.
Im Grunde sehe ich Podcasts als neues Radio on demand, so wie das Netflix des Hörens. Das empfinden immer mehr Menschen wohl auch so. Dass die großen Podcast-Anbieter wie Plattformen und die ausgereifte Technologie als Erfolgsgaranten ihr übriges tun, liegt auf der Hand.
Dominic Hesse: Hinzu kommen vor allem aber auch die Marketing-Entscheider, die – wie auch wir von Podcastmania – Podcasts als absolut sinnvolle und wertvolle Ergänzung im Content-Marketing-Mix für sich entdecken.
Die Vorteile sind absolut plausibel: Podcasts sind praktisch, innovativ, unterhaltsam und informativ, außerdem smart und en vogue. Außerdem ist Podcasting auch noch Rock’n’Roll.
Dadurch ist es real und authentisch, und – vor allem aus Marketing-Sicht – ein sehr intimes Medium, das sich direkt im Kopf der Zielgruppe abspielt. Das hat natürliche Ursachen. Kein anderes Organ ist so nah dran am Gehirn wie das Ohr. Das macht die akustische Informationsaufnahme zum wichtigsten Alleinstellungsmerkmal.
Der deutsche Podcast-Markt
Wie lässt sich das in Zahlen ausdrücken? Welche Fakten gibt es zum deutschen Podcast-Markt?
Hesse: Allein im deutschsprachigen Raum gibt es mehr als 6.000 Podcasts. Das heißt: Formate, von denen aber viele sogenannte Podcasts-Leichen sind, die schon seit mehreren Jahren zwar online aber nicht mehr aktuell sind.
2018 hörten 22 Prozent der Gesamtbevölkerung, also jeder fünfte Deutsche, Podcasts in einem Befragungszeitraum „letzte 21 Tage“. Jeder zweite Podcast-Nutzer hört einen Podcast unterwegs über Smartphone.
Zu den beliebtesten Podcast-Formaten gehören die Kategorien Unterhaltung und Comedy, Wissen und Wissenschaft, Gesundheit, Gesellschaft, Kultur und Musik. News sind eher auf den hinteren Rängen zu finden.
Szymoniak: Podcast-Hörer sind tendenziell zwar jünger, aber jeder Dritte ist 50 und älter. Ein Radiovermarkter hat auch herausgefunden: „Podcast-Hörer sind Premium.“ Sie sind loyal, technikaffin, trend- und modebewusst, mit hoher Bildung, hoher Mediennutzung und hohem Einkommen.
Sehr interessant finde ich neueste Untersuchungen zur Frage „Was machen Hörer, nachdem sie einen Podcast gehört haben?“ 45 Prozent besuchen die Homepage, die in der jeweiligen Episode genannt wurde. Immerhin 28 Prozent nutzen einen Promo-Code und ein Viertel kauft ein Produkt, das in dem Podcast erwähnt oder gefeatured wurde.
Podcast-Prognosen für 2019
Wie werden sich diese Werte 2019 weiterentwickeln? Bleibt es bei diesem rasanten Wachstum?
Szymoniak: 2019 wird Audio nochmal einen Schub bekommen. Das erkennen wir zum Beispiel am Kunden-Feedback und an Anfragen, die aus allen möglichen Bereichen kommen. Nicht nur die schon etablierten Podcaster, sondern auch vermeintlich audio-fremde Marken widmen sich Podcasting und stellen immer konkreter Anfragen.
Für das Wachstum sprechen auch die technischen Endgeräte wie Smartphones, die noch ausgereifter werden. Hinzu kommen die Smart-Speaker, bei denen die Verkaufsmarke von 100 Millionen Geräten geknackt wird.
Hesse: Als Erfolgsgarant sehen wir natürlich auch die Plattform-Player wie Amazon, Spotify und Apple. Die pushen Audio ja ohnehin schon. Und Google wird allem noch mal den Rest geben. Das heißt: richtig Bewegung in den Markt bringen.
Warum bist du davon überzeugt?
Hesse: Ich würde sogar behaupten, Google wird Podcasting revolutionieren! Denn mit seinem Projekt „Shortwave 120“ will Google sämtliche Podcasts auffindbar machen und in die herkömmliche Google-Suchfunktion einfügen.
