Wer terroristische Angriffe wie den Polizistenmord in Mannheim mit Likes, Shares und zustimmenden Kommentaren unterstützt, kann in Zukunft leichter ausgewiesen und abgeschoben werden. Mit der Konsequenz Abschiebung zeigt die deutsche Politik, dass Hass im Netz keinen Platz hat. Das ist gut. Trotzdem hat das Gesetz seine Grenzen. Ein Kommentar.
Bundesregierung vereinfacht Abschiebung
Nach einem tödlichen Messerangriff in Mannheim, bei dem ein Polizist ermordet und fünf weitere Personen verletzt worden sind, wurden die Forderungen nach konsequenteren und schnelleren Ausweisungen und Abschiebungen von gewalttätigen Ausländern bundesweit verstärkt gefordert.
Dieser Forderung kommt die Bundesregierung um Innenministerin Nancy Feaser nur knapp einen Monat später nach. Die deutsche Politik vereinfacht die Abschiebung durch Ausländerbehörden deutlich. Einen entsprechenden Gesetzentwurf hat das Kabinett Ende Juni 2024 bereits verabschiedet.
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Ein Like, keine Verurteilung: Wie leicht die Abschiebung laufen soll
Konkret ist für eine leichtere Ausweisung oder Abschiebung von Ausländern, die keine doppelte Staatsbürgerschaft haben, denkbar einfach. Demnach reicht es, wenn die betroffenen Personen terroristische Inhalte in den sozialen Medien liken, teilen oder in Kommentaren lobend hervorheben.
Wer in den sozialen Medien Gewalttaten wie den Mord in Mannheim mit seinen Äußerungen goutiert, muss künftig mit einer Ausweisung rechnen. Laut Innenministerin Faeser ist vorab nicht einmal mehr eine strafrechtliche Verurteilung notwendig.
Sie erklärt zwar:
Es geht nicht um den kleinen Klick und den kurzen Like.
Betont jedoch gleich im Nachgang:
Sondern es geht darum, dass wirklich widerwärtige, terroristische Inhalte verherrlicht und gepostet werden.
Die Äußerungen der deutschen Spitzenpolitikerin lassen also durchaus Interpretationsspielraum offen. Das gilt nochmal mehr, da in der Formulierungshilfe zum Gesetzentwurf ein Urteil zitiert wird, das auch Likes schon als Verbreitung terroristischer Inhalte wertet.
Social Media ist kein rechtsfreier Raum
Welche Form der Interaktion in sozialen Medien tatsächlich Rechtsfolgen nach sich zieht, werden in letzter Instanz also die Richterinnen und Richter in Deutschland festlegen und durch ihre Urteile konkretisieren.
Fest steht mit der bereits beschlossenen Gesetzesänderung allerdings schon, dass die Bundesregierung ein klares Zeichen gegen Hass und Gewalt im Internet setzt. Die bislang eher theoretischen Gesetzesvorhaben sind nur sehr greifbar und ziehen auch weitreichende Konsequenzen nach sich.
Das ist per se unterstützenswert. Schließlich sind Gewaltaufrufe auf Facebook, Instagram und TikTok leider keine Seltenheit. Schon einfachste Nachrichten-Beiträge genügen, um Beleidigungen, Androhungen von Vergewaltigungen (wie zuletzt im Sylt-Skandal) und Mordfantasien auszulösen. Oder anders ausgedrückt: Gewalt ist omnipräsent.
Und bislang bleiben die allermeisten Äußerungen in den sozialen Medien ohne nachhaltige Konsequenzen für die Verfasser. Das könnte sich jetzt ändern – für Ausländer und hoffentlich gleichsam auch für Deutsche, die mit rassistischen Äußerungen die gleichen Schwachstellen im System ausnutzen.
Dauerhafte staatliche Überwachung in sozialen Medien: Droht die DDR 2.0?
Scharfe Kritik übt die Partei „Die Linke“ zum neuen Gesetz. Der Vorwurf: Menschen würden aufgrund ihres Verhaltens in den sozialen Medien verfolgt oder inhaftiert. Was in China und anderen Ländern kritisiert wird, soll also hierzulande auch eingeführt werden. Eine Doppelmoral? Zum Teil stimmt das.
Insbesondere da es zur Abschiebung keiner Verurteilung mehr Bedarf, ist es wichtig, dass die Bundesregierung klar formuliert, wer wann überwacht werden kann. Die Polizei ist nicht dazu in der Lage, 80 Millionen Menschen in Deutschland digital zu überwachen. Kommt also Technologie zum Einsatz, um unser Verhalten auszuwerten?
Und wie kann ich mich als Bürger davor schützen, dass meine Aktivitäten in den sozialen Medien durch den Rechtsstaat kontrolliert werden, obwohl ich mir nichts vorzuwerfen habe? Es gibt eine Reihe an Fragestellungen, die nach der neuen Gesetzgebung geklärt werden müssen. Sonst könnte das Gesetz nicht nur zu weniger Hass im Netz führen, sondern auch die Hintertür zu einer Überwachung eines ganzen Landes sein.
Hinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Kommentar. Das ist eine journalistische Darstellungsform, die explizit die Meinung des Autors und nicht des gesamten Magazins widerspiegelt. Der Kommentar erhebt keinen Anspruch auf Sachlichkeit, sondern soll die Meinungsbildung anregen und ist als Meinungsbeitrag durch Artikel 5 des Grundgesetzes geschützt.
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