Tja, liebe Rundfunkgebührenzahler: Wo beginnt Grundversorgung? Und wo hört sie auf? Tagesschau-Chefredakteur Kai Gniffke zählt seit Neuestem Handy-Apps ebenfalls dazu: „Mehrere Hunderttausend iPhone-Nutzer dürfen von uns erwarten, dass wir sie auch unterwegs mit seriösen Nachrichten versorgen“, hatte er der dpa gestern Mittag erzählt. Kostenfrei, versteht sich, da sie „bereits aus der Rundfunkgebühr finanziert“ sei. Im ersten Quartal 2010 könnte es schon soweit sein.
Anbetracht dieser Pläne kratzen sich gleich zwei Parteien am Kopf: zunächst natürlich wir. Uns Zuschauern ist ja erst kürzlich gedroht worden, dass wir für internetfähige Handys mit knapp 18 Euro im Monat für die GEZ tiefer in die Tasche greifen sollen. Für mich riecht das stark nach: „Erst Geld einziehen, dann schauen wir mal, was wir damit machen.“ In etwa so, wie die Unis mit den Studiengebühren umgehen.
Das zweite Lager, das gerade auf die Palme geht, sind die Zeitungsverleger. Das ist keine große Überraschung und der Medienprofi Gniffke wusste ganz genau, wie er die privaten Medienmacher in die nun herrschende Empörung versetzen konnte. In seinem O-Ton schwingt sogar ein wenig Genuss der Situation mit. Springer war dann natürlich der erste Verlag, der polternd protestierte: „Wir gingen davon aus, dass die vorhandenen Gebühren schon nicht mehr zur Finanzierung des bestehenden Angebots ausreichen. Deshalb wundern wir uns, dass im Vorfeld der geplanten Gebührenumstellung das Angebot sogar erweitert werden soll“, ließ eine Sprecherin verlauten. Man wird sich erinnern, Springer hat ja erst kürzlich die beiden Bezahl-Apps für „Bild“ und „Welt kompakt“ auf das iPhone gebracht.
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Dass die ARD nun mit einem völlig kostenlosen Konkurrenz-Programm um die Ecke kommt, das mit Gebührengeldern finanziert wird, dürfte Springer-Chef Mathias Döpfner die Zigarre im Halse stecken lassen. Und so findet seine Sprecherin dann auch noch deutlichere Töne: „Es gehört ganz sicher nicht zum Grundversorgungsauftrag öffentlich-rechtlicher Fernsehanstalten, kostenlose Applets auf dem iPhone zur Verfügung zu stellen! Es handelt sich hierbei um eine nicht tolerierbare Marktverzerrung.“ Die privaten Verlage hätten bereits gegen das Internet und die Gratismentalität der Nutzer zu kämpfen. Was die Tagesschau da plane, würde alle Bemühungen noch weiter gefährden.
In dieselbe Kerbe schlägt nun auch der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV). In einer vorhin veröffentlichten Pressemeldung heißt es dazu:
[Durch die Tagesschau-App] drohe der gebührenfinanzierte öffentlich-rechtliche Sender, ein neues Geschäftsfeld der privatwirtschaftlich organisierten Presse bereits im Ansatz zu zerstören. Unverständnis äußerten die Zeitungsverleger über den Alleingang des Senders offenbar ohne Einbindung der Gremien. Vor diesem Hintergrund erwarte der BDZV einen Stopp aller weiteren Pläne für dieses neue Telemedienangebot.
Ob sich die ARD durch den Aufruf beeindrucken lässt, muss sich noch entscheiden, ich schätze aber, dass die Sache durch ist und die Verlage in die Röhre gucken werden (sofern sie GEZ zahlen). Wie man das finden soll? Gute Frage. Natürlich ist die Empörung von Springer und Co. recht überzogen, schon seit Jahren duelliert man sich in allen Bereichen mit den Öffentlich-Rechtlichen. Doch auf der anderen Seite halte ich es ebenfalls für fragwürdig, ob eine iPhone-App für die Tagesschau tatsächlich noch in den Rahmen der Grundversorgung fällt. Die Tagesschau twittert, bloggt, besitzt ein Profil bei Facebook, bietet Podcasts, Newsletter und eine mobile Handy-Seite, zudem gibt es eine Browser-Sidebar und einen Bildschirmschoner. Irgendjemand wird für all das bezahlen müssen – ob es gebraucht wird, oder nicht.
(André Vatter)