Mit KI und Transkription im Hintergrund werden die Inhalte, die bisher nur zu hören und nicht lesbar waren, ins Internet integriert. Dann sind dem Online-Audio keine Grenzen mehr gesetzt.
Die Länge eines Podcasts
Eine große Problematik bei all den aufkommenden Podcasts ist die Frage nach der Zeit. Wann soll ich all die Podcasts anhören? Für mehr als drei am Tag dürften selbst Hardcore-Podcast-Fans keine Zeit haben.
Szymoniak: (lacht) … das stimmt! Man könnte fast meinen, dass eigentlich schon zu viele Podcasts am Markt sind. Ich denke, da werden aber noch viele Podcaster mit neuen Formaten hinzukommen.
Irgendwann wird sich der Markt allerdings wohl so entwickeln, dass nur die bereits etablierten und qualitativ hochwertig produzierten Podcasts erfolgreich sein werden.
Hesse: Und es gibt doch Apps, die Podcasts schneller abspielen lassen (beide lachen). Nein, im Ernst: Für qualitativ hochwertige Produkte nehmen sich Konsumenten gerne die Zeit. Podcast-Hörer sind extrem loyal, auch neugierig, und der Hunger nach gut erzählten guten Geschichten bleibt.
Viele Podcasts haben eine Laufzeit von mehr als 30 Minuten. Ist es bei dem vorhandenen Zeitmangel noch sinnvoll, so lange Formate aufzusetzen oder reicht auch ein fünfminütiges Format?
Szymoniak: Absolut! Formate mit einer Länge zwischen einer und 15 Minuten bieten sich beispielsweise als eine Art Teaser an, um junge Zielgruppen anzusprechen, die auf Snackable Content stehen.
Sie mögen es, kurze virale Themen angeboten zu bekommen, wenn sie entweder eine Werbepause überbrücken wollen oder an der Bushaltestelle warten – oder einfach aus Langeweile.
Hesse: Viele unserer Kunden bei Podcastmania wünschen sich ein Format zwischen 15 und 35 Minuten. Mit diesem holen sie die Pendler morgens auf dem Weg zur Arbeit ab. Zugleich liefern sie zur Feierabendzeit speziellen Audio-Content, den man auch gut beim Bügeln oder der Arbeit im Haushalt hören kann. Das passt sehr gut für mittlere und ältere Zielgruppen.
Fünf Tipps für mehr Aufmerksamkeit
Besonders im letzten Jahr ist der Podcast-Markt stark gewachsen. Wie gelingt es mir, aus der Masse herauszustechen?
Szymoniak: Das haben wir uns auch oft gefragt und fünf Faktoren ausgemacht, um sich nachhaltig am Markt zu etablieren. Unsere Formel für langfristige Erfolge lautet da: Story + Personality + Storytelling + Production + PR. Ich möchte das im Folgenden kurz ausführen.
1. Story
Es braucht für jeden einzelnen Podcast ein klar formuliertes Profil, quasi wie eine eigene Podcast-DNA. Je detaillierter der Charakter des Podcasts definiert ist, desto besser und klarer ist das Profil für die Hörer und irgendwann hoffentlich auch Fans!
2. Personality
Wahre Persönlichkeiten müssen nicht immer Superstars aus konventionellen Medien sein. Aber sie müssen immer etwas zu erzählen haben. Dazu gehören eine gehörige Portion Lebens- und/oder Berufserfahrung. Allen voran steht die Gabe, Anekdoten und Metaphern auf den Punkt zu liefern!
Podcast-Persönlichkeiten besitzen klar definierte Rollen und eine klare Sprache – also Meinung und Attitude. Nicht die Stimme ist entscheidend, sondern die Klangfarbe und Klangmelodie, die vor allem wiedererkennbar sein muss.
Wichtig ist es zudem, als Host dem Podcast ein Gesicht zu geben, die Hörer an die Hand zu nehmen und sinnvoll zu guiden. Ein gewisser Grad an Medienerfahrung kann dabei helfen, dass zusätzliche Viewabilty souveräner rüberkommt: Selfie-Videos, Teaser-Aufrufe und Visual-Snippets geben noch einen extra Personality-Boost.
3. Storytelling
Das Geschichten-Erzählen ist die älteste Entertainment-Methode der Menschheit – und auch die schwierigste in der Umsetzung. Zwar finden sich Podcast-Formate mit klassischen Interviews (noch) in den Charts ganz weit oben. Aber auch Monolog-artige Formate steigen in der Akzeptanz und vor allem solche mit Hörspiel- oder Tresen-Talk-Charakter.
4. Produktion
Podcast-Hörer gehören zu den verwöhnten Zielgruppen, die großen Wert darauf legen, dass immer alles optimal serviert wird. Dazu gehört auch eine top Sound-Qualität.
Nichts ist schlimmer, als wenn auf Luxus-Kopfhörern oder modernen Smart-Speakern Klänge wie zu Mp3-Anfangszeiten herausblechern. Erfolgreiche Produktionen setzen daher penibel genau auf optimalen Klang, auf einen Sound à la Hifi- und Radioqualität.
5. Public Relations
Tue Gutes und schreibe, poste, sprich darüber – und lass darüber erzählen! Der beste Podcast der Welt nützt nichts, wenn die Welt davon nichts erfährt. Erfolgreiche Podcaster nutzen sämtliche Verbreitungswege im Web und offline, um ihre Geschichten zu berichten und berichten zu lassen.
Podcast-Ranking und Hörerzahlen
Gibt es bei den einzelnen Podcast-Hostern wie Soundcloud, Spotify oder iTunes spezielle Tricks, um besser zu ranken?
Szymoniak: Würde ich den Trick kennen, ich würde ihn nicht verraten. (schmunzelt) Aber meines Wissens gibt es da auch keine Cheats. Was ja bekannt ist: Fishing for Likes hilft auch beim Podcasting – liken, teilen, bewerten und vor allem das Abonnieren ist wichtig für langfristigen und nachhaltigen Erfolg.
Denn die Abofunktion ist ja praktisch analog wie eine Newsletter-Anmeldung zu sehen, bei der User – und in diesem Fall Hörer – an neue Ausgaben erinnert werden. Bei einem Podcast ist das dann die neueste Episode im jeweiligen Podcatcher.
Hesse: Es macht durchaus Sinn, bei mehreren gelistet zu sein – für iOS natürlich bei Apple Podcasts. Für Android ist es inzwischen die Google-Podcasts-App.
Soundcloud ist erstaunlicherweise die Plattform, auf der die meisten Podcasts zu finden sind. Das gilt zumindest für die USA. Und das, obwohl Soundcloud ja eigentlich als reine Musik-Plattform für Indies und Newcomer gedacht ist. Der Vorteil bei Soundcloud: Man bekommt es da kostenlos, was ganz gut für Podcast-Einsteiger sein kann.
Maßgeblich für den Erfolg eines Podcasts ist selbstverständlich die Anzahl der Hörer. Was ist ein guter Richtwert für Neulinge? 100 Hörer? 1.000? 10.000?
Szymoniak: Das lässt sich pauschal so nicht festlegen. Natürlich klingen zum Beispiel 1.000 erstmal vermeintlich wenig. Aber die Podcast-Zielgruppe ist extrem loyal.
Wenn diese 1.000 Hörer als exklusive Peergroup dein Produkt kaufen, hat das einen deutlichen Mehrwert im Gegensatz zu klassischen Radio-Werbespots. Diese hören womöglich eine Million Menschen. Aber im Endeffekt kaufen nur ein bis zwei Leute etwas.
Die Erfolgsmessung für Podcasts
Mit welchem Tool messe ich meinen Erfolg am besten?
Hesse: Erfolg basiert im Kern immer auf Daten. Die Datenqualität ist aber von Portal zu Portal recht unterschiedlich. Während Spotify dem Podcaster mit einem eigenen Analyse-Tool tiefe Einblicke in soziodemografische Daten und Nutzungsverhalten gewährt, bekommt man bei Deezer automatisiert keine Daten.
Die Daten auf iTunes sind immer mit einem größeren Verzug einsehbar und in der Tiefe nicht so ausgeprägt wie beispielsweise Spotify. Am Ende des Tages muss man sich aus allen Portalen die bestmögliche Datenlage ziehen und seine Schlüsse ziehen.
Drittanbieter wie Podtrac kumulieren die Daten für den Podcaster in einem System. Sie sind aber dann schlussendlich auch kostenpflichtig.
Auf welche KPIs sollte ich dabei achten?
Hesse: Zunächst geht es um die Abonnenten. Das ist aus unserer Sicht die stärkste und aussagekräftigste Währung. Wer einen Podcast abonniert, zeigt ein sehr hohes Interesse an Host, Inhalt und Storyline des Formats.
Aus Studien wissen wir, dass Abonnenten Podcasts zu über 90 Prozent durchhören und keine weitere neue Folge verpassen. Weitere Werte und KPIs wie Listening Through Rate oder Listens pro Folge sind aber im Gesamtbild ebenso unverzichtbar.
Nur wenn ich weiß, wo der Nutzer den Stop-Button drückt und die Podcast-Episode abbricht, kann ich die folgenden Episoden immer weiter optimieren und so das Hörerlebnis spürbar steigern.
Für die Außenwahrnehmung sind natürlich auch die gelernten Sternchen-Bewertungen auf iTunes und Co. hilfreich. Eine hohe oder eben auch nicht so hohe Bewertung kann dem potenziell neuen Hörer bei der Auswahl seines nächsten Podcasts extrem helfen.
Vermarktung und Werbung im Podcast-Business
Um den zeitlichen Aufwand zu refinanzieren, ist eine geschickte Vermarktung essenziell. Welche Möglichkeiten habe ich dabei als Podcaster?
Hesse: Im Kern ist das eine Frage, die man sich vor jeder inhaltlichen Ausgestaltung eines Podcasts stellen sollte. Die typischen Fragen lauten: Wer ist meine Zielgruppe? Wen will ich erreichen? Welche Inhalte werden von meiner Zielgruppe präferiert? Diese Fragen legen den Grundstein für eine gute Vermarktbarkeit des Podcasts.
Im nächsten Schritt muss ich mir als Podcaster Gedanken machen. Welcher Werbekunde passt perfekt zu meiner Zielgruppe und den Inhalten? Bei welchen Themen gibt es eine hohe Schnittmenge? Mit einem Trailer oder Piloten kann ich dann eigenständig potenzielle Werbekunden ansprechen und für mein Projekt begeistern.
Das ist sicher der aufwendigste Weg, aber auch der erfolgversprechende, da ich hier Marke und Kunde in einem idealen Umfeld zusammenbringe.
Dem Werbekunden wird eine maßgeschneiderte Content-Marketing-Option eröffnet. Zugleich empfängt der Kunde eine relevante Werbebotschaft, die im Idealfall als nicht störend wahrgenommen wird und für einen positiven Gesamteindruck auf beiden Seiten sorgt.
Würdet ihr dazu raten, dass Sponsorings oder auch Anzeigen vom Host des Podcasts gesprochen werden oder eher nicht?
Szymoniak: Unbedingt! Erwiesenermaßen haben diese sogenannten Native Ads eine hohe Akzeptanz beim Hörer. Sie ist wesentlich höher, als bei anderen Werbeformen. Werbebotschaften in Podcasts sind somit sehr wertvoll.
Viele Nutzer hören sich diese Werbung sogar bewusst an, weil sie nicht so nervig wie im Radio empfunden wird. Für Unternehmen und Marken interessant: Corporate Podcasts, wie wir sie unter anderem für das Klassik-Label Deutsche Grammophon (Universal Music) produzieren.
Da wird im Grunde das komplette Format zu einer Werbefläche, ohne dass es so rüberkommt und sich so anhört. Im Gegenteil! Solch ein Format schafft sympathische Nähe und spricht in diesem Fall auch Leute an, die sich bisher nur wenig oder gar nicht mit dem Thema Klassik beschäftigt haben.
Danke für das Gespräch, Rob und Dominic!
Auch interessant:
Ich verstehe zwar, dass das Thema nun auch für Firmen und Werbekunden interessant wird, aber die Schlüsse die hier gezogen werden sind teilweise komisch. Ich empfehle daher die nächste Podcast-Konferenz in Köln beim Deutschlandfunk zu besuchen. Dort wird sich dem Autor evtl. ein ganz anderes Bild eröffnen.